Entwicklungen im Sportverein

Die Sportvereine in Deutschland erweisen sich nach wie vor als anpassungsfähige Elemente in der sich schnell wandelnden Gesellschaft. Dies liegt besonders an der gemeinwohlorientierten Grundausrichtung. Hierbei ist es den Sportvereinen meist besonders wichtig, Werte wie Fair Play und Toleranz zu vermitteln und eine günstige Möglichkeit des Sporttreibens zu bieten. Zudem legen die Vereine besonderen Wert auf Gemeinschaft und Geselligkeit und unterscheiden sich dadurch insbesondere von kommerziellen Sportanbietern (vgl. Breuer & Wicker, 2010).
Dennoch ist die Situation der Sportvereine in Deutschland nicht problemfrei. Besonders die Bindung bzw. Gewinnung neuer Mitglieder, ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen, jugendlicher Leistungssportler/innen und Mitgliedern stellen Probleme für den Sportverein dar.
Im Folgenden werden die derzeitigen und zukünftigen Entwicklungen im Sportverein dargestellt.

Mitgliederentwicklungen im Sportverein

Seit dem Jahr 2000 haben die Sportvereine im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) rund 354.000 Vereinsmitglieder dazu gewonnen, was einem Wachstum von 23,4 Millionen im Jahr 2000 auf 23,7 Millionen Vereinsmitgliedern im Jahr 2015 (Plus von 1,5 %) entspricht. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der Vereine von 87.717 auf 90.240 Vereine (Plus von 2,8 % bzw. 2.523 Vereine).
Die Gründe für diese Zunahmen sind vielfältig. Dabei sind wichtige Einflussfaktoren:

  • „Versportlichung“ der Gesellschaft in allen Bereichen
  • deutlich erhöhtes Freizeitbudget, z. B. durch Einführung der Fünf-Tage-Woche, Verringerung der Wochenarbeitszeit etc.
  • wachsende Anzahl gesundheitsorientierter und präventiver Vereinsangebote für Erwachsene

Generell haben Sportvereine immer noch eine hohe Anziehungskraft. Dennoch sind einige Entwicklungen genauer zu betrachten, um sich zukunftsfähig aufstellen zu können. Dazu zählt die Tatsache, dass im Zeitraum 2000 – 2015 ein Plus von weiblichen und ein Minus von männlichen Mitgliedern zu verzeichnen war. Damit hat sich der Trend, dass immer mehr Mädchen und Frauen Mitglieder in Sportvereinen sind, fortgesetzt. Auch sind immer mehr Kinder im Alter von 6 Jahren und jünger Mitglied in einem Sportverein, dagegen sind bei den 7- bis 18-jährigen Mädchen und Jungen die Mitgliederzahlen leicht rückläufig.
In der Altersgruppe der 27 – 40-Jährigen verlieren die Sportvereine die meisten Mitglieder. Gründe hierfür können die vielfach auf den Bedarf von Schüler/innen zugeschnittenen kommunalen Sportstätten, ihr sanierungsbedürftiger Zustand und ihre eingeschränkte zeitliche Verfügbarkeit und Flexibilität sein. Die größten Zuwächse sind bei den über 60-Jährigen festzustellen.
Neben den Sportvereinen haben sich zudem neue Formen und Geschäftsmodelle für den Sport entwickelt. Hier sind u. a. kommerziellen Sportanbietern, Krankenkassen, Einrichtungen der gesundheitlichen Prävention und Rehabilitation und Volkshochschulen zu nennen (vgl. DOSB, 2016).

Zukünftige Entwicklungen bezogen auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland

Um die zukünftigen Entwicklungen steuern und zielgruppengerecht reagieren zu können, muss ein Blick auf die Gesamtbevölkerungsentwicklung in Deutschland geworfen werden.
Derzeit umfasst die deutsche Bevölkerung 82,2 Millionen Menschen. Dabei besteht die Bevölkerung zu 18 % aus Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren, zu 61 % aus 20- bis 65-Jährigen und zu 21 % aus 65-Jährigen und Älteren. Bis zum Jahr 2060 – bei einer kontinuierlichen demografischen Entwicklung – wird der Anteil der unter 20-Jährigen auf 16 % und der Anteil der Menschen im Erwerbsalter auf 51 % sinken. Im Gegensatz dazu sind 33 % älter als 65 Jahre und es werden doppelt so viele 70-Jährige leben, wie Kinder geboren werden. Entwicklungen, die sich durch die aktuellen Fluchtbewegungen ergeben dürften, sind noch nicht berücksichtigt (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017).

