Aktuelles von den Paralympics

Höhenluft für den Traum von Wintergold

Andrea Eskau sammelt Sommer- wie Winter-Medaillen

Andrea Eskau
Andrea Eskau

Von Gunnar Hassel

Jetzt aber wirklich. Die Absage für den geplanten Saisonauftakt im kanadischen Canmore am 8. Dezember war schon ärgerlich. Die ganze Vorbereitung war darauf ausgelegt, Trainingstiming, Abstimmung mit dem Arbeitgeber, Fitnesszustand… Aber der Deutsche Behindertensportverband ist, wie er selbst sagt, „finanziell nicht auf Rosen gebettet.“ Die Reise für das nur sechs Athleten umfassende nordische Skiteam zum ersten Weltcup in Übersee war einfach nicht drin. Und so beginnt der Schlussspurt auf die Paralympischen Spiele in Sotschi (8. bis 16. März) nun erst beim Weltcup am 7. Januar im finnischen Vuokatti - auch für Andrea Eskau.

Begonnen hat ihre Vorbereitung auf die Winterspiele eigentlich schon unmittelbar nach den Paralympics in London 2012, als die Handbikerin, Biathletin und Ski-Langläuferin bei den jeweils Gold im Zeitfahren und im Straßenrennen holte. Praktisch mit dem Ausklang der Nationalhymne machte Eskau in der englischen Hauptstadt klar: „Das hier ist wunderschön, aber von jetzt an zählt nur noch Sotschi.“

Die 42-Jährige ist eine Perfektionistin und sie ist ehrgeizig. Wobei, sagt sie, nicht die Farbe der Medaille entscheidend ist, sondern das Wissen, sich optimal auf den Wettkampf vorbereitet zu haben. Und das war vor ihrer Silbermedaille 2010 in Vancouver im Langlauf und Bronze im Biathlon in Vancouver nicht der Fall. „Man kann mich ruhig Perfektionistin nennen. Aber nach Vancouver habe ich mir gesagt, dass ich endlich mit dem Gefühl zu Winter-Paralympics fahren will: Mehr geht nicht“, so Eskau.

Spitzensport in drei unterschiedlichen Disziplinen, ein fester Job als Diplom-Psychologin am Bundesinstitut für Sportwissenschaften in Bonn und die alltäglichen logistischen Probleme, die ihre Querschnittslähmung nun einmal mit sich bringen – für Andrea Eskau sind dies positive Herausforderungen. Auch das letzte Detail soll stimmen, ein Rad exakt ins andere greifen. Und so verbrachte Eskau in diesem Jahr mehrere Tage bei Orthopädie-Meister Martin Rapp im Schwarzwald, um die Sitzfläche an Ihrem Schlitten perfektionieren zu lassen. „Der neue Schlitten sitzt perfekt, ähnlich wie eine Prothese. So habe ich auch bei Kurven und Abfahrten die optimale Kontrolle“, so Eskau.

Um gegen die größtenteils weit jüngere Konkurrenz bestehen zu können, arbeitet Eskau hart. Bereits sechs Mal absolvierte sie 2014 mehrtägige Trainingslager im Oberhofer Skitunnel. Zuletzt standen zudem täglich zweistündige Einheiten in künstlicher Höhenluft auf dem Programm. „In meinem Trainingsraum an der Kölner Sporthochschule herrschen Bedingungen wie auf 3.000 Meter Höhe. So kann ich auch in der Nähe meines Bonner Arbeitsplatzes unter sportartspezifischen Bedingungen trainieren“, lobt Eskau ihre Vorbereitung.

Erst nach den Biathlon-Wettbewerben beim vierten Weltcup vom 23. bis 26. Januar 2014 in Oberried wird Andrea Eskau richtig wissen, wie sie sich vor den Paralympics einzuordnen hat. Bleibt die Erfolgsallrounderin verletzungsfrei und ihrer Siegerinnenroutine treu, wird sie als klare Goldkandidatin in Langlauf und Biathlon in die vermutlich letzten Winter-Paralympics ihrer Karriere gehen. Ob sie im Erfolgsfall aber bereits beim Abspielen der Siegerhymne schon an Rio 2016 denkt, das ist eine andere Frage.