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Para Dressursport-DM: Meistertitel für Nowak und Dresing

Bereits zum zweiten Mal bot das traditionsreiche Reitturnier in Balve eine große Bühne für die Para Dressurreiter*innen, die im Rahmen des internationalen Turniers ihre Deutsche Meisterschaften austrugen. Die zwei zu vergebenen Titel sicherten sich zwei Paralympics-Starterinnen: Heidemarie Dresing gewann die Wertung der Grades I bis III und Isabell Nowak jubelte über ihre erste Goldmedaille in den Grades IV und V.
Isabell Nowak hat nach den beiden ersten Wertungsprüfungen auch die Kür mit 75,892 Prozent bei den Deutschen Meisterschaften der Para Dressur in Balve gewonnen. Mit ihrem 14-jährigen Oldenburger-Wallach Siracusa OLD gewann sie somit Gold in der Deutschen Meisterschaft der Grade V und IV. Silber in der DM und Platz zwei in der Kür ging an Regine Mispelkamp mit ihrem Nachwuchspferd Pramwaldhof's Bayala, einer zehnjährigen Oldenburger Stute von Barroso. Mit 73,850 Punkten in der Kür wurde Noah Kuhlmann mit Staatslegende Dritter und sicherte sich Bronze in der DM-Wertung.
Im vergangenen Jahr war die 42-jährige Isabell Nowak noch Vize-Meisterin, jetzt wurde es Gold. Seit einem Verkehrsunfall trägt die Pferdewirtschaftsmeisterin und ehemalige Polizistin eine Hüftprothese und hat mit einer Bewegungs- und Kraftschwäche im rechten Arm und im linken Bein zu kämpfen. Ihr Wallach Siracusa zeigte sich auch in der Kür wenig beeindruckt von der Kulisse in Balve. „Siracusa ist sehr ausdrucksstark und hat sich hier immer toll im vorwärts gezeigt“, lobte die Bundestrainerin Silke Fütterer-Sommer. Auch Isabell Nowak war voll des Lobes. „Siri hat sich einfach so wohl gefühlt in dem Viereck, rundum war das einfach ein Bomben-Turnier. Hier in Balve ist die ganze Atmosphäre einfach super herzlich, man fühlt sich richtig aufgenommen, wir sind zusammen mit den Regelsportlern, man feuert sich gegenseitig an, man fühlt sich einfach so wohl und ich finde das überträgt sich auch auf die Pferde.“
Silber ging an Regine Mispelkamp die nach den erfolgreichen Paralympics im vergangenen Jahr mit zwei Nachwuchspferden nach Balve gereist war. Mit Pramwaldhof's Bayala wurde es dann sogar der Vize-Titel für die Pferdewirtschaftsmeisterin, die an Multiple Sklerose erkrankt ist. „Sie will immer alles geben, ist aber manchmal auch noch ein bisschen umweltorientiert, aber sie ist schon ein Traumpferd“, schwärmte Regine Mispelkamp nach ihrem Ritt. Auch die Bundestrainerin sah das so: „Diese Stute hat so viel Qualität, die beiden müssen noch ein bisschen mehr zusammenfinden, hier und da gibt es manchmal eine kleine Unsicherheit, aber das ist ein ganz tolles Pferd“, so Silke Fütterer-Sommer.
Bronze holte sich der 22-jährige Noah Kuhlmann mit seinem 15-jährigen Rheinländer Staatslegende genannt San. Für Noah Kuhlmann, der eine beinbetonte angeborene Muskelschwäche hat, sind es seine vierten Deutschen Meisterschaften. Er war mit seiner Kür mit Musik von AC/DC ganz zufrieden. „Bis auf die Trab-Galopp-Übergänge, die sind nicht so ganz gelungen und das war teuer, denn die werden doppelt gewertet“, erklärte er nach seinem Ritt. „Bei seinem Ritt hat sich dann auch noch ein bisschen Spannung aufgebaut, der Wallach hatte doch etwas mit der Atmosphäre zu tun“, kommentierte die Bundestrainerin den sonst aber sehr gelungenen Ritt. Platz vier ging an das jüngste Paar im Starterfeld, die 21-jährige Charlotte Schindler mit dem erst neunjährigen Leomax. Platz fünf an Leah Chodziak mit Highland Dale.
Fünfter DM-Titel in Folge für Dresing

Auch die Wertung der Grades I bis III führte über drei internationale Prüfungen: die Para Grand Prix A und B sowie die Kür. Am Ende gewann Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück) nach ihren Siegen an den Vortagen auch die Kür am Sonntagvormittag. Mit einem Gesamtergebnis von 235,083 Punkten setzte sich die Titelverteidigerin und Doppeleuropameisterin von Riesenbeck an die Spitze des Feldes. Allerdings nicht mit ihrem Erfolgspferd der EM und der Paralympics Horse24Dooloop, sondern mit ihrem Nachwuchspferd Poesie, einer zehnjährigen dunkelbraunen Oldenburger-Stute von Fürstenball OLD.
Knapper wurde es bei den Plätzen um Silber und Bronze. In der Kür ging der zweite Platz an Steffen Zeibig (Arnsdorf) und Patamon und Platz drei an Melanie Wienand (Osnabrück) mit Lemony's Loverboy. In der Meisterschaftswertung hieß es dann Silber für Wienand (214,266) und Bronze für Zeibig (213,344).
