Aktuelles vom Para Radsport im Deutschen Behindertensportverband
Goldrausch: Dreifacher Jubel über WM-Titel im Zeitfahren
Das deutsche Team ist im Goldrausch: Mit drei Titeln für die deutsche Para Radsport-Nationalmannschaft ist der zweite Wettkampftag der Weltmeisterschaften im kanadischen Baie-Comeau gestartet – was für eine Ausbeute. Michael Teuber (C1), Maike Hausberger (C2) und Kerstin Brachtendorf (C5) sorgten auf ihren Zweirädern für die umjubelten Erfolge.
Die deutschen Para Radsportler*innen haben ihre Stärke bei den Weltmeisterschaften in Kanada (11. bis 14. August) erneut deutlich unter Beweis gestellt: Nach vier Medaillen am ersten Wettkampftag, darunter die WM-Titel im Zeitfahren für Dreiradfahrerin Angelika Dreock-Käser und Handbikerin Annika Zeyen, trumpften nun auch die Zweiradfahrer*innen auf: Michael Teuber vom BSV München siegte im Zeitfahren der C1-Klasse, Maike Hausberger war das Maß der Dinge in der C2-Klasse und Kerstin Brachtendorf (BPRSV Cottbus) setzte sich bei den Frauen in der C5-Klasse durch.
Mindestens so überrascht wie glücklich war der 54-jährige Teuber, als er im Ziel realisierte, dass er die 18,9 Kilometer schneller als alle Konkurrenten absolviert hatte: „Ich habe in meiner Karriere schon viel erlebt, aber nach vier Jahren Pause und in meinem Alter noch einmal Zeitfahr-Weltmeister zu werden, das ist schon ganz besonders für mich.“ Teuber ist seit 25 Jahren als Zweiradfahrer aktiv, ist fünffacher Paralympics-Sieger – und nun steht auch der elfte WM-Titel im Einzelzeitfahren für ihn zu Buche. „Die Vorbereitung hat sich ausgezahlt. Ich habe mich auf der Runde schon richtig gut und fit gefühlt.“ Mit seiner Zeit von 28:44,90 Minuten lag er rund vier Sekunden vor dem Zweitplatzierten und hat mit dieser Leistung auch deutlich jüngere Konkurrenz hinter sich gelassen. „Radfahren ist ein sehr technischer Sport, ich profitiere mittlerweile auch von meiner Erfahrung. Es ist super, dass sich das heute noch mal ausgezahlt hat und es Gold geworden ist“, freut sich Teuber.
Für die 27-jährige Maike Hausberger geriet das Zeitfahren ebenfalls zum perfekten Rennen. Unter besten Wetterbedingungen startete sie am Freitagvormittag kanadischer Zeit. Bereits beim Aufwärmen wirkte sie fokussiert, aber bester Dinge. Die Fahrerin des BPRSV Cottbus könnte am Sonntag sogar noch einen draufsetzen: Dann geht sie als amtierende Weltmeisterin in das Straßenrennen ihrer Klasse. Ebenfalls den ersten Zeitfahr-Weltmeistertitel ihrer Karriere ergatterte Kerstin Brachtendorf. Zwar war in Sarah Storey eine der ärgsten Konkurrentinnen nicht am Start, doch die 50-Jährige fuhr an diesem Tag ohnehin geradezu in einer eigenen Liga: Mit ihrer Zeit von 28:12,99 Minuten lag sie am Ende mehr als 37 Sekunden vor der Zweitplatzierten.
Ebenfalls im Einzelzeitfahren verpasste Gesamtweltcupsieger Steffen Warias (C3) das Podium als Vierter nur knapp. Gleich hinter ihm lag auf dem fünften Rang und mit nur einer Sekunde Rückstand sein Teamkollege Matthias Schindler. Beide waren zufrieden mit ihren Rennergebnissen und Leistungen. Vor allem für Warias stehen die Medaillenchancen im Straßenrennen am Sonntag durchaus gut.
