Mitgliederbindung und -gewinnung
Ein Sportverein steht und fällt mit seinen Mitgliedern. Daher sollten mitgliederbezogene Themen in jedem Sportverein oder -verband als herausragende Aufgabe verstanden und dementsprechend gewertet werden. Dabei gilt es die beiden Bereiche Mitgliederbindung und -gewinnung zu unterscheiden. Bei der Mitgliedergewinnung stehen u. a. kommerzielle Sportanbieter mit den Sportvereinen in Konkurrenz. Im Spannungsfeld zwischen den privatwirtschaftlichen Angeboten und ehrenamtlicher Arbeit müssen Sportvereine daher zeitgemäße Konzepte entwickeln. Auch wenn die finanziellen Mittel zur Mitgliedergewinnung und -analyse in den Sportvereinen stark begrenzt sind, stehen den Vereinen viele Möglichkeiten zur Mitgliederbindung und -gewinnung zur Verfügung.
Bei der Mitgliedergewinnung steht die Frage im Fokus, welche und wie viele neue Mitglieder gewonnen werden sollen. Dabei sind Ideen und Konzepte zu entwickeln, die herausstellen was eine Vereinsmitgliedschaft attraktiv macht und mit welchen Methoden und Instrumenten Neumitglieder akquiriert werden können. Bei der Mitgliederbindung stehen die Wünsche und Bedürfnisse der Mitglieder im Vordergrund, um möglichen Fluktuationen frühestmöglich entgegenwirken zu können. Dabei sollte jeder Sportverein für sich klären, ob beide Themenfelder gleichberechtigt zu behandeln sind oder ob einem der beiden Aspekte Priorität eingeräumt werden soll (vgl. DOSB, 2016; Landessportverband für das Saarland, 2015).
Im Folgenden werden Ansatzpunkte für die Mitgliederbindung und -gewinnung vorgestellt, die beispielhaft differenzierter dargestellt werden:
- Moderne und zielgruppenspezifische Angebot locken neue Mitglieder an.
- Freizeit-, Gesundheits- und Fitnesssport sind Treiber für ein starkes Mitgliederwachstum.
- Eltern werden häufig über ihre Kinder und Kinder wiederum über ihre Eltern zum Sporttreiben gewonnen. Auch zur Übernahme eines Ehrenamtes sind Eltern bzw. Großeltern gut ansprechbar.
- Familiensportangebote, bei denen mehrere Generationen gemeinsam trainieren können, ermöglichen den gleichzeitigen Zugang zu allen Altersklassen.
- Unverbindliche, flexibel nutzbare Angebote ermöglichen einen einfacheren Zugang in den Verein.
- Höhere Anforderungen erfordern mehr Professionalität bei den Trainer/innen und damit verbunden eine entsprechende Personalentwicklung bei den Vereinen und Verbänden.
- Professionelles Auftreten bei der Mitgliedergewinnung, bei der Kommunikation und Begrüßung neuer Mitglieder sind ein wesentlicher Einflussfaktor für eine erfolgreiche und langfristige Bindung.
- Kooperationen ermöglichen den Zugang zu (neuen) Mitgliedergruppen. Hierzu zählen Schulen, Kindergärten und -tagesstätten, Firmen, Krankenkassen, Betrieben, Seniorenwohnheimen, anderen Vereinen etc.
- Auf- bzw. Ausbau von Kooperationen: gemeinsam genutzte Geschäftsstelle, Nutzung alternativer Sportstätten (Räume in Seniorenwohnheimen, Schulen), Nutzung zusätzlicher Sportangebote (Kooperation mit Fitness-Studios), Austausch von Übungsleiter/innen, Einkauf von Sportgeräten
- Für qualitativ hochwertige Sport- und Vereinsangebote können angemessene Beiträge verlangt werden. Denn der Sport soll sich nicht unter Wert verkaufen.
- Marketing und eine moderne Öffentlichkeitsarbeit sind ein unverzichtbarer Baustein bei der Mitgliedergewinnung.
