Aktuelles vom Para Radsport im Deutschen Behindertensportverband
Para Radsport-WM: Handbikerinnen sorgen für Medaillen im Minutentakt
Einen kompletten Medaillensatz gewannen die deutschen Handbikerinnen bei den Para Radsport-Weltmeisterschaften 2024 in Zürich (20-29. September) am vierten Wettkampftag im Einzelzeitfahren: Annika Zeyen-Giles (H3) wurde Weltmeisterin. Andrea Eskau (H5) fügte ihrer beachtlichen Medaillensammlung WM-Silber hinzu. Ein Überraschungserfolg gelang Julia Dierkesmann (H4), die Bronze holte. Dreiradfahrerin Angelika Dreock-Käser (T2) rundet den erfolgreichen Tag mit Bronze ab.
Gute Nachrichten produziert Handbikerin Annika Zeyen-Giles in diesem Jahr am laufenden Band: Nach zwei Bronzemedaillen bei den Paralympics in Paris holte sich die 39-Jährige in Zürich den Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren. „Ich habe heute absolut nicht damit gerechnet. Lauren Parker habe ich noch nie in einem Zeitfahr-Wettbewerb geschlagen. Die WM war wohl die beste Gelegenheit, das mal zu ändern“, sagte Zeyen-Giles (SSF Bonn). Die Deutsche gewann mit einer Zeit von 29:06,34 Minuten und war damit satte 10,81 Sekunden schneller als die Australierin Parker. Vom Startschuss an habe sie sich gut gefühlt, trotz der kurzen Regenerationszeit zwischen der WM und den Paralympischen Spielen. „Es lief von Beginn an sehr gut. Unser Bundestrainer Gregor Lang war per Funk im Begleitfahrzeug die ganze Zeit mit dabei und hat sehr gute Ansagen gemacht. Jetzt freue ich mich einfach riesig“, sagte die Henneferin, die auch die inklusive WM lobte, bei der Elite- und Para-Sportler*innen an einem Ort fahren. „Bei diesem tollen Event hier Weltmeisterin werden zu können, ist einfach grandios. Die Organisatoren machen einen großartigen Job. Und für mich persönlich hat sich die harte Arbeit der vergangenen Jahre ausgezahlt.“
Dierkesmann bestätigt gute Form
Acht Mal konnte Andrea Eskau (53) in ihrer Karriere bereits ein Zeitfahren bei einer WM gewinnen. 2023 wurde sie WM-Dritte im Zeitfahren und im Straßenrennen – und in Zürich gelang der achtmaligen Paralympics-Teilnehmerin nun mit WM-Silber der nächste Coup. Sie absolvierte die 18,8 Kilometer in 30:25,24 Minuten. Die neue Weltmeisterin Chantal Haenen aus den Niederlanden bewies mit ihrer Zeit (28:48,17), dass sie momentan in einer eigenen Liga fährt. Riesenjubel brach am Dienstagmittag auch bei der dritten deutschen Handbikerin im Zielbereich auf: Julia Dierkesmann (57) belegte überraschend Rang drei und holte sich WM-Bronze: „Es ist wirklich unglaublich. Ich bin die Älteste im gesamten Feld und habe nur zwei Jahre Erfahrung in diesem Sport. Ich wusste, ich kann es schaffen, wenn alles gut läuft. Gehofft habe ich auch, aber erwartet hätte ich das sicher nicht“, sagte die Athletin des GC Nendorf. Angedeutet hatte sich, dass die Niedersächsin eine gute Form hat: Beim Weltcup in Maniago schaffte sie es erstmals im Zeitfahren auf das Weltcup-Podium und wurde Dritte.
Manuel Scheichl (H2) darf zufrieden auf seinen fünften Platz blicken. Der 42-Jährige vom BSV München zeigte eine solide Leistung (32:46,42 Minuten), blieb aber ohne Chance auf einen Podestplatz. Für seine männlichen Teamkollegen lief es nicht ganz rund. Vico Merklein (H3) belegte Rang 13 (26:40,12 Minuten). Johannes Herter wurde 15. (26:57,35). Beide hatten im Mixed Team Relay, zusammen mit Zeyen-Giles, zum Auftakt der WM den vierten Rang belegt.
Mit dem Dreirad sind am Dienstagnachmittag noch Maximilian Jäger und Angelika Dreock-Käser jeweils über 11,3 Kilometer in der Startklasse T2 für Deutschland gestartet. Dreieck-Käser räumte die vierte Medaille für das deutsche Team an diesem Tag ab: Bronze fuhr die 48-Jährige ein (20:41,52 Minuten). Maxi Jäger, der Zeitfahr-Weltmeister von 2023, wurde Siebter.
Verflixte Saison für Pierre Senska
Der Berliner Pierre Senska (C1) musste sich im Zeitfahren mit dem vierten Platz begnügen. Es ist das nächste Resultat mit einem leicht bitteren Beigeschmack für den 36-Jährigen, nachdem er bereits bei den Paralympischen Spielen in Paris drei vierte Plätze in den Wettbewerben auf Bahn und Straße hinnehmen musste. Der deutsche Zweiradfahrer lag nach der Hälfte der Strecke noch auf Rang drei, verlor ihn aber im zweiten Rennabschnitt an den Niederländer Andre Wijnhoud. Mit 26:13.18 Minuten war Senska rund acht Sekunden langsamer als der Drittplatzierte. „Bis zur Hälfte war alles gut und ich habe mich auch gut gefühlt. Heute bin ich mit rund 43 km/h die schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit meines Lebens gefahren. Aber anscheinend haben die anderen zum Schluss noch mehr aufgedreht“, sagte Senska. „Beweisen brauche ich sicher nichts mehr, ich gehöre zur Weltspitze. Realistisch betrachtet war das nach viel Krankheit dieses Jahr wohl alles, was möglich war.“ Im Straßenrennen wird Senska am Freitag eine weitere Chance bekommen und sagt: „Am Freitag gibt es keine Ausreden, ich will die Medaille holen.“
Steffen Warias (C3) vom BSV München war mit großen Ambitionen in die WM gegangen, nachdem er den Sommer nutzen konnte, um sich vorzubereiten. Für Warias sprang ein achter Platz im Zeitfahren über 18,8 Kilometer (24:51.15 Minuten) mit knapp anderthalb Minuten Rückstand auf den Weltmeister Florian Bouziani aus Frankreich heraus. Warias wird im Straßenrennen noch einmal angreifen und hat durchaus Chancen, vorne mitzufahren.
Es sind die Medaillen zwei, drei, vier und fünf für das deutsche Team. Kerstin Brachtendorf (52) vom BPRSV Cottbus hatte das erste Edelmetall für Deutschland gewonnen. Die Zweiradfahrerin fuhr an Wettkampftag zwei im Einzelzeitfahren der Startklasse C5 auf den dritten Rang und holte WM-Bronze.
Das deutsche Aufgebot bei der Para Radsport-WM 2024:
Kerstin Brachtendorf (52 / Mending / BRSV Cottbus), Julia Dierkesmann (57 / Merzhausen / GC Nendorf), Angelika Dreock-Käser (48 / Bremervörde / BPRSV Cottbus), Andrea Eskau (53 / Apolda / USC Magdeburg), Johannes Herter (40 / Lemgo / RSV Tempoliema), Maximilian Jäger (24 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus), Vico Merklein (46 / Berlin / GC Nendorf), Manuel Scheichl (42 / Rottenmünster / BVS München), Pierre Senska (36 / Berlin / BPRSV Cottbus), Steffen Warias (39 / Allschwil / BSV München), Annika Zeyen (39 / Hennef / SSF Bonn)