Para Judo: Die ganz besondere Bindung zwischen Ramona und Carmen Brussig
Jahrzehntelang ging Para Judoka Carmen Brussig bei den Paralympics für Deutschland auf Medaillenjagd. Jetzt kämpft sie für die Schweiz um Siege und schreibt damit Geschichte: Das Nachbarland stellte zuvor noch nie einen Athleten in dieser Disziplin. Welche Rolle Schokolade beim Verbandswechsel spielte, welche Ziele sie und ihre Schwester Ramona, die ebenfalls an den Start gehen wird, haben und wieso beide Sportlerinnen in unterschiedlichen Gewichtsklassen an den Start gehen, erklären die beiden im Artikel.
„Wir sind ein Herz und eine Seele“, sagt Ramona Brussig. Die 47-Jährige spielt auf die Beziehung zu ihrer Zwillingsschwester Carmen an. Es ist eine innige Bindung, die die beiden Para Judoka haben. Bei den Paralympics in Paris erlebt Ramona, die in der Klasse der sehbehinderten Athleten (J2) bis 57 Kilogramm an den Start gehen wird (die -52-Kilogramm-Klasse wurde nach den Spielen in Tokio gestrichen). „Mit der Qualifikation habe ich gar nicht gerechnet“, sagt die 47-jährige Ramona Brussig. Für Carmen Brussig (J2, -48 Kilogramm) sind es die fünftensch Spiele.
Ramona Brussig wird in die Schweiz auswandern
Bei den Wettkämpfen in der französischen Hauptstadt ist dieses Mal aber etwas anders. Carmen Brussig, lange Zeit für Deutschland auf Medaillenjagd, wird in der Champ-de-Mars-Arena (8100 Plätze) für die Schweiz um Siege kämpfen. 2022 war sie in den Nachbarlandverband gewechselt. „Die Schokolade war der Grund meines Umzugs“, sagt Carmen Brussig, die gelernte Konditorin ist. „Ich liebe sie, besonders weiße Schokolade und mit Joghurt und Himbeeren. Ich bin daher in das Mutterland der Schokolade ausgewandert.“ Inzwischen wohnt Carmen Brussig seit 22 Jahren im Nachbarland. Mit ihrer Teilnahme an den Paralympics wird Carmen Brussig Geschichte schreiben. Noch nie vertraten Schweizer Judoka ihr Land bei den Paralympics. „Ich habe mir gesagt: Wenn ich es nochmal schaffe, dann mit der Schweiz.“ Für sie sei die Qualifikation eine Überraschung gewesen. „Ich habe damit nicht mehr gerechnet und bin voller Stolz.“ Und weiter: „Eine Medaille will jeder. Wenn ich es aufs Podium schaffen würde, freue ich mich natürlich.“
Die Nominierung sorgt auch für viel Begeisterung bei ihrer Zwillingsschwester Ramona, die für Deutschland an den Start gehen wird. „Wir freuen uns füreinander, wenn wir an den Start gehen – egal, für welche Nation. Jetzt trägt sie Outfits mit anderen Farben als zuvor, Zwillinge sind wir aber nach wie vor“, betont Ramona Brussig. Nach den Spielen werde die Bindung noch enger: Ramona Brussig wird in die Schweiz ziehen, in den gleichen Wohnkomplex, in dem auch ihre Zwillingsschwester Carmen wohnt.
Zuvor will das Duo in Paris um eine Medaille kämpfen. Ramona Brussig: „Ich habe keinen Druck, alles erreicht. Die Qualitätsdichte ist sehr eng. Wer mit einem falschen Bein aufsteht, kann schnell einen schlechten Tag haben. Ich werde mich nicht ärgern, wenn es nicht mit der Medaille klappt. Ich schaue einfach, was geht.“
Größter Moment: 2012 gewinnen beide bei den Paralympics in London Gold
2012 feierten die Twins den schönsten Moment gemeinsam. Bei den Paralympics 2012 in London gewann das Duo in unterschiedlichen Gewichtsklassen Goldmedaillen. Dass die beiden 47-Jährigen in unterschiedlichen Klassen an den Start gehen, kommt nicht von ungefähr. „Damals war dieselbe Gewichtsklasse für uns die Hölle. Wir hatten immer ein schlechtes Gewissen, wenn wir gegeneinander kämpfen mussten. Daher wechselten wir im Kindesalter die Klassen“, erklärt Ramona Brussig.
Ihre Kämpfe in Paris gegenseitig verfolgen werden sie übrigens nicht. „Das können wir einfach nicht“, sagt Ramona Brussig. Zu sehr fiebern sie für den Anderen mit, können nicht mitansehen, wie die Schwester auf der Para Judomatte um den Sieg kämpft. Die Daumen drücken sie sich aber gegenseitig, wenn sie am 5. bzw. 6. September um Edelmetall kämpfen.