Aktuelles vom Para Radsport im Deutschen Behindertensportverband
Inklusive WM vereint Para- und Elite-Radsport in Zürich
Olympiateilnehmende, Paralympics-Sieger*innen und Weltmeister*innen sind bei der erstmals gemeinsam ausgetragenen UCI Rad- und Para Radsport-Straßen-WM 2024 in Zürich (21. bis 29. September) am Start. Elf Sportler*innen gehen für das deutsche Para Radsport-Nationalteam auf Medaillenjagd. Trotz kurzer Vorbereitungszeit nach den Paralympics ist die Vorfreude groß.
Für Gregor Lang steht bei den Weltmeisterschaften eine Art Heimspiel an. Seit einigen Jahren lebt der Para Radsport-Bundestrainer mit seiner Familie in Basel und hat daher die kürzeste Anreise aller deutschen Delegationsmitglieder. „Wir freuen uns sehr, dass die Straßen-Weltmeisterschaften dieses Jahr als inklusive Veranstaltung mit anspruchsvollen, aber auch wunderschönen Strecken im Herzen von Zürich stattfinden.“ Eine inklusive Weltmeisterschaft hatten Lang und sein Team bereits 2023 auf der Bahn in Glasgow erlebt, wo das Miteinander zwischen Para- und Elite-Radsport gut funktionierte. Die Straßenwettbewerbe im Para Sport damals fanden jedoch im südlich gelegenen Dumfries statt. „Es ist eine Ehre für uns, an der inklusiven WM teilzunehmen und den Para Radsport auf diesem hohen Niveau zu vertreten. Die Paralympics in Paris haben wir zwar noch in den Beinen, aber je näher das Event rückt, desto größer wird die Motivation.“
Lang nimmt elf Athlet*innen mit nach Zürich. Die Strecken hat er bereits im Sommer besichtigt und kennt die Herausforderungen gut. „Es wird unterschiedliche Strecken für die verschiedenen Wettbewerbe und Startklassen geben, was die Rennen abwechslungsreich macht. Es wird alles recht zentral in der Stadt sein, was uns die Chance gibt, auch im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen.“
Paralympics-Bronzemedaillengewinnerin wird starten
Die WM wird gut zweieinhalb Wochen nach den Paralympics in Paris ausgetragen. Es gibt keine Qualifikation und keine Punkte zu gewinnen. „Sie steht auch international etwas weniger im Fokus und bleibt dennoch von großer Bedeutung“, sagt Lang. „Für einige Athlet*innen, die in Paris nicht starten konnten, ist das eine großartige Gelegenheit, sich zu zeigen. Der Kurs in Zürich ist anspruchsvoll, mit schnellen Abfahrten und engen Kurven. Es wird für einige in unserem Team ein weiterer Höhepunkt ihrer langen Karriere sein oder eine Möglichkeit, sich wieder für den Kader zu empfehlen.“
Einige Paralympics-Medaillengewinner*innen gehen bei der WM nicht an den Start, darunter die Zweirad-Fahrer Michael Teuber, Matthias Schindler und Maike Hausberger. Sie erhalten die Chance, sich zu regenerieren und dann auf die kommende Saison vorzubereiten.
Für andere Edelmetall-Gewinnerinnen von Paris ist es die nächste Gelegenheit, die Medaillenjagd fortzusetzen - Handbikerin Annika Zeyen-Giles ist eine davon. Die amtierende Weltmeisterin vom SSF Bonn, die in Paris zwei Bronzemedaillen (Zeitfahren und Straßenrennen) gewonnen hat, nutzt derzeit jeden Tag bis zum Start am Samstag, um sich körperlich und mental zum wiederholten Mal in Topform zu bringen: „Ich bin nach wie vor sehr glücklich über die beiden Paralympics-Medaillen und darüber, dass ich im verregneten und dadurch sehr gefährlichen Straßenrennen gesund und heil durchgekommen bin“, sagt die 39-Jährige aus Hennef bei Bonn. „So kurz nach den Paralympics merke ich noch eine gewisse Müdigkeit. Es ist wichtig, die richtige Balance zwischen regenerativen und intensiven Einheiten mit weniger Umfang zu finden, wenn zwei so bedeutende Events kurz hintereinander stattfinden.“
Zeyen-Giles ist nicht nur in ihren Einzelrennen eine der Favoritinnen, sondern hat mit Vico Merklein und Johannes Herter auch Chancen, im Team Relay der Handbiker*innen vorne mitzumischen. Die Vorfreude bei ihr ist in jeder Hinsicht groß. „Ich freue mich sehr auf das Straßenrennen. Die Strecke mit ihren Anstiegen und gut 300 Höhenmetern passt besser zu mir als das Zeitfahren auf sehr flachem Kurs. Auch sportlich wird es in Zürich fairer zugehen als in Paris, da wir nicht in kombinierten Startklassen fahren und gewertet werden. Besonders freue ich mich auf unser Team Relay, das als Auftaktrennen stattfindet.“
Für Zweiradfahrer Steffen Warias (C3) vom BSV München, der in Paris nicht am Start war, kommt die WM nach einem trainingsintensiven Sommer zur richtigen Zeit: „Mein vierter Platz bei der WM in Schottland hat damals leider nicht für Paris gereicht. Ich habe mich im Sommer sehr gut auf die WM vorbereitet und werde in Topform am Start stehen“, sagt Warias (39). Die Strecken habe er bereits im Vorfeld besichtigt. „Ich sehe das nicht als Trostpflaster, ganz im Gegenteil. Es ist ein historisches Ereignis, bei dem ich zusammen mit den absoluten Topstars des Radsports an der Straßen-WM teilnehmen darf. Dass meine Familie live dabei sein kann, ist ein weiteres Highlight. Ich hoffe umso mehr, dass ich im Straßenrennen um das Podium mitkämpfen kann. Die anspruchsvolle Strecke mit einigen Anstiegen sollte mir gut liegen.“
Bundestrainer Lang sieht mehrere Medaillenchancen für das deutsche Team. Auch auf dem Dreirad stehen die Chancen gut. Paralympics-Teilnehmer und Zeitfahr-Weltmeister Maximilian Jäger (24 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus) geht ebenso ins Rennen wie die WM-Silbermedaillengewinnerin im Straßenrennen von 2023, Angelika Dreock-Käser (48 / Bremervörde / BPRSV Cottbus). Jana Majunke (WM-Bronze im Straßenrennen) fällt hingegen krankheitsbedingt aus. Für den Zweirad-Fahrer Pierre Senska bietet die WM die nächste Gelegenheit, endlich eine Medaille zu gewinnen – bei den Paralympics musste er reihenweise vierte Plätze auf der Bahn und der Straße hinnehmen.
Text: Jessica Balleer / DBS
Das deutsche Aufgebot der Para Radsport-WM 2024:
Kerstin Brachtendorf (52 / Mending / BRSV Cottbus), Julia Dierkesmann (57 / Merzhausen / GC Nendorf), Angelika Dreock-Käser (48 / Bremervörde / BPRSV Cottbus), Andrea Eskau (53 / Apolda / USC Magdeburg), Johannes Herter (40 / Lemgo / RSV Tempoliema), Maximilian Jäger (24 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus), Vico Merklein (46 / Berlin / GC Nendorf), Manuel Scheichl (42 / Rottenmünster / BVS München), Pierre Senska (36 / Berlin / BPRSV Cottbus), Steffen Warias (39 / Allschwil / BSV München), Annika Zeyen (39 / Hennef / SSF Bonn)