Aktuelles vom Para Radsport im Deutschen Behindertensportverband
Para Radsport: Elf Podestplätze und ein starkes Debüt von Para Triathletin Renner

Im belgischen Ostende haben die deutschen Athlet*innen zum Saisonauftakt beim Weltcup eine starke Teamleistung gezeigt. Siege feierten Michael Teuber und Maike Hausberger. Para Triathletin Anja Renner beeindruckte bei ihrem Weltcup-Debüt auf dem Tandem mit Rang drei im Zeitfahren. Bundestrainer Gregor Lang spricht von einem gelungenen Start ins Jahr, denkt aber langfristig.
Keine Spur von Katerstimmung im postparalympischen Jahr bei den deutschen Para Radsportler*innen: Das Team von Bundestrainer Gregor Lang holte beim Weltcup in den Einzelzeitfahren in Ostende sowie in den Straßenrennen in Brügge elf Podestplätze und belegte damit Rang sechs in der Nationenwertung. Zwei Wochen im Trainingslager auf Lanzarote und eine gute individuelle Trainingsvorbereitung haben sich offensichtlich ausgezahlt. 24 deutsche Athletinnen und Athleten gingen an den Start.
Mit Spannung wurde eine besondere Debütantin in Belgien erwartet: Anja Renner, Para Triathletin und in dieser Disziplin Paralympics-Bronzemedaillengewinnerin von Paris, startete mit Guide Antonia Milowsky erstmals bei einem Para Radsport-Weltcup – und setzte gleich ein großes Ausrufezeichen: Im Einzelzeitfahren fuhr die 38-Jährige auf den dritten Platz. Am Sonntag folgte im Straßenrennen über 90 Kilometer noch ein starker fünfter Rang. Beide Platzierungen bedeuten, dass sie sich für die Para Radsport-WM im belgischen Ronse (28. bis 31. August 2025) qualifiziert hat. „Ich freue mich riesig über unsere Ergebnisse, das hat meine Erwartungen weit übertroffen. Wir konnten gleich im ersten Rennen unsere Stärken ausspielen und haben gut zusammengefunden. Dabei haben Antonia und ich erst eine Woche zusammen trainiert“, sagte Renner überglücklich. Renner/Milowsky legten die schnellste Zeit aller deutscher Tandems hin. „Es war eine großartige Erfahrung. Vor allem das für uns neue Straßenrennen. Beim Para Triathlon läuft das etwas anders, da gilt auch ein Windschattenverbot. Hier hat sich lange kein Tandem abgesetzt. Im Nachhinein hätten wir vielleicht eine andere Taktik wählen können, aber wir sind mehr als zufrieden. Unser Ziel war es, Erfahrungen zu sammeln, heil ins Ziel zu fahren und die Konkurrenz kennenzulernen. Nun schauen wir nach vorne“, sagte Renner. Erst einmal stehen nun wieder Triathlon-Wettkämpfe an, doch die Vorfreude auf die WM ist groß. „Ich werde auch dort mein Bestes geben und bin gespannt, wohin die Reise uns führt.“ Die weiteren Tandem-Fahrerinnen Johanna Recktenwald (mit Guide Jenny Hofmann) und Leonie Walter (mit Maria Paulig) - beide im Winter im Para Ski nordisch aktiv - erreichten Rang acht und Rang sieben im Zeitfahren sowie Platz sieben und neun im Straßenrennen.
Weltcupsiege für Teuber und Hausberger
Auf dem Zweirad führt in der C1-Klasse weiterhin kein Weg an einem Deutschen vorbei: Routinier Michael Teuber (57), Silbermedaillengewinner der Paralympics in Paris, präsentierte sich in Topform und gewann das Einzelzeitfahren in Ostende – nach intensiver Vorbereitung. „Rund 7000 Trainingskilometer in diesem Jahr haben sich ausgezahlt. Nachdem es im Jahr 2024 keinen Weltcupsieg für mich gab, fühlt sich das gerade sehr gut an“, so Teuber. Teamkollege Pierre Senska erreichte im Zeitfahren Rang sechs und einen starken vierten Platz im Straßenrennen, trotz schwieriger Bedingungen mit reichlich Wind. Neben Teuber holte auch Meike Hausberger (C2) einen ersten Platz, als sie sich im Straßenrennen im Zielsprint hauchzart gegen Dauerrivalin Flurina Rigling aus der Schweiz durchsetzen konnte. Im Zeitfahren war Hausberger zuvor bereits auf Rang zwei gefahren. Dieses Kunststück gelang auch Kerstin Brachtendorf (C5) im Zeitfahren. Matthias Schindler (C3) sicherte sich die WM-Qualifikation mit einem fünften Platz im Zeitfahren.