Einschätzungen der Sportvereine

Mittels einer Online-Befragung in den Sportvereinen des DOSB konnten neben den Problemen der Bindung und Gewinnung von Mitgliedern die derzeitige Anzahl an Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften herausgestellt werden. Zudem bestehen meist vereinsbezogene Probleme, die (oftmals) selbst beeinflusst werden können. Eine Auswahl ist nachfolgend aufgeführt:

Vereinsbezogene Probleme:

  • Fehlende oder falsch laufende Kommunikation im Verein (zwischen Vorstand und Mitgliedern, zwischen einzelnen Abteilungen oder Mitgliedergruppen etc.)
  • Mangelnde Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Außendarstellung des Vereins
  • Schlechtes Vereinsimage in der Region und gegenüber möglichen Partnern
  • Fehlende oder falsche Verteilung finanzieller Mittel zur Bezahlung vielfältiger Punkte wie Trainer/innen, Sportgeräte, Ausrüstung, Geschäftsstelle etc.
  • Veraltete Beitragsstrukturen, die den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft nicht gerecht werden
  • Fehlende Zielgruppenorientierung bei der Entwicklung von Sportangeboten
  • Fehlende Kenntnis über Interessen und Erwartungen der Mitglieder
  • Ausrichtung der Angebote auf nur eine Zielgruppe im Verein (z. B. Wettkampfsport)
  • Fehlende Angebot für Breitensportler/innen und Familien
  • Starre bzw. festgefahrene Strukturen bei der Vereinsarbeit, die notwendige Veränderungen blockieren
  • Fehlendes Personal, u.a. von Trainer/innen und Übungsleiter/innen
  • Überlastung einzelner Personen mit zu vielen Aufgaben
  • Fehlende Bindung und Wertschätzung von ehrenamtlich Engagierten
  • Fehlende Informationen und Beratung bei Sportstättenbau und -management

Externe Probleme, die selbst nicht beeinflusst werden können, aber beachtet werden müssen:

  • Gesellschaftliche Wandlungsprozesse: sich veränderndes Sport- und Freizeitverhalten, Landflucht, Zeitmangel, Anspruch nach Flexibilität, mehr Belastung im Berufsleben, demografischer Wandel etc.
  • Komplexere Anforderungen an die Vereinsarbeit und -organisation: Steuerrecht, Haftungsfragen, GEMA, Verordnungen im Rehabilitationssport etc.
  • Bekanntheitsgrad und Ansehen der angebotenen Sportarten: Trendsportarten oder traditionelle Sportarten?
  • Schulpolitische Probleme, insb. bei der Kinder- und Jugendgewinnung: lange Schulzeiten, Bewegungsprobleme bei Kindern, keine verfügbaren Übungsleiter/innen und Trainer/innen für Angebote in Schulen etc.
  • Konkurrenzdruck durch andere Sportvereine oder kommerzielle Sportanbieter wie Fitnessstudios
  • Ausrichtung auf Gesundheits- und Rehabilitationssport, weniger Breitensportangebote
  • Vielseitiges Alternativangebot zur Freizeitgestaltung in der Bevölkerung
  • Schlechter Zustand der kommunalen Sportstätten: zu wenig verfügbare Hallenkapazität, schlechtes Hallenmanagement (schlechte Verteilung der Hallenkapazitäten), steigende Kosten für Sportstättennutzung, oftmals sind Hallen in den Schulferien geschlossen

Aus den verschiedenen Problemen lassen sich mindestens ebenso viele Chancen zur Gewinnung neuer Mitglieder ableiten, die zum Teil nachfolgend aufgelistet werden. Hierzu bedarf es Mut zur Veränderung und einer guten Kommunikation innerhalb des Vereins.

Ausblick

  • In der Altersgruppe der 27- bis 40-Jährigen wäre Wachstum möglich, wenn die Rahmenbedingungen – geeignete, attraktive Räume, professionelles Umfeld, flexibles und vielfältiges Kursangebot – stimmen.
  • Das größte Wachstumspotential für den Vereinssport liegt in der Altersgruppe der Senioren und Hochaltrigen. Dies gilt auch für die Mitarbeiterbindung und -gewinnung, Ausbau von zielgruppenspezifischen Sportangeboten und freiwilligem Engagement und Ehrenamt.

Weitere Informationen

Der DOSB veröffentlicht in jedem Jahr eine Bestandserhebung seiner Mitgliedsverbände und -vereine. Im Jahr 2016 veröffentlichte er zudem eine Übersicht über die Mitgliederentwicklung im Zeitraum von 2000 bis 2015.
Literatur: DOSB (2016). Mitgliederentwicklung in Sportvereinen. 2000 bis 2015. Bestand, Veränderungen und Perspektiven.
Link: https://www.dosb.de/index.php?id=13017

Der DOSB versammelt auf seiner Homepage unter der Rubrik „Rat & Tat“ eine Vielzahl an Arbeitshilfen in fünf übergeordneten Themen. Hierzu zählt das Thema Vereinsentwicklung.
Link: http://www.ehrenamt-im-sport.de/de/ehrenamt-im-sport/rat-tat/#dosbc39183

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht auf seiner Homepage und in vielen Publikationen aktuelle Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung.
Literatur: Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden 2015, S. 15
Link:https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerung.html;jsessionid=331E2EBE9835040A1602D38E247900CA.cae1