Para Judo: Isabell Thal verpasst Bronze beim Paralympics-Debüt nur knapp
Mit Tabea Müller und Isabell Thal sind am ersten Wettkampftag der Para Judo-Wettbewerbe bei den Paralympics zwei deutsche Athletinnen im Einsatz gewesen.
Die deutschen Para Judoka sind hauchzart an der ersten Medaille bei den Paralympics 2024 vorbeigeschrammt. An ihrem ersten Wettkampftag musste sich Isabell Thal (J2, -48 Kilogramm) im Bronze-Kampf der Türkin Cahide Eke (Weltranglisten-Achte) nach einem Ippon geschlagen geben. Es wäre das erste Edelmetall im Para Judo seit den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro gewesen. Dort hatten die Zwillingsschwestern Ramona und Carmen Brussig Silber gewonnen. Durch die Niederlage belegt Thal den geteilten fünf Rang. „Die Bronzemedaille hätte ich gerne mitgenommen. Dennoch bin ich stolz auf meinen fünften Platz. Die Paralympics waren eine Riesenerfahrung und ich hab definitiv Bock auf die nächsten vier Jahre", sagt die Paralympics-Debütantin.
Isabell Thal und das Wiedersehen mit einer alten Bekannten
Die 25-jährige Thal, die für Budoka Höntrup (Nordrhein-Westfalen) an den Start geht, erlebte an diesem Tag ein Wechselbad der Gefühle. Im Viertelfinale musste sich die Weltranglisten-Zwölfte gegen Sandrine Martinet aus Frankreich beweisen. In der gut gefüllten Pariser Champ-de-Mars-Arena schwenkten viele Zuschauer mitgebrachte Flaggen und stimmten Fangesänge an. Fast die gesamte Halle stand hinter der Athletin aus dem Gastgeberland. „Eine Stimmung wie im Fußballstadion. Ich bin immer noch völlig überwältigt.“
Die Unterstützung von den Rängen schien die Weltranglisten-Dritte Martinet zu beflügeln. Sie holte früh ihren ersten Punkt, mit einem Ippon machte sie den 11:0-Sieg perfekt. Ein Ippon bedeutet den sofortigen Sieg. Die Wertung wird vergeben, wenn der Gegner – in diesem Fall Thal – kontrolliert auf den Rücken geworfen wird. Die Essenerin musste in die Hoffnungsrunde, hatte so noch die Chance auf Bronze. Der Grund: Bei den Paralympics werden im Judo zwei Bronzemedaillen vergeben. Die Siegerinnen der Hoffnungsrunde treffen auf die beiden Halbfinal-Verliererinnen.
In der Hoffnungsrunde traf sie auf eine alte Bekannte: Carmen Brussig. Die 47-Jährige ging jahrzehntelang für die deutsche Para Judo-Nationalmannschaft an den Start und gewann 2012 in London Paralympics-Gold. Seit zwei Jahren tritt Brussig jedoch für die Schweiz an. Von Beginn an nahm Thal das Heft in die eigene Hand, sicherte sich mit einem Ippon nach 51 Sekunden den Sieg.
Carmen Brussig will Schwester Ramona unterstützen, die für Deutschland startet
Brussig sagte nach dem Kampf: „Enttäuscht bin ich nicht. Ich wusste vorher schon, dass es schwer werden würde.“ In der Vergangenheit seien die Kämpfe beider Athletinnen stets auf Augenhöhe gewesen. „Mal hat sie gewonnen, mal ich. Heute gewann sie. Jetzt liegt der Fokus auf morgen.“ Dort wird Zwillingsschwester Ramona Brussig für das Team D Paralympics auf der Matte stehen. Ihre Schwester Carmen will sie unterstützen.
Tabea Müller mit gutem Paralympics-Debüt
Paralympics-Debütantin Tabea Müller (J1, -48 Kilogramm) musste sich im Viertelfinale mit der Weltranglisten-Zweiten und späteren Bronzemedaillen-Gewinnerin Ecem Çavdar Taşın (Türkei) messen. Müller selbst war auf Rang sieben gelistet.
Zunächst hatte Müller ihre Gegnerin gut im Griff. Die für die SSG Blista Marburg startende 26-Jährige wusste die Angriffsversuche ihrer favorisierten Gegnerin zu kontern und mit eigenen Griffen selbst für Akzente zu sorgen. Punkte gab es dafür aber nicht. Mit einem Ippon nach 81 Sekunden war der auf vier Minuten angesetzte Kampf vorbei. Matthias Krieger, Co-Trainer bei der Nationalmannschaft, zeigte sich nach dem Kampf zufrieden: „Tabea hat das echt gut gemacht.“ In der Hoffnungsrunde musste sie sich der Argentinierin Rocio Ledesma geschlagen geben.
Gegen die Südamerikanerin agierte Müller bei ihren ersten Paralympics mutig, aber die Punkte gingen an Ledesma. Mit einem Ippon sorgte Ledesma für die Vorentscheidung. Müller belegt damit den geteilten sieben Rang. „In der Trostrunde ging es für beide um alles. Rocio hat mehr Erfahrung auf der großen internationalen Bühne. Ich habe alles gegeben“, sagt Müller im Anschluss. „Ich bin dankbar und stolz, dass ich hier antreten durfte. Es ist die größte Bühne, auf der Athleten kämpfen können. Die Stimmung war geil, auch weil die Französin Sandrine Martinet vor mir gekämpft hat.“
Co-Trainer Krieger fügte an: „Wir analysieren den Kampf in Ruhe und kommen stärker zurück. Bei Tabea ist eine Entwicklung erkennbar, das ist wichtig. Und ihr Weg ist definitiv noch nicht zu Ende.“ Das Ziel der 26-Jährigen: die Paralympischen Sommerspiele 2028 in Los Angeles.
In Paris gehen insgesamt sechs deutsche Para-Judoka auf Medaillenjagd. Für Nikolai Kornhass, Lennart Sass und Ramona Brussig geht es am Freitag los, Daniel Goral muss am Samstag ran.