Aktuelles vom Deutschen Behindertensportverband
Paralympische Athlet*innen kritisieren ungleiche Teilhabechancen von Menschen mit Behinderung

Weniger als ein Drittel der befragten Para Sportler*innen sehen für Menschen mit Behinderung gleichberechtigte Teilhabechancen am Breitensport. Das zeigt eine gemeinsame Studie der Aktion Mensch und der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) zum Einfluss der Paralympics Paris 2024 auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung. Befragt wurden drei Zielgruppen zu drei Zeitpunkten: Paralympische Athlet*innen, Menschen aus der Bevölkerung und Menschen mit Behinderung ab 16 Jahren vor, während und nach dem Sportgroßereignis.
Die Ergebnisse, die anlässlich der Ehrung der Para Sportler*innen am 12. April veröffentlicht werden, werfen ein negatives Licht auf den Stand der Inklusion im Sport. Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen wie Kultur oder Soziales bewerten die Befragtengruppen im Durchschnitt die Teilhabechancen im Sport am schlechtesten. Die Paralympischen Athlet*innen sehen ihre eigenen Teilhabechancen mit 82 Prozent dabei deutlich positiver als dies bei Menschen mit Behinderung im Allgemeinen mit nur 46 Prozent Zustimmung der Fall ist. Die Studie verdeutlicht damit einmal mehr: Auch 16 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die den Sport als wesentliches Element von Teilhabe festschreibt, gibt es keine gleichberechtigte sportliche Teilhabe.
Keine Gleichberechtigung
Nur ein Viertel der befragten Para Sportler*innen sieht bei paralympischen und olympischen Athlet*innen die gleichen Chancen, am Leistungssport teilzuhaben. Die Mehrheit der paralympischen Athlet*innen bemängelt den Zugang zu Sportangeboten, Trainingsinfrastruktur und Sponsoren, die für die Ausübung von Spitzensport notwendig sind. Nur jeweils elf Prozent bewerten den Zugang zu Sportangeboten und Sponsoren und nur 18 Prozent zur Trainingsinfrastruktur positiv. Während und nach den Paralympischen Spielen bewerteten die Para Sportler*innen den Zugang zu Sponsoren am schlechtesten: Keine*r der Befragten sieht hier gleichberechtigte Chancen für Olympische und Paralympische Athlet*innen.
Para Sportler*innen als Vorbilder für eine inklusive Gesellschaft
Mehr als zwei Drittel aller Befragten sehen Para Sportler*innen als wichtige Vorbilder für eine vielfältige und inklusive Gesellschaft – sowohl für Menschen mit als auch ohne Behinderung. „Es ist wichtig, die positive Wirkung der Paralympischen Spiele für den inklusiven Breitensport zu nutzen und barrierefreie Sportangebote bereits für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Nur wenn wir Inklusion im Sport von Anfang an fördern und leben, stärken wir junge Menschen und beugen Diskriminierung aktiv vor“, kommentiert Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.
Inklusion vorantreiben, Diskriminierung abbauen
Über zwei Drittel der Befragten mit und ohne Behinderung halten die Paralympics aufgrund der erhöhten Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung für einen unverzichtbaren Baustein gegen Diskriminierung. „Die Paralympics sollten den Olympischen Spielen in Struktur und Bedeutung in nichts nachstehen. Wir müssen die paralympische Bewegung weiter stärken und die Berichterstattung mit den großartigen Geschichten der Athletinnen und Athleten ausbauen. Paralympische Sportlerinnen und Sportler sind wichtige Vorbilder – sie sind Brückenbauer in unserer Gesellschaft. Sie inspirieren, bauen Vorurteile ab und zeigen, dass mit Entschlossenheit und der richtigen Einstellung alles möglich ist”, erklärt Niko Kappel, Paralympics-Kugelstoßer und Weltrekordhalter.
Über die Studie „Paralympische Spiele und Inklusion“
Die Aktion Mensch und die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) haben in drei Erhebungszeiträumen – vor, während und nach den Paralympics Paris 2024 – drei Zielgruppen online befragt: Paralympische Athlet*innen, Menschen aus der Bevölkerung und Menschen mit Behinderung ab 16 Jahren. Beteiligt haben sich pro Erhebungszeitraum 700 Teilnehmer*innen des Online-Access-Panels, zwischen 305 und 313 Menschen mit Beeinträchtigung aus der Teilhabe-Community sowie 45 von 143 Paralympischen Athlet*innen, die über den Deutschen Behindertensportverband (DBS) kontaktiert wurden. Die Studie geht der Frage nach, wie sich Inklusion im und durch Sport umsetzen und verbessern lässt. Bei der Teilhabe-Community handelt es sich um das erste Umfrage-Panel im deutschsprachigen Raum, das ausschließlich aus Menschen mit Behinderung besteht: www.aktion-mensch.de/teilhabe-community