Die Dreiradfahrer*innen steuerten ebenfalls Top-Platzierungen bei: Maximilian Jäger wurde Fünfter im Einzelzeitfahren, lediglich eine Sekunde trennte ihn vom Drittplatzierten. Zudem belegte Jäger Rang vier im Straßenrennen. Angelika Dreock-Käser landete auf Platz zwei im Zeitfahren und kam im Straßenrennen als Vierte ins Ziel. Zweimal Rang drei sicherte sich Teamkollegin Jana Majunke. Handbikerin Andrea Eskau kommt mit zwei Starts in jeweils kleinem H5-Teilnehmerinnenfeld mit zwei zweiten Plätzen nach Hause. Julia Dierkesmann (H4) gelangen zwei starke fünfte Plätze in ihren beiden Rennen. Handbiker Manuel Scheichl gelang ein guter siebter Platz im Zeitfahren der H2-Konkurrenz und Platz sechs im Zeitfahren. Independent-Starter Johannes Hänle fuhr zweimal in die Top Ten: Ein guter neunter Platz in einem stark besetzten Teilnehmerfeld im Zeitfahren sowie Rang acht im Straßenrennen sprangen heraus.
Nachwuchs für die Zukunft aufbauen
Bundestrainer Gregor Lang blickt optimistisch auf die bevorstehenden Wettkämpfe und spricht von einer Neuausrichtung, die er mit dem deutschen Para Radsport-Team vorhat. „Die aktuelle Aufbruchstimmung im Team ist spürbar“, sagt Lang. Mit einer Vielzahl junger Talente im Kader soll der Grundstein für Erfolge in der Zukunft gelegt werden. „Die Einstellung bei allen stimmt. Niemand muss motiviert werden, denn jeder muss sich mit guten Ergebnissen wieder für den Kader und die WM qualifizieren. Es geht jetzt darum, das Team mit frischen Kräften neu aufzustellen“, sagte Lang.
Vor allem über die „jungen Wilden“ darf sich das Team freuen. Lang hob insbesondere den bärenstarken zweiten Platz von Vanessa Laws (C4) im Straßenrennen und die Plätze fünf (Zeitfahren) und vier (Straßenrennen) für Lara Wolleschensky in der Klasse C3 hervor. Independent-Starterin Marie Quellhorst belegte zwei siebte Plätze. „Mit Vanessa, Lara und Marie, die aus der Para Leichtathletik zu uns gewechselt ist, haben wir vielversprechende, junge Athletinnen in den eigenen Reihen. Auch Jakob Klinge, der in einer starken C5-Klasse mitfährt, hat mit Rang sieben überzeugt und damit die WM-Qualifikation geschafft. Anja Renner verstärkt uns noch auf dem Tandem. Das ist alles wirklich fantastisch“, sagte Lang. Sein spezifisches Kriterium für die WM-Qualifikation ist das Erreichen eines fünften Platzes, während für Nachwuchsathlet*innen ein achter Platz genügt. Die Bedingungen seien hart, „aber das haben wir bewusst so gewählt, um die Athleten zu fordern“, erklärt Lang.
In rund zwei Wochen steht der zweite und bereits letzte Weltcup an. In Maniago (Italien) geht es vom 15. bis 18. Mai wieder darum, sich mit internationalen Spitzensportler*innen zu messen. Auf dem Weg zur WM gibt es weitere Meilensteine: die offene deutsche Meisterschaft mit internationaler Beteiligung auf der Bahn in Cottbus (6. bis 8. Juni), die Straßen-DM in Rheinbach (29. Juni) sowie die deutsche Meisterschaft im Zeitfahren am 13. Juli. Die Saison-Highlights steigen schließlich bei der Straßen-WM vom 28. bis 31. August im belgischen Ronse sowie bei der Bahn-WM vom 16. bis 19. Oktober in Rio de Janeiro (Brasilien). „Es geht mir nicht vorrangig um Medaillen und schnelle Ergebnisse. Primär arbeiten wir daran, den Kader aufzubauen, dem Nachwuchs einen Plan mitzugeben und aus Wettkämpfen richtige Lehren zu ziehen. Wir haben nur drei Jahre Zeit, dann geht es wieder zu Paralympischen Spielen. Ziel ist es, die jungen Leute heranzuführen und auf dem Weg das Beste herauszukitzeln“, berichtet Lang.
Text: Jessica Balleer / DBS