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„Ein versöhnlicher Abschluss“: Sylvia Pille-Steppat wird Fünfte
Bei ihrer ersten Paralympics-Teilnahme hat Sylvia Pille-Steppat einen versöhnlichen Abschluss gefeiert. Im Finale erreichte die 54 Jahre alte Para Ruderin einen guten fünften Rang. Der zweite deutsche Teilnehmer Marcus Klemp sicherte sich in einem spannenden Rennen den zweiten Platz im B-Finale.
Beim Rudern kommen alle Athleten gerne in seinen Genuss: den Schiebewind. Bei Para Ruderin Slyvia Pille-Steppat ist dies aber noch mehr der Fall: Beim Rudern hält sie ihre Blätter senkrecht. Kommt der Wind von der richtigen Seite hinzu, sprich: in Fahrtrichtung, bieten die Blätter ihm eine Fläche und schieben das Boot der Deutschen so nach vorne an. Kommt die Brise allerdings entgegen der Fahrtrichtung, dann bremst diese die Sportlerin etwas aus, es gibt zu viel Widerstand. „Das sind schlechte Bedingungen für uns“, sagte Bundestrainer Jochen Werner direkt vor dem Finale von Pille-Steppat: Der Wind blies entgegen der Fahrtrichtung. „Platz fünf oder sechs“, prognostizierte der Bundestrainer.
Und er hatte Recht: Die mit 54 Jahren älteste Para Ruderin im Finale der PR1 kam zwar gut weg beim Start. Doch die Athletinnen, die ihre Ruderblätter im Rennen drehen können und so dem Luftwiderstand mehr aus dem Weg gehen können, sparen im Vergleich zu Pille-Steppat eine Menge an Kraft. „Heute waren die Bedingungen etwas hart, ich hätte mir einen etwas anderen Wind gewünscht“, sagte die Ruderin vom Wilhelmsburger Ruderclub. Nach 500 Metern war die Deutsche Fünfte, lag neun Sekunden hinter Anna Sheremet aus der Ukraine und 16 hinter der Französin Nathalie Benoit. Trotz einer starken kämpferischen Leistung konnte Hamburgerin die Lücke nicht mehr verkleinern - sie wurde sogar noch größer. Nach 12:02,47 Minuten kam Pille-Steppat dann als Fünfte im Ziel an. „Ich freue mich einfach, dass ich hier dabei sein konnte und das Finale erreicht habe“, sagte die 54-Jährige, die in Tokio an ihren ersten Paralympics teilnahm. Dass es an den drei Wettkampftagen nicht so viele Zuschauer gab, sei sehr schade gewesen. „Aber das wussten wir vorher ja schon.“ Umso mehr habe es sie gefreut, dass am Sonntag, dem Finaltag, die Tribünen mit den Teammitgliedern der verschiedenen Nationen besetzt waren: „Das wirklich prima, für den Endspurt hat mir das nochmal Schwung und Motivation gegeben.“ Die Spiele von Paris finden bekanntermaßen schon in drei Jahren statt, Pille-Steppat wäre dann 57 Jahre alt. „Ich möchte es auf jeden Fall versuchen, mich für Paris zu qualifizieren. Ich habe mich im letzten Jahr nochmal gut entwickelt und es gibt auch noch einiges zu verbessern. Und das möchte ich unbedingt versuchen.“
Der zweite deutsche Teilnehmer Marcus Klemp erlebte nach Peking 2008 seine zweiten Paralympics und landete im B-Finale auf einem guten zweiten Platz.
Quelle: Patrick Dirrigl
Markus Klemp schloss seine zweiten Paralympics, er war bereits in Peking 2008 am Start, als Achter ab. Der 39 Jahre alte Ruderer vom Offenbacher RG Undine wurde Zweiter im B-Finales. Klemp und Aleksey Chuvashev vom Russischen Paralympischen Komitee lieferten sich einen packenden Zweikampf um den Sieg im B-Finale: Nach 1500 Metern waren die beiden Para Ruderer zeitgleich. Er hatte eine ähnliche Strategie wie ich - zumindest bis zu den 1500 Metern. Er ist ein bisschen besser weggekommen als ich, er war so eine halbe Bootslänge vorne. Ich habe dann immer wieder versucht, ihn unter Druck zu setzen. Ich musste dann aber feststellen: Immer wenn ich wieder an ihn herangefahren bin und dann neben ihm war, konnte er immer wieder kontern.“
Am Ende hätten sie sich „geeinigt“: Klemp setzte auf den letzten Metern zu keinem Angriff mehr an. „Ich glaube es war für uns beide zufriedenstellend und ein versöhnlicher Abschluss dieser Regatta.“ Auch Klemp bedauerte es, dass keine Zuschauer bei den Ruder-Wettkämpfen vor Ort sein konnten. „Hier hast du manchmal Rennen gehabt, die sind einfach flüsterleise. Die Trainer sitzen in Bussen und fahren neben der Strecke her - du hörst also nichts außer ein bisschen Geplätscher von den Blättern“, sagte Klemp und schob scherzend nach: „Plötzlich rauscht ein Rennen so an dir vorbei und du kriegst das gar nicht mit.“ In den nächsten Wochen und Monaten stehe beim 39-Jährigen der Alltag wieder mehr im Vordergrund. „Ich werde mich etwas mehr auf meine Ausbildung bei der Bundeswehr konzentrieren. Aber natürlich will ich fit bleiben und weiterhin rudern.“ Am Dienstag fliegt das deutsche Ruder-Team wieder zurück nach Deutschland.
Patrick Dirrigl