Maurice Wetekam schwimmt zu Bronze
Die erste Medaille für Team Deutschland Paralympics! Maurice Wetekam sicherte sich auf den 100 Meter Brust (SB9) Bronze.
Wetekam haute bereits im Vorlauf ordentlich einen raus: Auf den 100 Meter Brust (SB9) schwamm der Dortmunder eine persönliche Bestzeit, kam nach 1:07,79 Minuten mit deutschem Rekord im Ziel an. Damit drückte der 18-Jährige seine alte Bestzeit (1:08,89 Minuten) auf seiner Paradestrecke um mehr als eine Sekunde. Der große Formel-1-Fan feierte kurz nach dem Anschlag im Ziel mit dem "Vettel-Finger": Er hob seinen rechten Zeigefinger in die Luft, wie es der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel nach seinen zahlreichen Grand-Prix-Siegen meist getan hatte.
Auf den zweiten 50 Metern des Vorlaufs ging dem 18 Jahre alten Schwimmer des TSV Bayer 04 Leverkusen ein wenig die Puste aus: "Hintenraus war es schon hart. Aber ich denke, das geht heute Abend nochmal 'ne deutliche Ecke schneller." Und Recht sollte Wetekam behalten: Im Endlauf steigerte er nochmals seine Bestzeit und schlug nach 1:07,04 Minuten im Ziel an. Und dieses Mal waren es die zweiten 50 Meter, die Wetekam bockstark gestaltete: "Ich habe links von mir gesehen, dass Stefano Raimondi vor mir war. Rechts von mir war der NPA-Athlet Artem Isaev vor mir. Auf gut Deutsch gesagt dachte ich mir da: Scheiße!"
Mit einem sensationellen Schlussspurt sichert er sich das Edelmetall
Doch Wetekam zog einen wahnsinnigen Endspurt an, kämpfte sich auf den letzten 15 bis 20 Metern an den NPA-Schwimmer heran – und überholte ihn auf den letzten Metern! Artsev schlug 25 Hundertstel nach dem Deutschen im Ziel an. Der Schlussspurt machte die Bundestrainerin Ute Schinkitz in der Mixed Zone regelrecht sprachlos. Mit Tränen in den Augen schüttelte sie immer wieder ihren Kopf und freute sich für Wetekam, der kein leichtes letztes halbes Jahr hatte, vieles im Training umgestellt hatte und sich nun dafür belohnte.
Gold ging an den Italiener Raimondi (1:05,28 Minuten), Silber an den Lokalmatador Hector Denayer: Der Franzose brauchte 1:05,91 Minuten für die 100 Meter Brust.
Nächster paralympischer Rekord für Scholz
Auch, wenn für Tanja Scholz am Freitag bereits das zweite Rennen in Paris anstand, so konnte es die 40 Jahre alte Paralympics-Debütantin am Freitag erst so richtig genießen: "Ich freue mich total, weil es jetzt wirklich gut lief. Wir saßen gestern noch alle lange zusammen und haben überlegt, was wir anders machen können", erzählt Scholz, die am Vortag Achte auf den 200 Meter Freistil (S5) wurde, dabei aber Probleme mit den kalten Temperaturen in der Halle und im Wasser hatte. Dennoch schwamm sie Donnerstag einen paralympischen Rekord – und legte Freitagmorgen direkt den nächsten nach: Sie schlug in den Vorläufen als Fünfte im Ziel an, schwamm die 100 Meter Freistil (S5) in 1:25,78 Minuten. "Ich bin topfit, ich habe mich gestern mega geärgert, aber jetzt lief es echt richtig gut", sagte Scholz. "Ich kann endlich mit Vorfreude auf mein Finale blicken, Gottseidank!"
