Aktuelles vom Para Schwimmen
Deutscher Medaillenregen in Manchester: Drei Mal Gold und ein Mal Bronze

Nach dem deutschen Doppel-Silber am ersten Wettkampftag der Weltmeisterschaften der Para Schwimmer*innen in Manchester (GB) gab es am Dienstag gleich vier Mal Edelmetall. Tanja Scholz krönte sich innerhalb von nur 18 Minuten zur Doppel-Weltmeisterin, dominierte erst auf den 100 Metern Freistil (S4) und holte sich dann auf den 150 Meter Lagen (SM3) erneut Gold. Bei den 100 Metern Freistil schwamm zwei Bahnen neben Scholz Gina Böttcher zur ersten WM-Medaille ihrer Karriere, schnappte sich Bronze. Taliso Engel sorgte mit seinem Sieg auf den 100 Metern Brust (SB13) für einen goldenen Abschluss des deutschen Wettkampftages: Sein Erfolg ist gleichbedeutend mit dem zweiten Slot für das deutsche Schwimm-Team bei den Paralympics in Paris 2024.
Nach einer für ihn extrem harten Saison feierte Taliso Engel ausgelassen im Ziel: Der 21 Jahre alte Athlet der SG Bayer hatte Anfang des Jahres mit einer schweren Mittelohrentzündung zu kämpfen, hört deswegen immer noch nichts auf dem rechten Ohr. „Ich habe dieses Jahr wirklich gestruggelt mit meinem Ohr“, sagte Engel, dem das Gold von Manchester deshalb „nochmal mehr“ bedeutet als die WM-Titel 2022 und 2019. „Ich bin sehr, sehr zufrieden. Vor allem mit der Zeit – damit habe ich nicht gerechnet.“ Engel schlug nach 1:03,26 Minuten im Ziel an, hatte einen komfortablen Vorsprung von fast zwei Sekunden auf den Kasachen Nurdaulet Zumagali. Dritter wurde der US-Amerikaner David Henry Abrahams.
„Meine Arme haben gebrannt wie Feuer“, sagte Tanja Scholz nach ihrer Goldmedaille auf den 150 Meter Lagen in der Startklasse SM3. Kein Wunder: Nur 18 Minuten vorher krönte sich Scholz bereits über die 100 Meter (S4) zur Weltmeisterin. Bei den 150 Meter Lagen stellte die 39 Jahre alte Schwimmerin einen Championship Record auf (2:53,18 Minuten), bei den 100 Meter Freistil (1:22,18 Minuten) kam sie über sieben Sekunden vor der zweitplatzierten Brasilianerin Lidia Vieira da Cruz ins Ziel. Nur zwei Bahnen neben Scholz schwamm Gina Böttcher überraschend zu Bronze, schlug nach 1:30,31 Minuten im Ziel an. „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, weil ich letzte Woche auch noch krank war“, sagte die 22 Jahre alte Schwimmerin des SC Potsdam, die sich sehr über ihre erste Medaille bei Weltmeisterschaften und die „dicke persönliche Bestzeit“ freute.
Auch Mira-Jeanne Maack packte auf den 100 Meter Rücken (S8) eine Top-Zeit aus: In 1:20,90 Minuten wurde die Berlinerin Vierte. Damit schlug sie 45 Hundertstel nach der Neuseeländerin Tupou Neiufi, die Bronze gewann an. „Ich freue mich sehr über meine Zeit“, sagte die ehrgeizige Maack, die sich nur kurz über die verpasste Medaille ärgerte und nun dem kommenden Wettkämpfen voller Vorfreude entgegenblickt.

Während Taliso Engel bei den 100 Meter Brust (SB13) auf der Bahn Nummer vier seinen WM-Titel Nummer drei einfuhr, schlug Philip Hebmüller auf Bahn zwei als Fünfter an. Im Vergleich zum Vorlauf (1:10,75 Minuten) verbesserte sich der 16 Jahre alte Schwimmer vom Düsseldorfer SC 1898 um mehr als eineinhalb Sekunden und brauchte 1:09,05 Minuten. „Ich bin unglaublich zufrieden“, sagte Hebmüller, der sich im Rennen nicht ganz daran hielt, was eigentlich abgemacht war: „Es war abgesprochen, dass ich mehr auf meine Frequenz achte. Dann hatte ich aber gesehen, dass der Amerikaner neben mir nicht so weit weg ist“, sagte Hebmüller, der dann mit David Abraham im Blick Vollgas gab. „Du wirst das schon irgendwie überleben“, dachte sich Hebmüller im Rennen und zog durch. Die zweiten 50 Meter schwamm er mehr „auf Druck und nicht Frequenz“, was sich für ihn als genau richtig herausstellte. Hebmüllers abschließendes Fazit: „Das Rennen hat sich unglaublich geil angefühlt!“
Ging am Montag beim Gewinn der Silbermedaille für Maurice Wetekam noch alles glatt, war bei den 200 Meter Lagen (SM9) schon beim Start der Wurm drin: Dem Athleten der SG Bayer verrutschte die Schwimmbrille direkt beim Startsprung. „Genau unter die Nase, ich konnte kaum atmen und habe immer wieder Wasser geschluckt“, sagte ein sichtlich frustrierter Wetekam. Seine 2:27,21 Minuten reichten dem Dortmunder zu Platz neun.
Justin Kaps, der am Montag auf den 50 Metern Freistil (S10) Zwölfter wurde, schlug zudem bei den 200 Metern Lagen (SM10) als 13. im Ziel nach 2:23,85 Minuten im Ziel an.
Beim deutschen Team sind nach dem ersten von sieben Wettkampftagen sechs Medaillen auf dem Konto: Vor den drei Goldmedaillen und Bronze gab es noch zwei Mal Silber. Am Mittwoch steigt dann unter anderem der deutsche Fahnenträger bei der WM-Eröffnungsfeier in die Wettkämpfe ein: Malte Braunschweig tritt bei den 100 Metern Schmetterling (S9) an. Taliso Engel (100 Meter Freistil) und Gina Böttcher (150 Meter Lagen) steigen am dritten Wettkampftag erneut ins Wasser.
Aktuelles vom deutschen Para Schwimmen
Alle Ergebnisse von Manchester im Überblick
Livestreams und Video-Highlights zur WM in Manchester
Das deutsche Team für die Para Schwimm-WM:
Gina Böttcher (22 / SC Potsdam / Brandenburg an der Havel), Malte Braunschweig (21 / Berliner Schwimmteam / Berlin) Johanna Döhler (12 / Berliner Schwimmteam), Taliso Engel (21 / SG Bayer / Lauf an der Pegnitz), Philip Hebmüller (16 / Neuss / Düsseldorfer SC), Neele Labudda (20 / Lübeck / Hanse-Schwimmverein Rostock), Maria Jeanne Maack (19 / Berlin / Berliner Schwimmteam), Tanja Scholz (38 / PSV Union Neumünster / Elmshorn), Verena Schott (34 / BPRSV / Greifswald), Elena Semechin (29 /Berliner Schwimmteam / Nowowoskresenowka (Kasachstan) ), Josia Topf (20 / SV Erlangen / Erlangen), Justin Kaps (21 / Berliner Schwimmteam / Berlin) Maurice Wetekam (17 / SG Bayer / Dortmund)
Text: Patrick Dirrigl / DBS