Aktuelles aus dem Behindertensport

Kongress „Wir bewegen ALLE“

Vom 11. bis 13. Dezember 2015 fand in Frankfurt am Main, der gemeinsame Kongress „Wir bewegen ALLE!“ der Deutschen Turnerjugend (DTJ), der Deutschen Sportjugend (dsj) und der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) statt. Er richtete sich sowohl an Anfänger, die noch nie mit dem Thema in Berührung gekommen sind, als auch an Experten im Thema „Vielfalt und Teilhabe“. Voneinander zu lernen, war das erklärte Ziel des Kongresses mit mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Der organisierte Sport in Deutschland beschäftigt sich nicht erst seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention mit gemeinsamen Sportangeboten für Menschen mit und ohne Behinderung. Eine Vielzahl von Konzepten, Programmen, Angeboten und Maßnahmen existiert bereits in den unterschiedlichen Sportstrukturen.

Einige von ihnen wurden beim Kongress am vergangenen Wochenende in Frankfurt am Main innerhalb der Sportpraxis oder als Good Practice-Beispiele vorgestellt und diskutiert, wie z.B. Kinderturnen, Trampolinturnen, Karate, Rollstuhlsport, das Buddy-Sportabzeichen, Kinderleichtathletik, Fußball und Rollstuhlsport. Zum Einstieg konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich selbst erfahren und einzelne Angebote aus dem Repertoire des Projekts „Die Aufklärer – Handicapsport bewegt Schule“ selbst ausprobieren und die Erfahrung machen,  welch großes Hindernis selbst die kleinste Schwelle bedeuten kann.

Das Motto des gemeinsamen Kongresses könnte nicht besser als mit dem Lied von Reinhard Horn beschrieben werden, mit dem auch die Veranstaltung eröffnet wurde: „Ich bin klasse, so wie ich bin. Ja, ich schaff das, ich kriege das hin.“
Auch für Lars Pickardt, den Vorsitzenden der Deutschen Behindertensportjugend, steht das Individuum, das einzelne Kind im Mittelpunkt. Er sagte: „Inputs und Ideen können wir geben, aber am Ende ist das Kind der Experte.“

Kerstin Holze, Vorsitzende der Deutschen Turnerjugend, ist der Meinung, dass Kinder bereits bei der motorischen Grundausbildung von Anfang an die Erfahrung machen sollten, dass es Vielfalt gibt.

Peter Joseph vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der die Grüße von Schirmherrin Manuela Schwesig überbrachte,  zeigte sich in einem offenen und nachdenklich stimmenden  Vortrag beeindruckt von der Vielzahl der Angebote und lobte die familiäre Atmosphäre des Kongresses. Er sagte: „Ein Ziel des Kongresses könnte sein, dass Kongresse dieser Art überflüssig werden.“ Es brauche neben den rechtlichen und finanziellen Grundbedingungen vor allem Menschen, die Inklusion umsetzen. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erwartete er, dass diese das Thema nach außen tragen. Er sagte: „Der Sport kann hier eine Vorreiterrolle einnehmen.“

Prof. Dr. Thomas Abel von der Sporthochschule Köln stellte ein Projekt unter dem Titel „Rückenwind“ vor, bei dem Kindern, die im Rollstuhl sitzen, das Radfahren ermöglicht wurde. Die Kinder erfuhren die Selbstwirksamkeit von Sport und Bewegung und einen Anstieg des Selbstbewusstseins durch erhöhte individuelle Mobilität. Auch hier hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, ein Handcycle auszuprobieren.

Zum Thema Partizipation präsentierten die Deutsche Behindertensportjugend und die Deutsche Sportjugend ihre Engagement-Formate innerhalb eines Workshops. So bildet die Deutsche Sportjugend seit dem Jahr 2015 Juniorbotschafterinnen und Juniorbotschafter für Teilhabe und Vielfalt aus.

Anders als Peter Joseph ist Katja Lüke, Referentin für Inklusion im und durch Sport im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der Meinung, dass auch ohne persönlichen Zugang jede/-r von Inklusion betroffen ist. Auch hier gab es neben der Wissensvermittlung über die UN-Behindertenrechtskonvention erlebbare Inhalte, die zeigten, dass ausgeschlossen zu sein, nicht unbedingt etwas mit Behinderung zu tun haben muss.

Die Podiumsdiskussion, moderiert von Prof. Dr. Thomas Abel, mit Jan Holze, Lars Pickardt, Kerstin Holze, Dr. Rainer Eckert (Sportkreis Frankfurt), Hans-Peter Durst (Paracycling, Radsport für Menschen mit Behinderung), Michaela Engelmeier (MDBundestag)  zum Thema „Vielfalt und Teilhabe im Kinder- und Jugendsport: Sind wir auf dem richtigen Weg?“ zeigte, dass Inklusion finanzielle Ressourcen und weitere Ressourcen bei der Ausbildung und der personellen Ausstattung benötigt. Die Politik müsse die Rahmenbedingung schaffen und entsprechende Ausbildungsinhalte müssten in die Sportlehrer/-innen-Ausbildung und die Übungsleiter/-innen-Ausbildung aufgenommen werden. Lars Pickardt wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Deutsche Behindertensportjugend Fachwissen und Know how zur Verfügung stellen kann.

Prof. Dr. Thomas Abel  fasste die Diskussion so zusammen: „Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Dass wir noch viel vor uns haben, sei klar.

Beim Kongress wurde außerdem der dsj-Bewegungskalender 2016 zum Thema Inklusion, der zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit Reinhard Horn mit Musik herausgegeben wird, vorgestellt. Der  Kalender ist kostenfrei über die Deutsche Sportjugend unter www.dsj.de/Publikationen zu beziehen.