Para Sportschützen bei den Paralympics: Ab vom Schuss
Im französischen Châteauroux steigt die Spannung: Fünf deutsche Para Sportschützen treten bei den Paralympics 2024 in fünf Gewehr- und zwei Pistolendisziplinen an. Paralympics-Siegerin Natascha Hiltrop (32) aus Bonn hat beste Medaillenchancen, den Debütanten traut Bundestrainer Rudi Krenn eine Überraschung zu.
Fast 300 km südlich von Paris tragen die Para Sportschützen ihre Wettkämpfe aus. Es bietet den Vorteil, dass das Team sich ganz auf die Wettkämpfe konzentrieren kann. „Wir fühlen uns sehr wohl. Die Unterkunft ist gut und die Schießanlage ist in einem sehr ordentlichen Zustand“, sagt Rudi Krenn, Bundestrainer Para Sportschießen. Seine Athletinnen und Athleten sind in Topform angereist. Das deutsche Sportschützen- und Bogen-Team besteht aus Erfahrenen und solchen, die zum ersten Mal paralympische Luft schnuppern dürfen.
Tobias Meyer (Pistole) und Moritz Möbius (Gewehr) nehmen jeweils zum zweiten Mal teil. Natascha Hiltrop (Gewehr) ist mit vier Teilnahmen die erfahrenste Schützin. Die Bonnerin gehört zum Kreis der Favoritinnen und hat beste Chancen auf Edelmetall. Hiltrop reist als Europameisterin im Kleinkaliber-Dreistellungskampf an. Die Sportschützin des SV Lengers 1964 weiß zudem, wie sich ein Paralympics-Sieg anfühlt: Ihre bisherige Karriere krönte sie bei den Spielen in Tokio 2021 mit Gold im Luftgewehr liegend (R3) und gewann zudem Silber im KK-Dreistellungskampf. „Meine Trainingsform war in den vergangenen Monaten gut. Das hat zwar nicht allzu viel Aussagekraft, weil Schießen ein Mentalsport ist“, sagt Hiltrop, „aber das stimmt mich zuversichtlich. Mein Ziel ist es, das Finale der besten Acht zu erreichen. Danach wird alles auf Null gestellt und alles kann passieren.“ Hiltrop versucht, sich keinen Druck zu machen und in den entscheidenden Momenten das Drumherum auszublenden. „Die Konkurrenz ist stark. Man muss hart arbeiten, um da mitzuhalten.“ Die 33-Jährige war der Schießsport-Star bei den Paralympischen Spielen in Tokio und durfte auch die deutsche Fahne bei der Abschlussfeier tragen. „Zur Eröffnungsfeier in Paris fahre ich nicht. Die Anreise ist zu lang. Das ist zwar schade, aber der Wettkampf hat Vorrang.“
Die Sportschützen Tjark Liestmann und Cliff Junker (beide Gewehr) sind dagegen Paralympics-Novizen und sammeln mit jedem Tag auf der Anlage in Châteauroux neue Erfahrungen. „Die Entfernung zum paralympischen Dorf in Paris hilft zumindest dabei, die Nervosität im Rahmen zu halten“, sagt Liestmann (24), der seit anderthalb Jahren im Leistungskader ist. „Wenn ich einen perfekten Tag erwische, kann ich ins Finale kommen. Das wäre fantastisch.“ Teamkollege Junker, der mit 45 Jahren noch mal ein erstes Mal im Sport erlebt, ist ebenfalls hochmotiviert: „Meine Karriere war bisher eine sehr abenteuerliche Reise. Ich habe erst 2016 mit dem Schießen angefangen. Dass es mich bis zu den Paralympics gebracht hat, ist unglaublich“, sagt Junker, der im Kleinkaliber liegend schießt. „Das zeigt, was mit Ehrgeiz, Disziplin und Talent möglich ist.“
Dass die Deutschen zur Weltspitze gehören, haben sie etwa bei der WM im peruanischen Lima 2023 oder bei den Europameisterschaften 2024 in Granada (Spanien) gezeigt. Mit zweimal Gold, einem Quotenplatz für Paris, einem Weltrekord und insgesamt sechs Finalplatzierungen fiel die EM-Bilanz sehr positiv aus. Im gewohnten Modus geht es in Châteauroux zunächst um den Finaleinzug in der jeweiligen Klasse – und dann um paralympisches Gold, Silber oder Bronze. „Es ist alles vertreten, was Rang und Namen im Para Sportschießen hat. Die Konkurrenz ist stärker denn je, und wir müssen hoch schießen, um vorne mit dabei zu sein“, sagt Bundestrainer Krenn. „Es geht darum, in jedem Moment Höchstleistung zu bringen, auch wenn die Nervosität im paralympischen Rahmen eine andere ist.“
Text: Jessica Balleer / DBS
Das deutsche Aufgebot in Paris:
Natascha Hiltrop (32 / Bonn / SV Lengers), Cliff Junker (45 / Suhl / Förderverein SSZ Suhl), Tjark Liestmann (24 / Buxtehude / SV Ladekop), Tobias Meyer (26 / Würzburg / SG Rimpar), Moritz Möbius (25 / Gengenbach / SSV Zell am Harmersbach)