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Inklusion gibt es nicht umsonst

Gemeinsamer Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern kostet 660 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr

Anteil der inklusiv unterrichteten Förderschüler stieg im Schuljahr 2010/2011 um mehr als zehn Prozent – Schulen brauchen fast 10.000 neue Lehrer

Deutschlands Schulen brauchen fast 10.000 Lehrer mehr als heute, wenn die Schulsysteme aller Bundesländer innerhalb des kommenden Jahrzehnts auf Inklusion umgestellt werden sollen. Zwar könnten dann die meisten Förderschulen geschlossen werden, wodurch Gelder und Stellen frei würden. Unter dem Strich allerdings entsteht ein zusätzlicher Finanzbedarf von rund 660 Millionen Euro pro Jahr. Das hat Bildungsökonom Prof. Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung errechnet.

Deutschland hat sich verpflichtet, Kinder mit und ohne Förderbedarf künftig gemeinsam zu unterrichten. Die Abkehr vom derzeitigen Sonderschulsystem schreibt eine UN-Konvention vor, die am kommenden Montag vor drei Jahren (26. März 2009) in Kraft trat. Besonderen Förderbedarf haben in Deutschland rund eine halbe Million verhaltensauffällige, lern- oder körperbehinderte Schüler. Ihr Anteil an der gesamten Schülerschaft steigt seit mehr als zehn Jahren kontinuierlich. Im Schuljahr 2010/2011 betrug die Förderquote 6,4 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte sie bei 6,2 Prozent gelegen.

Bundesweit besucht nicht einmal jeder vierte Förderschüler eine Regelschule. Der Trend allerdings ist eindeutig: Im Schuljahr 2010/2011 stieg der Inklusionsanteil – also der Anteil der Schüler mit Förderbedarf, die nicht auf eine separate Sonderschule gehen – gegenüber dem Vorjahr von 20,1 auf 22,3 Prozent. Spitzenreiter bei der Inklusion ist Schleswig-Holstein. Hier besuchen 49,9 Prozent aller lern- oder körperbehinderten Schüler eine reguläre Schule. Auch Berlin und Bremen weisen bereits heute einen Inklusionsanteil von mehr als 40 Prozent auf. Schlusslicht ist Niedersachsen, wo lediglich 8,5 Prozent der Förderschüler inklusiv unterrichtet werden.

Eine besonders hohe Dynamik verzeichnet Hamburg. Innerhalb eines Schuljahres ist dort der Inklusionsanteil um über die Hälfte gestiegen, von 16,2 auf 24,4 Prozent. Auch Bayern holt auf. Im Schuljahr 2010/2011 waren es dort 20,2 Prozent der Förderschüler, die auf eine Regelschule gingen. Ein Jahr zuvor lag der Inklusionsanteil noch bei 15,7 Prozent. "Inklusion wird mittelfristig zur Normalität an deutschen Schulen. Das stellt die Schulen vor riesige Herausforderungen, die sie nur mit genügend gut ausgebildetem Personal bewältigen können", sagte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.

Pressemeldung der Bertelsmann-Stiftung
Gütersloh, 23.03.2012