Aktuelles aus dem Behindertensport
„Ich bin eine Powerfrau“
Ilke Wyluddas Weg nach Rio führt über Berlin
Dr. Ilke Wyludda sagte in einem Interview mit dem Tagesspiegel über sich selbst: „Ich bin eine Powerfrau“. Das muss man wohl sein, wenn man etwas Besonderes im Behindertensport sein will. Ilke Wyludda war 1996 in Atlanta Olympiasiegerin im Diskuswurf der Frauen, mit 69,66m. Ihre Bestleistung mit dem 1-kg-Diskus steht offiziell bei 74,56m – nur eine Frau auf der Welt warf je weiter als sie: ihre ehemalige Nationalmannschaftskollegin Gabi Reinsch bei deren Weltrekord von 76,80m.
2001 beendet Ilke Wyludda ihre Karriere, nach einer langen Odyssee von Verletzungen und Operationen. Im Dezember 2010 folgte die Amputation von Unterschenkel und Kniegelenk nach einem bakteriellen Infekt. Und dann die Rückkehr genau in den Ring, aus dem sie früher mit der für sie typischen Hacke-Ballen-Drehung mehrfach über 70m warf. Jetzt allerdings auf einem Spezial-Wurfhocker sitzend, arretiert an einer Spezialplatte, die in dem Wurfring befestigt ist. Wurfgefühl hat sie natürlich noch immer, aber zum Werfen ohne Beineinsatz („Früher hat der Trainer immer gesagt, ich werfe ohne Beine. Jetzt werfe ich tatsächlich ohne Beine, aber das Gleiche ist es trotzdem nicht.“) kommt nun auch noch das Fehlen jeglicher Hüftspannung hinzu. Und natürlich die lange zehnjährige Trainingsabstinenz.
Bei der Weltmeisterschaft 2015 im letzten Jahr in Doha hat sie jedoch bei ihrer neuen Spezial-Disziplin, dem Kugelstoßen, erstmals eine Bronzemedaille gewonnen. Ihre frühere Spezial-Disziplin, das Diskuswerfen, hat sie komplett hintenangestellt, zu groß sind hier ihre Einschränkungen im Vergleich zur mächtigen Konkurrenz in ihrer Klasse F57 vor allem hinsichtlich der Rumpfbeweglichkeit und der Rotationsfähigkeit.
Dr. Ilke Wyludda hat langfristige Ziele vor Augen: erstmalig überhaupt könnte es einer Sportlerin gelingen, Olympia-Siegerin und dann Paralympics-Siegerin zu werden. Hoffentlich in Rio de Janeiro im September dieses Jahres. Sollte sie am 1. August vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) in Berlin nominiert werden, wird sie gleich am ersten Wettkampftag, dem 8. September, mit ihrem Hauptwettkampf, dem Kugelstoßen, beginnen.
Da ihr bisheriger Verein, die Halleschen Leichtathletik-Freunde, sich nicht mehr im Leistungssport engagiert, ist sie in diesem Jahr zum Paralympischen Sport Club Berlin (PSC) gewechselt.
„Ich freue mich riesig auf die Zusammenarbeit mit Ilke in der Zukunft, die jetzt auch offiziell bei uns im PSC Berlin ist. Das wird das Wurfteam mit ihr, Marianne Buggenhagen und Marie Hawkeswood noch enger zusammenschweißen, das sich ja eh schon in 2015 super ergänzt hatte und bei der WM in Doha fünf Medaillen gewann. Ich denke wir können dadurch im Rio-Jahr noch mehr gemeinsame Trainingslager sicherstellen, so dass es uns gelingen wird, beim Saisonhöhepunkt Paralympics Jahresbestleistung zu erzielen“, so PSC-Präsident Dr. Ralf Otto, der 2016 für den Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin (BSB) erstmals in den Ausschuss Leistungssport beim Landessportbund Berlin berufen wurde.
„Ilke`s Schwerpunkt wird auch in 2016 eindeutig das Kugelstoßen und nicht der Diskus sein. Viele vergessen ja immer das Ilke nicht nur Diskus-Olympiasiegerin war, sondern auch Weltklasse im Kugelstoßen mit einer Bestleistung von über 20 Metern.“
Derzeit befinden sich 32 Sportler und Sportlerinnen aus Berlin im Perspektivkader für die Paralympics in Rio. Nicht alle werden es nach Rio schaffen. Um aber unter anderem die Trainingslager der Berliner Sportler und Sportlerinnen unterstützen zu können, hat der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin (BSB) zusammen mit dem „Berliner Wirtschafts-Gespräche e. V.“ die Aktion „Ungehindert. de Janeiro. Team Berlin 2016“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Wettbewerbs-Fähigkeit Berliner Sportler und Sportlerinnen zu steigern. Betriebe, aber auch Privatpersonen können ab sofort offizieller Partner der Kampagne werden. Weitere Informationen gibt es unter: http://rio.bsberlin.de/
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