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"Rehasport ist für mich eine schöne Ablenkung in aktiver und geselliger Runde"
Solange sie sich fit genug fühlt, sagt Gertrud Maahs, möchte sie auf ihren wöchentlichen Rehasport auf keinen Fall verzichten. Dass sie überhaupt fehlt – kommt selten genug vor. „Ich bin eigentlich nur nicht beim Sport, wenn ich krank bin oder zum Arzt muss, ansonsten freue ich mich auf die Aktivitäten und das Treffen mit der Gruppe“, sagt die 85-Jährige.
Maahs ist an Demenz erkrankt. Seit rund drei Jahren besucht sie ihre Gruppe in Behrenhoff in Mecklenburg-Vorpommern. Ute Stutz betreut und leitet das Rehasport-Angebot, das der nahegelegenen „Tagespflege Landscheune“ angebunden ist. Sieben feste Teilnehmer*innen gehören zu ihrem Kurs. „Dadurch, dass wir die Räumlichkeiten der Tagespflege nutzen, kann es passieren, dass Menschen bei uns vorbeilaufen, uns sehen und zuschauen. Die machen nicht mit, aber ich schicke sie natürlich auch nicht weg“, sagt Stutz. Die regelmäßigen sozialen Kontakte seien für die an Demenz erkrankten Menschen enorm wichtig. Dabei gehe es nicht nur um den Erhalt der Muskelfunktionen, die Bewegung und der Sport wirken sich überdies positiv auf die Psyche der Menschen aus.
Ursprünglich waren Gertrud Maahs und ihr Ehemann gemeinsam in eine der seniorengerechten Wohnungen unweit der „Tagespflege Landscheune“ eingezogen. Ihr Mann allerdings verstarb bereits zwei Jahre später, seitdem lebt sie allein. Umso mehr freut sie sich auf die geselligen Runden. „Die körperliche Bewegung hält mich fit. Ich komme raus und bin mit netten Menschen zusammen. All das tut mir einfach gut“, betont Maahs. „Für mich ist das jedes Mal ein toller Start in die Woche, ein fester Termin, der mir wichtig ist.“
Der Ablauf ihrer Kurse ist immer der gleiche. Stutz weist den Teilnehmer*innen außerdem feste Aufgaben zu. „Für Menschen, die an Demenz leiden, ist das elementar, eine Struktur zu haben. Bewegung, noch dazu in der Gruppe, hilft bei der Krankheitsbewältigung und steigert die Lebensfreude. In der Gemeinschaft fühlen sich die Menschen eingebunden, sie helfen sich gegenseitig und passen auch aufeinander auf“, erklärt die zertifizierte Trainerin für Rehasport.
Nicht alle in der Gruppe seien noch so mobil wie Getrud Maahs. Umso wichtiger sei es, sagt Stutz, auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Teilnehmer*innen einzugehen und ihr Angebot entsprechend dem Gesundheitszustand auszurichten. Erfolge bei der Bewegung sind persönliche Erfolge – gerade die werden umso wichtiger, wenn man sich häufig hilflos fühlt.
Zu Beginn und am Ende jeder Stunde wird gesungen, ein Teilnehmender spielt dazu Akkordeon. Dazwischen steht die körperliche Bewegung im Vordergrund. Zum Bewegungsangebot gehören insbesondere gymnastische Übungen für die Schultern und Beine – wechselweise mit Bällen oder Bändern und Ringen. Zum Schluss wird zwei Runden gekegelt. „Jeder hat die Aufgabe, sich seine Punkte bis zum nächsten Mal zu merken. Das ist zugleich ein wenig Gedächtnistraining“, fügt Stutz an.
Der jüngste Teilnehmer ist 60 Jahre alt, der älteste 92. Cornelia Ciesinski beispielsweise kommt seit etwa drei Jahren zum Rehasport. Die 66-Jährige ist an Multiple Sklerose (MS) erkrankt und wird einmal wöchentlich von ihrem Ehemann Dieter gebracht. „Wir sind sehr froh für dieses Angebot. Das ist wichtig für meine Frau, sie kommt gerne hier her, weil sie unter Leuten ist und entsprechend ihrer Mobilität eingebunden wird“, sagt Dieter Ciesinski, der sich alleine um die Pflege seiner Frau kümmert. „Sie kann inzwischen zwar nicht mehr laufen und sprechen, aber die Bewegung mit den Händen geht noch.“
Vor allem das Kegeln bereite ihr die größte Freude. Für sie, wie für viele andere in der Gruppe ist es der Höhepunkt der wöchentlichen Sport-Stunde. Getrud Maahs ist für das Aufstellen der Kegel zuständig. „Darauf freue ich mich immer am meisten“, sagt die 85-Jährige. Wo sie kann, hilft sie mit – und ermutigt andere Betroffene, Rehasportangebote auszuprobieren. „Ich kann es nur empfehlen, jeder macht das, was er kann. Es macht einfach Spaß. Meine Enkel sind auch ganz begeistert von mir, dass ich noch zum Sport gehe“, entgegnet Maahs lächelnd. „Ich hoffe, dass ich das noch lange so kann.“
Zu ihrem wöchentlichen Sportprogramm gehört auch, dass sie den etwa 200 Meter langen Weg von ihrer Wohnung bis zu den Gruppenräumen zu Fuß zurücklegt. „Ich bin mächtig stolz darauf, dass ich das noch kann“, sagt Maahs.
Das Bewusstsein, dass Bewegung guttut, beherzigt sie auch in ihrem Alltag. „Ich versuche aktiv zu bleiben, regelmäßige Spaziergänge zu machen, die Treppen zu nehmen, wenn es geht. Viele in meinem Alter nehmen den Fahrstuhl, das mache ich nicht.“
Weitere Infos zum Rehabilitationssport und der Kampagne "Rehasport ist für mich..." finden Sie hier.
Quelle: Stefanie Bücheler-Sandmeier