Aktuelles aus dem Behindertensport

Zwei Gruppen begegnen sich auf Augenhöhe

Rainer Schmidt im Deutschen Haus London bei der Moderation
Rainer Schmidt im Deutschen Haus London

In der neuesten Ausgabe „Fakor Sport“ kommt DBS-Botschafter Rainer Schmidt zum Thema Inklusion im Editorial zu Wort. Lesen Sie hier den gesamten Text im Wortlaut:

 

„Zwei Gruppen begegnen sich auf Augenhöhe. Beide haben noch nicht die

Lösung, aber suchen sie gemeinsam“

 

LIEBE FREUNDE DES SPORTS,

Sport und Inklusion, das ist ein großes Thema in diesem Jahr. Ich nutze die Chance, Ihnen kurz darzulegen, warum Inklusion im Sport gelingen kann. Aber nicht gelingen muss.

Inklusion, könnte man sagen, ist die Kunst des Zusammenlebens verschiedener Menschen. Auf Sport übertragen: Junge und Alte, Menschen mit Migrationshintergrund und die, die nur Deutsch sprechen – um das mal ein bisschen umzuwerten –, finden sich in einem Verein zusammen, weil sie sich dort austoben, spielen, Erfolgs- und Gemeinschaftserlebnisse haben können. Sie nehmen nicht nur teil - das wäre Integration: Eine „normale“ Gruppe sorgt dafür, dass die Benachteiligten mitmachen können –, sie haben auch teil: Zwei Gruppen begegnen sich auf Augenhöhe. Beide haben noch nicht die Lösung, aber suchen sie gemeinsam.

Inklusion muss von einer Erkenntnis ausgehen: In der UN-Behindertenrechtskonvention wird nicht mehr aufgeteilt in Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung, denn das ist eine medizinische Kategorie. Mediziner sagen: Der weicht von der Norm ab, der hat keine Hände, der ist behindert. Die Frage ist: Braucht der Sport diese medizinische Aufteilung?

Ich glaube, im Wettkampf hat Inklusion Grenzen. Es muss faire Klassen geben. Im Mannschaftssport etwa brauchen alle, die mitmachen, eine bestimmte Fähigkeit. Als Rollstuhlfahrer können Sie sich nicht in eine Fußball-Bundesligamannschaft einklagen, weil Sie dann auf Rechtsaußen stehen und darüber die Hütte vollkriegen. Denn es gibt ein Kriterium: Sie müssen sehr, sehr gut Fußball spielen. Andererseits: Warum nicht mal Tischtennismeisterschaften machen, bei denen Männer und Frauen zusammen antreten? Oder Wettkämpfe im Behindertensport und Nichtbehindertensport in einer Halle veranstalten?

Inklusion im Sport braucht Fantasie. Wir müssen begreifen, dass jeder Mensch Leidenschaft für den Sport entwickeln kann. Unsere Aufgabe ist es, ihm das gemeinschaftliche, gleichberechtigte Ausleben dieser Leidenschaft zu ermöglichen.