Aktuelles aus dem Behindertensport

Interview mit Verena Bentele zu JTFP

Nach zwölfmal Gold bei Paralympics in den Disziplinen Biathlon und Skilanglauf der Blinden gehört Verena Bentele zu den erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen. Ob als Vorbild, Botschafterin oder Funktionärin – Bentele erfüllt Ihre vielfältigen Rollen im Behindertensport mit großem Engagement und Spaß an der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Mit uns sprach sie über den Schulwettbewerb „Jugend Trainiert Für Paralympics“ und ihre eigenen Erfahrungen mit dem Schulsport.

Frau Bentele, am 29. Februar 2012 begleiteten Sie in Schonach einen „Jugend Trainiert Für Paralympics“-Demowettbewerb im Skilanglauf für sehbehinderte und blinde SchülerInnen. Wie kam der 2-KM-Wettbewerb an?
Sehr gut, wir haben ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten. An dem Wettkampf nahmen zwölf Jungs und acht Mädchen teil. Unser Ziel ist es, die Disziplin zu einem festen Bestandteil des Wettbewerbs „Jugend Trainiert Für Paralympics“ zu machen. Aufgrund der breiten Rückendeckung haben wir dieses Ziel für 2013 erreicht.

Jugend Trainiert Für Paralympics ist ja ein reiner Schulwettbewerb. Wie haben Sie selbst früher den Schulsport empfunden?
Ich besuchte als Kind und Jugendliche reine Blindenschulen. Dadurch hatte ich immer gut ausgebildete Sonderschul-Sportlehrer. Außerdem brachte ich schon aus der Familie viele positive sportliche Erlebnisse mit. Ich habe mit dem Schulsport also immer gute Erfahrungen gemacht.

Haben Sie damals Wettbewerbsmöglichkeiten wie JTFP vermisst?
Bei uns in Baden-Württemberg gab es das Landeschulsportfest in der Leichtathletik als jährliches Highlight. Und ich war bereits früh im Vereinssport aktiv. Für Kinder und Jugendliche ohne familiären Draht zum Sport wäre es aber eine super Möglichkeit gewesen, sie an den Sport heranzuführen. Zu oft hängt es doch von den jeweiligen Sportlehrern ab, ob und wie gefördert wird und ob eine Zusammenarbeit mit einem Behindertensportverein erfolgt.

Können Schulwettbewerbe noch mehr Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zum Leistungssport führen?
Es ist ganz einfach: Wettkämpfe motivieren! Sie wecken den Ehrgeiz – und allein durch das Ziel Wettkampfteilnahme erhöht sich der Trainingsaufwand, und damit die Zeit, die mit Sport verbracht wird. Ich persönlich würde mich über jedes junge Talent freuen, das seinen Weg in den Leistungssport der Behinderten findet. Genau so freue ich mich jedoch auch über jeden Schüler der durch den Wettbewerb den Schulsport mit mehr Freude und Elan angeht, das ist schon ein toller Effekt. In jedem Fall ist ein Wettbewerb ideal, um seine Grenzen auszutesten. Daran wachsen Kinder und Jugendliche.

Wo liegen im Behinderten-Schulsport die Grenzen für das Lehrpersonal?
Hier muss man dringend zwischen Regelschulen und Behindertenschulen unterscheiden. An einer reinen Blindenschule, wie ich sie besuchen konnte, haben viele Sportlehrer eine Sonderschulausbildung. Außerdem besteht aufgrund der kleinen Schulklassen eher die Möglichkeit, individuell zu fördern. Engagierte Lehrer können auch ihr Wissen über Vereinssport-Möglichkeiten im Umkreis einbringen.  Problematischer wird es, wo einzelne Kinder mit Behinderungen in Regelschulen integriert werden.

Kann Schulsport denn auch einen kontraproduktiven Effekt auf behinderte Kinder und Jugendliche haben?
Es kommt immer auf die Umstände an. Aber wenn das entsprechende Lehrpersonal fehlt, ist oftmals schon die Teilnahme am Sportunterricht ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt. Solche Erlebnisse des Misserfolgs und das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, sind natürlich negativ für das Selbstbewusstsein. Das Wichtigste ist also, überhaupt dabei zu sein, sich sportlich betätigen und messen zu können. Um das klarzustellen: Es gibt auch an Regelschulen Lehrkräfte, die motiviert und dafür ausgebildet sind, Kinder mit Behinderungen im sportlichen Bereich zu fördern. Aus meiner Erfahrung sind die Bedingungen zum Beispiel an reinen Blindenschulen aber im Moment meist besser.

Behinderte und nicht behinderte Sportler in einem Wettbewerb – ist der inklusive Gedanke auch ein Ziel für „Jugend Trainiert Für Paralympics“?
Der Wettbewerb ist ja nun erst im dritten Jahr und für die Wintersportarten gab es jetzt erstmals einen Demonstrationswettbewerb im Skilanglauf der Sehbehinderten und Blinden. Wir wollen also einen Schritt nach dem anderen machen. Was ich aber ungemein wichtig finde, ist, dass alle Sportler, ob behindert oder nicht, ihre Wettbewerbe an einem Ort austragen, damit haben wir einen wichtigen Schritt in der Inklusion geschafft. Das Winter-Bundesfinale von JTFO hat dies bewiesen. Es war einfach schön zu erleben, wie unser Mitmachangebot „Blinden-Biathlon für sehende und blinde Schüler“ begeistert angenommen wurde und wie viel Anerkennung die blinden Teilnehmer am Demolauf erhalten haben. Die blinden Schülerinnen und Schüler haben jedoch auch den sehenden Wettkämpfern begeistert zugeschaut und sich über ihre Erfahrungen im Rennen ausgetauscht.

Werden Sie dem Wettbewerb „Jugend Trainiert Für Paralympics“ also verbunden bleiben?
Ich werde auf jeden Fall rund um den JTFP weiter aktiv bleiben. In welchem Umfang und in welcher Funktion, wird sich zeigen.