Aktuelles vom Deutschen Behindertensportverband
Para Kanu: Vom Boot auf die Skier

Das Projekt mit dem Titel „Exzellenzcluster Ausdauer“ ist bereits in vollem Gange. Ziel ist unter anderem eine sogenannte Zwei-Sportarten-Periodisierung, zusammengesetzt aus Para Winter- und Para Sommersportarten. Ebenso kann es als Trainingsmittel oder Talenttransfer genutzt werden. In Freiburg werden für die Umsetzung optimale Bedingungen geschaffen. Für die Para Kanuten ging es daher für einen Para Langlauf-Lehrgang in den Schwarzwald.
Freiburg – eine Stadt, in der der Sport und die Förderung des paralympischen Sports großgeschrieben wird. Seit 2018 gibt es den Bundestützpunkt Para Ski nordisch. Der Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald bestehend aus einem Internat, mehreren Eliteschulen, sportmedizinische Unterstützung und Trainingsstätten – all das schafft optimale Bedingungen für die Förderung der Athlet*innen. Mit ihnen strebt der DBS eine Zwei-Sportarten-Periodisierung an, mit dessen Trainingsreizen die Leistungsentwicklung in verschiedenen Sportarten gefördert werden soll.
Die mehrfache Paralympics-Siegerin Andrea Eskau macht‘s vor. Ein Paradebeispiel einer erfolgreichen Athletin, die im Para Radsport und Para Ski nordisch seit Jahren in der Weltspitze mit dabei ist. Das Projekt trägt den Namen „Exzellenzcluster Ausdauer“ und wird von Rainer Kiefer geleitet.
Vor zwei Jahren fiel der Startschuss, seither ist viel passiert. Rainer Kiefer berichtet: „Es läuft sehr gut, wir haben einige Sportler*innen gefunden. Vor allem gibt es mehr Vernetzung und Kontakte unter den Bundestrainer*innen sowie den Athlet*innen. Es entstehen Symbiosen, das ist sehr schön zu verfolgen.“ Der Austausch sei sehr wichtig und stärke das gesamte System des Para Sports. Im Nachgang erklärt der Projektleiter wie eine Doppelbelastung überhaupt funktionieren kann: „Vorteil im Para Sport und gleichzeitig auch ein großer Nachteil sind die wenigen Wettkampftage im Jahr. Daher auch der Anstoß, mehr Disziplinen auszubilden. Warum nicht mehr Wettkämpfe, wenn sich in anderen Sportarten welche finden?" Zudem könne das Projekt auch als Trainingsmittel genutzt werden. "Das ist für alle Ausdauersportarten sinnvoll und ein Mehrwert. Wir haben bereits erleben dürfen, dass das Exzellenzcluster sehr spannende Entwicklungen anstoßen kann - in Ausnahmefällen sogar bis hin zu einem Talenttransfer. So kann beispielsweise bei fehlender Perspektive in der einen Sportart eine neue Tür in einer anderen Sportart geöffnet werden, entsprechend der individuellen Fähig- und Fertigkeiten der Athlet*innen", berichtet Kiefer.
Mit Para Kanu ergibt sich eine weitere vielversprechende Sportart, mit der eine Doppel-Periodisierung angestrebt wird. Mit sechs Sportler*innen trat Para Kanu-Bundestrainer André Brendel einen Lehrgang am Bundesstützpunkt am Notschrei bei Freiburg im Schwarzwald an. Der Bundestrainer zeigte sich anschließend begeistert: „Es ist ein sehr schönes Projekt. Die Trainingsmöglichkeiten und das bereit gestellte Material sind optimal. Wir waren fünf Tage unterwegs, um die Sportart besser kennenzulernen und uns mit der Technik vertraut zu machen. Die ersten beiden Tage hatten wir traumhaftes Wetter, danach gab es leider viel Nebel und es hat ein wenig geregnet.“ Abgeneigt von weiteren Lehrgängen ist er nicht: „Wenn es sich ergibt, kommen wir gerne auch für längere Lehrgänge wieder."
Dennoch: Para Kanu in das Projekt Exzellenzcluster zu integrieren, sei keine leichte Aufgabe. Das Belastungsprofil von 60 bis 90 Sekunden im Para Kanu ist weit weg von dem, was im Langlauf über mehrere Kilometer hinweg gefahren wird. Ein großes Problem ist auch die Materialanschaffung zu Beginn, da die Lehrgangsmittel begrenzt sind. Zudem steht alsbald der Einstieg in die Sommer-Saison wieder an. Brendel: „Es ist ein Prozess, der Zeit braucht, aber sehr vielversprechend ist.“
Dabei betont der Para Kanu-Bundestrainer, dass es keineswegs eine Pflicht sei, zwei Sportarten zu bedienen. Für alle Beteiligten stehe das Wohl der Athlet*innen an erster Stelle. „Wenn jemand Blut geleckt hat, unterstützen wir, wo wir können“, sagt Brendel. Für ihn seien vor allem die Kontakte und das Netzwerk von großer Relevanz. Dennoch freue er sich über die Möglichkeiten des Skilanglaufs als Ausgleich und Ergänzung zum Para Kanu-Training.
Mit Johanna Pflügner ist bereits eine Para Kanutin im Team, die mit Para Ski nordisch eine weitere Leidenschaft gefunden hat und großes Potenzial mitbringt. Die 20-Jährige war ebenfalls beim Lehrgang dabei. Sie hat sich nun sogar einen Schlitten bauen lassen. Des Weiteren sei insbesondere die Nachwuchsförderung wichtig, betont Rainer Kiefer. „Die jüngeren Athlet*innen sollen interdisziplinär gefördert werden, um eine breitere Basis und mehr Ausgleich zu schaffen.“
Bundestrainer Brendel resümiert: „Wir sind dankbar für die Möglichkeiten. Danke vor allem an den DBS und das Exzellenzcluster mit Projektleiter Rainer Kiefer und Trainingswissenschaftler Mathis Berg, ohne die eine Umsetzung nicht möglich gewesen wäre."
Hier gibt es weitere Informationen zum Exzellenzcluster Ausdauer.
Text: Wiebke Ritter / DBS