- Sportvereine stellen Sportinteressierten für einen verhältnismäßigen Beitrag vielfältige Ressourcen für das Sporttreiben zur Verfügung. Dies gilt es bei der Werbung besonders herauszustellen.
- Sport im Verein bietet neben dem reinen Sporttreiben auch Geselligkeit, gemeinsame Aktivität, Freundschaft und Zusammenhalt.
- Engagement und Ehrenamt muss auf allen Ebenen als wichtigste Personalressource des Vereinssports weiterentwickelt und gefördert werden.
Mitgliedergewinnung: Möglichkeiten des Vorgehens
„Je höher der persönliche Nutzen für das Mitglied ist, der aus der Mitgliedschaft erwächst, desto lieber ist es Mitglied.“ (Noll, 2011)
Für die Sportvereine stellt sich die Frage, wie neue Mitglieder gewonnen und welche Nutzen den Mitgliedern geboten werden können. Hierzu kann in einem ersten Schritt eine Analyse der aktuellen Mitgliederentwicklung, -struktur und -zahlen Antworten bringen.
Für die Frage: „Wo stehen wir?“ gilt es u. a. die Mitgliederzahlen zu erheben. Dazu können auch relevante Zahlen aus dem weiteren Umfeld hinzugezogen werden wie die Bevölkerungsentwicklung in der Region etc.
Zahlen:
- Mitgliederzahlen Gesamtverein (Gesamt; aufgeteilt nach Altersklassen; aufgeteilt nach Geschlecht)
- Mitgliederzahlen der einzelnen Abteilungen
- Ein- und Austritte Gesamt
- Ein- und Austritte Abteilungen
- Bevölkerungsentwicklung im Einzugsgebiet des Vereins (Kommune, Landkreis etc.)
Aus den Ergebnissen können erste Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Größere Abweichungen oder Veränderungen, sowohl positiv als auch negativ, im Entwicklungsverlauf der Mitgliederzahlen haben meist besondere Vorkommnisse im Verein als Ursache. Als Beispiele können hier Austritt oder Auflösung einer Abteilung, Einführung neuer Sportangebote, Strukturveränderungen in der Kommune, Austritt einzelner Mitgliedergruppen, Konkurrenz durch andere Vereine oder kommerzielle Sportanbieter etc. genannt werden. Diese können als Erläuterungen in die reine Zahlenanalyse mit eingearbeitet werden. Diese Vereinsanalyse stellt den ersten Schritt zur Entwicklung einer Strategie zur Mitgliedergewinnung dar. Die Entscheidungsfindung und Schlussfolgerung aus den Ergebnissen der Mitgliederanalyse kann anschließend strukturiert nach folgender Vorgehensweise erfolgen:
- Welche Zielgruppen haben wir in unserem Verein?
- Welche möchten wir zukünftig ansprechen?
- Welche Vorstellungen und Wünsche haben diese Zielgruppen?
- Welche Trends und Entwicklungen gibt es aktuell bei diesen Zielgruppen?
Hieraus ergeben sich die weiteren Schritte:
- Ziele definieren
- Entwicklung und Planung von Maßnahmen zur Zielerreichung
- Durchführung der Maßnahmen
- Kontrolle während der Maßnahmendurchführung
- Ergebniskontrolle nach der definierten Zielerreichung
Zur Mitgliederbindung und -gewinnung stehen die vielfältigsten Möglichkeiten zur Verfügung. Nachfolgend werden einige Möglichkeiten exemplarisch vorgestellt:
- Teilnahme an Programmen der Landes- und Fachverbänden „Familien in Bewegung“, „Deutsches Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung“, „Fit im Alter“ etc.
- Wanderungen (Frühjahrs-, Sommer-, Herbst- und Winterwanderung; Familienwanderung etc.)
- Fahrten für Mitglieder, z. B. zu Sportveranstaltungen
- Ständige Treffs organisieren, z. B. Stammtisch, Frauenabend, Spielenachmittag etc.
