Acht Medaillen für deutsche Para Leichtathletik
Ein Mal Gold, drei Mal Silber und vier Mal Bronze: Das ist die Bilanz der deutschen Para Leichtathletik bei den Paralympics in Paris. Bundestrainerin Marion Peters sah erfreuliche Überraschungen, es gab aber auch bittere Enttäuschungen.
First things first: Bundestrainerin Marion Peters wollte über Markus Rehm sprechen. Der Weltrekordhalter sprang mit 8,13 Metern zu seinem vierten Weitsprung-Gold in Folge, dazu gewann er in Rio Staffel-Gold über 4x100 Meter. „Markus Rehm ist einfach das Maß aller Dinge in der Para Leichtathletik“, sagt Peters über ihren Athleten, der auch unter dem Druck neuer Konkurrenz aus den USA abgeliefert hat: „Die Luft wird immer dünner und er hat es wieder geschafft. Wir haben da einen absoluten Weltklasse-Athleten in unseren Reihen, der zudem noch eine tragende Rolle bei der Eröffnungsfeier spielte.“ Unvergessen, wie Rehm bei der Opening Ceremony fast schon ikonisch aus dem Flammenmeer trat und die Fackel zu dem Ort brachte, an dem später das paralympische Feuer entzündet wurde.
Und die Medaillen, die nicht eingeplant waren, sorgten natürlich für umso größere Freude: „Der Auftritt von Nele Moos war grandios“, sagte die Bundestrainerin mit Blick auf die 22-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen: „In allen drei Disziplinen Bestleistungen, die überraschende Silbermedaille im letzten Versuch im Weitsprung – damit hatte niemand gerechnet.“ Positiv hervorzuheben sei auch das Comeback von Tokio-Paralympicssiegerin Lindy Ave über 400 Meter: Nach zwei Jahren Babypause holte sie Bronze. „Sie ist fast so schnell gelaufen wie in Tokio, das war großartig, unsere beiden T38er haben echt performt. Und auch die große alte Dame hat auf ihrer Abschiedstournee noch mal zugeschlagen“, sagte Peters und meinte damit Irmgard Bensusan, die bei ihren dritten paralympischen Spielen nach zuvor fünf Mal Silber jetzt Bronze über 200 Meter gewann.
Von den Weltrekordhaltern Johannes Floors über 400 Meter und Niko Kappel im Kugelstoßen hätte auch Gold erwartet werden können, am Ende wurde es jeweils Silber mit für beide nicht zufriedenstellenden Leistungen. Als sie die schönen Medaillen sahen, konnten sich aber immerhin beide freuen. „Die Weltspitze geht immer mehr voran. International ist das Leistungsniveau sprunghaft angestiegen, die Professionalität hat zugenommen. Einmal mehr wurde sichtbar, dass wir uns den Trainingsstrukturen des Olympischen Sports anpassen müssen. Der Parasport ist ohne Hightech und perfekte Trainingssysteme nicht mehr denkbar“, sagt Bundestrainerin Marion Peters mit Blick auf 15 Medaillen, die es in Tokio noch gegeben hatte. Nun sind es acht – auch weil einige Leistungsträger*innen nicht wie erhofft zeigen konnten, was in ihnen steckt: Während Katrin Müller-Rottgardt und Guide Noel Fiener sowie Felix Streng mit Bronze über 100 Meter im entscheidenden Moment ablieferten, gab es für Tokio-Paralympicssieger Streng über 200 Meter eine Disqualifikation nach einer sicher geglaubten Silbermedaille. Schwierig war in der Vorbereitung in der Para Leichtathletik, dass es noch im Mai eine WM in Kobe gab, bei der um Paris-Startplätze gekämpft werden musste. „Alle, die die Norm schon früh hatten, konnten langfristiger planen. Viele andere hatten nicht genug Zeit, sich zu regenerieren – oder zu spät Klarheit, ob es für eine Nominierung gereicht hat oder nicht“, hadert die Bundestrainerin mit dem Terminkalender.
Nimmt man es genau, fehlten mindestens vier Medaillen, rechnet Peters vor: Neben der für Streng über 200 Meter auch zwei von Léon Schäfer, dem Doppel-Weltmeister aus Kobe im Mai blieb im Weitsprung und über 100 Meter jeweils nur Platz vier. Speerwerferin Francés Herrmann, eine sichere Medaillenbank, war Fünfte geworden, „das tut mir unendlich leid, denn sie hatte es drauf“, sagt Peters, nur leider wurde die Cottbuserin eine Woche vor dem Wettkampf krank und nicht rechtzeitig fit. Auch beim knappen vierten Platz von Johannes Floors über 100 Meter, bei Ex-Kugelstoß-Weltmeister Yannis Fischer, der verletzungsbedingt unter seiner Leistung blieb oder Nicole Nicoleitzik, die im Finale über 200 Meter Startpech hatte, fehlten Nuancen, dass das Ergebnis in die andere Richtung ausschlagen hätte können.
Deshalb will Peters jetzt auch nach vorne schauen. Schon jetzt waren viele Nachwuchstalente dabei, um für weitere Großereignisse zu lernen. „Jule Roß mit Platz acht über 400 Meter und zwei Bestzeiten war ganz stark, sie hat ein Mammutprogramm absolviert, viel mitgenommen und ist eine Athletin für die Zukunft“, sagt die Bundestrainerin: „Lise Petersen und Merle Menje haben den Schwung von ihrem Debüt in Tokio mitgenommen und haben sich in der Weltspitze etabliert. Auch deren Leistungen sind dichter und stabiler geworden, sie sind erfahrener. Das gilt auch für Yannis Fischer. Ich sehe alle in ihrer Höchstleistungsphase in Los Angeles 2028 und darauf freue ich mich.“