Erst Hitze, dann Regen
Nach der Hitze am Vortag mit der die Para-Reiter der Grades IV und V zu kämpfen hatten, mussten die Teilnehmer der Grades I, II und III am Sonntagvormittag bei strömenden Regen ins Dressurviereck einreiten. Das machte dann auch Melanie Wienand etwas zu schaffen. „Mir sind die Zügel immer etwas weggerutscht, weil alles einfach so nass war“, erzählte sie nach ihrem Ritt. Die Osnabrückerin hat ihren Lemony's Loverboy als Fohlen gekauft und selbst ausgebildet. „Wir sind schon wie ein altes Ehepaar und hatten letztes Jahr auch eine kleine Ehekrise, jetzt haben wir eine neue Trainerin und sind wieder auf Spur“, freute sich die ehemalige Auktionsreiterin.
Auch Steffen Zeibig und sein zwölfjähriger Trakehner Patamon haben eine besondere Beziehung. „Er ist eigentlich das Pferd meiner Frau und kein typisches Para-Pferd. Wir haben einige Zeit gebraucht, bis wir so richtig zueinander gefunden haben“, erzählte Zeibig, der schon seit den ersten Deutschen Meisterschaften im Jahr 2001 jedes Jahr bei der DM am Start war, mehrfach bei den Paralympics erfolgreich dabei war und auch im vergangenen Jahr mit Patamon Bronze gewonnen hatte.
Die neue und alte Deutsche Meisterin Heidemarie Dresing freute sich über die tollen Auftritte ihrer zehnjährigen Oldenburger-Stute Poesie von Fürstenball. „Püppi, wie sie bei uns genannt wird, ist ein ganz tolles Pferd, mit sehr viel Qualität und schwingt schön und nimmt mich dabei immer gut mit. Ihr Nervenkostüm ist etwas dünner, aber da haben wir gut dran gearbeitet“, freute sich Heidemarie Dresing über drei tolle Auftritte im Viereck. Den größten Jubel und Freudentränen nach der Vorstellung im Viereck sah man aber bei der Viertplatzierten der Kür und der Meisterschafswertung. Gianna Regenbrecht (Münster) zeigte eine Vorstellung mit gelungenen Trabverstärkungen und vielen Höhepunkten mit dem 20-jährigen Nicolai, der ihr erst kurz vor der DM von ihrer Freundin Anna Stahnke zur Verfügung gestellt worden war, da ihr Para-Pferd nicht fit war. „Das ist der Wahnsinn, ich kann das gar nicht glauben, Anna hatte gesagt, nimm doch Nico, der sie zwar schon fast in Rente aber noch voll gut drauf“, freute sich eine völlig fassungslose Gianna Regenbrecht.
„Balve ist ein ganz besonderes Turnier“
Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr werden zum zweiten Mal auch auf nationaler Ebene die Deutschen Meisterschaften Dressur und Para-Dressur parallel bei einer Veranstaltung ausgetragen. Wie schon in den beiden Vorjahren gab es am Ende zwei neue Meister geben: einen in den Grades I, II und III mit den stärker gehandicapten Teilnehmern und einen in den Grades IV und V. Am Vortag war schon die Entscheidung in den Grades V und IV gefallen: Isabell Nowak gewann mit dem 14-jährigen Oldenburger-Wallach Siracusa OLD Gold vor Regine Mispelkamp mit ihrem Nachwuchspferd Pramwaldhof's Bayala und Noah Kuhlmann mit Staatslegende, der Bronze mit nach Hause nehmen durften. Einigkeit herrschten bei allen Para-Reiterinnen und Reitern, dass die DM in Balve ein ganz besonderes Turnier ist. „Es ist alles barrierefrei hier, ich kann ganz normal laufen und der Stall ist ganz nah und alle hier sind super hilfsbereit und stehen mit Rat und Tat zur Seite“, sagte Para-Reiterin Wiebke Imme Ortmann, die zum ersten Mal in Balve am Start war. „Wir sind so herzlich hier aufgenommen worden, es macht so viel Spaß hier zusammen mit den Regelsportlern zu reiten“, sagte auch Steffen Zeibig.
Positives Fazit der Bundestrainerin
Die Bundestrainerin Silke Fütter-Sommer zog ebenfalls eine positive Bilanz am Ende der Deutschen Meisterschaften: „Ich bin sehr zufrieden, das hat mir hier nochmal einen guten Überblick gegeben, wir haben einige routinierte Paare gesehen, aber auch einige neue Konstellationen und Nachwuchspferde, das war eine tolle Mischung.“ Für die Para-Reiter war das schon die letzte Station auf dem Sichtungsweg für die Europameisterschaften vom 4. bis 7. September in Ermelo in den Niederlanden. „Wir haben jetzt noch zwei Lehrgänge in Warendorf, dann gibt es vielleicht noch ein paar Hausaufgaben für die Reiter und dann folgt noch ein Abschlusslehrgang vor der EM“, so erklärte die Bundestrainerin den weiteren Weg bis zu den Europameisterschaften.
Text: Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.