Dort schlug die Elsmhornerin als Sechste im Ziel nach 1:27,07 Minuten an. Der Grund für die etwas langsamere Zeit im Vergleich zum Vorlauf: der verzögerte Beginn des Rennens. "Der Start hat sich irre lang gezogen, dann kamen sofort wieder Spastiken durch, das war echt ärgerlich." Scholz freut sich dennoch über ihren zweiten Wettkampftag in Paris: "Ich war die einzige S4-Schwimmerin und konnte da mithalten. Das macht mich wahnsinnig stolz." In ihrer Startklasse, der S4, gebe es bei den Paralympics "definitiv zu wenig Rennen in den kleinen Startklassen. Ich schwimme nur zwei Starts in meiner Klasse. Aber wir haben auch nur wenig Konkurrenz. Das heißt, die Inklusion muss mehr aufleben, damit mehr ins Wasser können und dann wird es auch besser."
Verena Schott verbessert sich im Finale deutlich
Auch für Verena Schott stand am Freitag der zweite Wettkampf statt: Auf den 200 Meter Lagen (SM6), wo sie in Tokio 2021 Bronze gewann, wurde sie Siebte. Nach 3:15,11 Minuten kam sie im Finale im Ziel an, steigerte sich im Vergleich zum Vorlauf um mehr als sechs Sekunden – und blickte bereits nach vorne: "Ich konnte mir heute meine Intensitäten holen, die ich brauche. Mir fehlen insgesamt sechs Wochen meiner Vorbereitung seit Juli – also fast die gesamte Vorbereitung."
Selbst eine so erfahrene Athletin wie sie könne das nicht einfach so ausgleichen. "Deswegen kann ich glaube ich ganz zufrieden mit dem sein, was ich in Paris bislang erreicht habe." Ein schlimmer Atemwegsinfekt hatte der 35 Jahre alten Schwimmerin schwer zugesetzt. Ihr nächstes Rennen sind die 100 Meter Brust (SB6), wo sie bei den Spielen in Tokio Dritte werden konnte.
Gina Böttchers Paris-Premiere: "Es ist krass hier!"
Gina Böttcher, die ihren ersten Auftritt in der La Défense Arena hatte, schwamm im Vorlauf der 100 Meter Freistil (S5) direkt auf der Bahn neben Scholz. Die Potsdamerin wurde Elfte in 1:33,28 Minuten. Damit konnte sie sich anfreunden: "Es war eine ganz gute Zeit, dafür, dass ich die Strecke nicht so im Fokus hatte. Ich wollte ein bisschen warm werden, wollte ein bisschen Wettkampfgefühl entwickeln und die Abläufe hier kennenlernen." Damit die 23 Jahre alte Schwimmerin sich auf die 150 Meter Lagen (SM4, Sonntag, 01.09.) und die 50 Meter Rücken (S4, Samstag, 07.09.) noch besser konzentrieren kann.
Da hat es gewiss auch nicht geschadet, dass Böttcher gleich mal gesehen, gehört und gefühlt hat, was die La Défense Arena bei diesen Paralympics so zu bieten hat: "Es ist krass hier, ich hatte noch so viel Publikum. Das ist auf jeden Fall sehr motivierend – es macht mir sehr viel Spaß!"
Philip Hebmüller sammelt weiter wichtige Erfahrungen
Den hatte am Freitagmorgen auch Philip Hebmüller (Düsseldorfer SC 1898). Bei seinem zweiten Auftritt in Paris landete der 17 Jahre Athlet auf Rang 13. "Ich bin damit sehr zufrieden. An der Außenbahn ist es immer schwer, so ein Rücken-Rennen zu gestalten und auch mitzuhalten. Das habe ich aber ganz gut gemacht", sagte der Schüler, der die 100 Meter Rücken (S13) in 1:05,88 Minuten schwamm. "Es war im Rahmen meiner Bestzeit." Die tosende Menge auf den Rängen in Nanterre "war wieder unglaublich. Wie laut es hier war!" Hebmüllers nächste Möglichkeit, in der La Défense Arena sein Bestes zu geben, hat er am Dienstag (03.09.), wenn es für ihn auf die 200 Meter Lagen (SM13) geht.
Am Samstag steigen dann Maike Naomi Schwarz (100 Meter Rücken, S12), Mira Jeanne Maack (100 Meter Rücken, S8) und Johanna Döhler (400 Meter Freistil, S13), die mit ihrem Alter von 14 Jahren die jüngste Athletin der gesamten deutschen Delegation ist, in die paralympischen Spiele von Paris ein.
Text: Patrick Dirrigl / DBS