- Frühsport
- Grillabende
- Einladung zu Kaffee und Kuchen
- Schnupperkurse
- Kursangebote für Nichtmitglieder
- Gastkarten
- Gutscheine für kostenloses Training
- Beteiligung an Gemeinde(sport)veranstaltungen
- Offenes Training, Tag der offenen Tür
- Angebote speziell für Männer bzw. Frauen
- Kinderferienlager
- Aktionstage in Kindergärten und Schulen
- Kindergarten und Schul-AGs
- Generationsturniere
- Elternabende bzw. allgemeine Informationsabende
- Sponsoring- und Werbepartner suchen und gewinnen
- Abnahme des Deutschen Sportabzeichens für Menschen mit und ohne Behinderung
- Moderne Öffentlichkeitsarbeit im Internet: Aktuelle Homepage, Facebook, Twitter etc.
- Nutzung der lokalen Presse (Anzeigen und Termine im Wochenblatt, Berichte über Sportveranstaltungen etc.)
- Sozialpartner der Kommune, Stadt etc.
- Infotafeln an stark besuchten Orten in Vereinsnähe aufhängen
- Werbeflyer für den Verein
- Showveranstaltungen und Vorführungen organisieren und anbieten
- Vereinszeitung
- Werbeaktionen (Radio, Plakate etc.)
- Verein als „Marke“ etablieren
- Differenzierte Mitgliedsbeiträge (Familienbeitrag, Fördermitgliedschaften etc.)
- Willkommensfeier für neue Mitglieder
- Mitgliederversammlungen
- Zufriedenheitsumfragen unter den Mitgliedern durchführen und Kritik annehmen und ändern
Entwicklung neuer Sportangebote
Von der Auswahl und Aktualität der angebotenen Sportmöglichkeiten hängt maßgeblich die Zufriedenheit der Mitglieder und somit letztendlich die Mitgliederzahl des Vereins ab. Die derzeitigen Entwicklungen im Sportsektor zeigen, dass sich die Vereine mit den Sportangeboten an allen Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, Männer, Frauen, Berufstätige, Senioren, Familien etc.) orientieren und ein möglichst breites Angebot aufbauen müssen. Aufgrund der immer ausdifferenzierteren Wünche der Zielgruppen, aber auch aufgrund des zunehmenden Konkurrenzdrucks im Freizeit- und Sportsektor, müssen Vereine zukünftig ihre Sportangebote strategisch gut planen und den Erfolg stets kontrollieren.
Zielgruppenspezifische Mitgliederbindung und -gewinnung
Ideen für die Mitgliederbindung und -gewinnung der verschiedenen Zielgruppen werden u. a. im Kapitel Beispiele aus dem Sport vorgestellt. Dort finden Sie zudem unter der jeweiligen Zielgruppe weiterführende Informationen und Literaturangaben.
Weitere Informationen
Der DOSB veröffentlicht in jedem Jahr eine Bestandserhebung seiner Mitgliedsverbände und -vereine. Im Jahr 2016 veröffentlichte er zudem eine Übersicht über die Mitgliederentwicklung im Zeitraum von 2000 bis 2015.
Literatur: DOSB (2016). Mitgliederentwicklung in Sportvereinen. 2000 bis 2015. Bestand, Veränderungen und Perspektiven.
Link: https://www.dosb.de/index.php?id=13017
Die Führungs-Akademie ist die zentrale Einrichtung im DOSB für Führungskräfte auf nationaler und regionaler Ebene zu Fragen des Sportmanagements und der Sportentwicklung. Sie hat seit 2003 ihren Standort in Köln. Auch zum Thema „Mitgliederbindung und -gewinnung“ werden Seminare angeboten.
Link: https://www.fuehrungs-akademie.de/
Der Landessportverband für das Saarland hat verschiedene Informationsblätter zu Themen rund um den Sport veröffentlicht. Ein Blatt trägt den Namen „Zukunftsimpulse zur Gewinnung neuer Mitglieder“ und ist unter dem folgenden Link abrufbar.
Link:https://www.lsvs.de/fileadmin/user_upload/LSVS/Vereinsservice/PDFs/Seiteninhalte/Ehrenamt_im_Sportverein/zukunftsimpulse_zur_gewinnung_neuer_mitglieder.pdf