Das deutsche Team hat bislang fünf Goldmedaillen sowie je einmal Silber und Bronze gesammelt. Im Laufe des Freitags sind noch Thomas Schäfer (C4) aus Wernigerode und Nachwuchsathlet Jakob Klinge (C5) aus Erlangen mit den Zweirädern im Zeitfahren am Start. Klinge erlebt in Kanada aktuell seinen ersten WM-Einsatz: „Ich bin froh und stolz, dass ich hier dabei sein kann und werde mein Bestes geben“, sagt der 25-Jährige, der für den verletzten Routinier Pierre Senska in den Kader gerückt war.
Zum Abschluss dieses zweiten WM-Tages steht zwar noch das prestigeträchtige Team Relay, die Staffel der Handbiker, auf dem Programm, doch ein deutsches Team wird nicht am Start sein. Das liegt auch am Fehlen von Handbiker Bernd Jeffré, der seine Teilnahme aufgrund einer langwierigen Corona-Erkrankung absagen musste. „Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir diesmal auf das Team Relay verzichten. So können sich alle voll und ganz auf ihre Einzelstarts vorbereiten“, sagt Reneé Schmidt, der das deutsche Team kommissarisch als Bundestrainer betreut.
Halbzeit-Bilanz
Zur Halbzeit der Weltmeisterschaften im kanadischen Baie-Comeau hat das deutsche Para Radsport-Nationalteam sieben Medaillen gewonnen und viele Bestleistungen gezeigt. Der kommissarische Bundestrainer Reneé Schmidt zieht ein durchweg positives Zwischenfazit, mahnt aber zur Konzentration.
Fünf Weltmeistertitel, eine Silber- und eine Bronzemedaille hat die deutsche Mannschaft bei der Para Radsport-WM nach nur zwei von vier Wettkampftagen eingefahren. Unter den 17 teilnehmenden Nationen rangiert das Team unter den besten Drei, gemeinsam mit Italien und den Niederlanden. Die Stimmung in der deutschen Mannschaft ist gut, der kommissarische Bundestrainer Reneé Schmidt findet für seine Athletinnen und Athleten lobende Worte: „Es ist erst Halbzeit, doch wir haben schon jetzt mehr erreicht, als ich mir erhofft und erträumt hatte. Das Team ist hier zusammengewachsen und in sich stärker geworden“, sagt Schmidt.
Für Thomas Schäfer (C4) aus Wernigerode sprang der fünfte Platz im Zeitfahren heraus. Darüber freute sich der Mann vom Nordharzer RSG Bad Harzburg und zeigte sich zufrieden. Rang 14 belegte WM-Debütant Jakob Klinge (C5) aus Erlangen. Klinge konnte sich bei seiner Premiere im Vergleich zum jüngsten Weltcup in Québec immerhin steigern. „Ich hatte mir vorgenommen, durch das Ziel zu fahren und mir sagen zu können, dass ich alles gegeben habe. Das hat funktioniert“, so Klinge.
Am Samstag bestreiten die Dreiradfahrer*innen und Handbiker*innen ihre Straßenrennen – und erneut will das deutsche möglichst erfolgreich auf Medaillenjagd gehen. Per Livestream können Interessierte die WM-Rennen mitverfolgen.
Quelle: Jessica Balleer
Das deutsche Team für die Para Radsport-WM:
Angelika Dreock-Käser (55 / BPRSV Cottbus / Bremervörde), Annika Zeyen (37 / SSF Bonn / Bonn) Benno Schmidt (57 / TSV Bayer Leverkusen / Gießen), Jakob Klinge (25 / RC Herpersdorf / Erlangen), Jana Majunke (31 / BPRSV Cottbus / Cottbus), Kerstin Brachtendorf (50 / BPRSV Cottbus / Mendig), Maike Hausberger (27 / BPRSV Cottbus / Trier), Manuel Scheichl (40 / BSV München / Rottenmünster), Matthias Schindler (40 / RV Union Nürnberg / Regensburg), Maximilian Jäger (22 / BPRSV Cottbus / Bad Kissingen), Michael Teuber (54 / BSV München / Tegernsee), Steffen Warias (37 / BSV München / Tübingen), Thomas Schäfer (41 / Nordharzer RSG Bad Harzburg / Wernigerode), Vico Merklein (44 / GC Nendorf / Berlin)