Aktuelles vom Para Dressursport
Para Dressursport-DM: Titel für Dresing und Niehues
Bei den deutschen Meisterschaften im Para Dressursport, die erstmals in Balve ausgetragen wurden, haben Heidemarie Dresing und Horse24Doolop ihren Titel aus dem Vorjahr erfolgreich verteidigt. In der zweiten Abteilung sicherten sich Anna-Lena Niehues und Quimbaya den Titel. Der Deutsche Behindertensportverband präsentiert die Ergebnisse und besonderen Leistungen gemeinsam mit der Heinz-Kettler-Stiftung.
Seit einigen Jahren ist es gute Tradition, dass parallel zu den Welt- und Europameisterschaften Dressur auch die Dressurreiter mit Behinderung ihre Meister ermitteln. In diesem Jahr folgt Balve diesem Beispiel als Gastgeber der deutschen Meisterschaften Dressur und Para Dressursport. „Eine neue Aufgabe, die wir mit großem Respekt angenommen haben“, erklärte Rosalie Gräfin von Landsberg-Velen, Gastgeberin und Vorstandsmitglied im Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten. Speziell für die neue Herausforderung wurde ein Weg gepflastert, Rampen gebaut, das nächstgelegene Stallzelt bereitgestellt und mit Gummimatten ausgelegt, um den Rollstuhlfahrer*innen den Zugang zu erleichtern. „Wir haben uns hier vom ersten Moment an willkommen gefühlt. Der Veranstalter hat wirklich alles unternommen, um uns hier die Teilnahme so passend wie möglich zu machen. Für jedes kleine Problem wurde eine Lösung gesucht“, sagte Bundestrainerin Silke Fütterer-Sommer.
Wie schon im vergangenen Jahr wurden statt fünf nur zwei Titel vergeben: einer in den Grades I bis III sowie ein weiterer in den Grades IV und V. Erstmals führte der Weg über alle drei internationalen Prüfungen: die Para Grand-Prix-A und B sowie die Kür. Mit einem Gesamtergebnis von 235,043 Punkten hat Grade II-Reiterin Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück) ihren Vorjahrestitel verteidigt und sich über alle drei Grades hinweg an der Spitze behaupten. Dresing, Doppelgold- und Mannschaftssilbergewinnerin der EM 2023, erzielte mit ihrem Championatspferd Horse24Dooloop in der ersten Wertungsprüfung 77,643 Prozent, in der zweiten 77,666 Prozent und landete in der Kür bei 79,734 Prozent, auch wenn „Dooly“ einmal versehentlich angaloppierte. Ein Ergebnis, das die sonst eher selbstkritische Reiterin ins Strahlen brachte. „Ich habe die Schwierigkeiten nochmal erhöht und bin auch zwei Traversalen geritten. Er ging so schön flüssig, ich konnte ihn so richtig zelebrieren“, freute sich die Architektin. „So gut habe ich es, glaube ich, noch nie auf den Punkt gebracht.“
Ihr persönliches Ziel konnte auch Dresings EM-Teamkollegin Martina Benzinger mit Platz zwei erreichen. Wie schon im Vorjahr in Riesenbeck machte sich auch in Balve bemerkbar, dass Regine Mispelkamp sie beim Training und der Ausbildung des ehemaligen Fahrpferdes unterstützt. Die Lipizzanerstute wirkt zunehmend sportlicher. „Die Anlehnung ist viel stabiler geworden“, sagt Martina Benzinger. „Aber ihr größter Pluspunkt ist und bleibt ihr Vorwärtsdrang. Zeig mir ein anderes Pferd, das man im Schritt bremsen muss.“ Mit 74,722 Prozent und 74,097 Prozent belegte sie in den ersten Prüfungen jeweils Platz zwei. Auch in der Kür kam das Paar auf 74,634 Prozent (Gesamtergebnis 223,453 Prozent) und musste damit allerdings dem viermaligen Paralympics-Teilnehmer Steffen Zeibig aus Arnsdorf den Vortritt lassen.
Dessen Patamon wurde in Balve von Tag zu Tag besser. In der Kür lieferten sie ihr Meisterstück ab: 76,645 Prozent. „Das war unsere beste Kür. Das ist unsere neue Bestleistung. Er ließ sich ganz toll reiten, hat auf alles reagiert, aber nicht überreagiert und hat sich vom Publikum überhaupt nicht nervös machen lassen“, sagte der Sachse strahlend. Hatte sich der Trakehner in den ersten beiden Prüfungen gelegentlich noch etwas im Hals verworfen, steuerte ihn sein Reiter in der Kür einhändig „wie mit einem Joystick“ durch die Prüfung. Nur die Musik – die übrigens noch von seinem vorherigen Erfolgspferd Feel Good stammt – müsse er noch etwas anpassen. „Wenn er mit so viel Schwung läuft, sind wir etwas vor der Zeit.“ Insgesamt kam Zeibig auf 221,922 Prozent und sicherte sich damit Rang drei in der DM-Wertung.
Von der ersten Prüfung an kristallisierte sich in den Graden IV und V die Gronauer Pferdewirtschaftsmeisterin Anna-Lena Niehues (Grade IV) als neue deutsche Meisterin heraus. Bereits vor zwei Jahren sorgte sie als Newcomerin bei der DM in München für die große Überraschung und wurde noch im selben Jahr für den Start bei der WM in Herning nominiert. Nach einjähriger Babypause kehrte sie in diesem Jahr in den Sport zurück und setzte bei den deutschen Meisterschaften mit persönlichen Bestleistungen – 75,601 und 78,693 Prozent – in den ersten beiden Wertungsprüfungen ein Ausrufezeichen. In der Kür wurde ihre Stute Quimbaya etwas abgelenkt. „Ich bin die Kür zum ersten Mal geritten. Vielleicht war ich auch etwas nervöser als sonst, weil ich auch Angst hatte, dass es nicht so gut mit der Musik passt. Mit der Musik hat es gepasst, aber sie war doch etwas mehr beeindruckt, dass da heute mehr Zuschauer da waren.“ 76,083 Prozent bedeuteten Platz zwei. Mit in der Summe – 230,377 Punkte – war Niehues der Titel aber nicht zu nehmen.
Der Sieg in der Kür ging an Isabell Nowak (Apelern) und Siracusa OLD, die ihre Leistung unbeeindruckt von der Kulisse abrufen konnten und dafür 76,4 Prozent erzielten. „Er ist sehr konstant geworden“, sagte die 41-jährige Pferdewirtschaftsmeisterin über ihren Oldenburger, der zuvor von einer tschechischen Nachwuchsreiterin geritten wurde. „Ich habe ihn jetzt seit etwas über einem Jahr. Diese Zeit braucht es aber auch, damit die Pferde wirklich das Handicap verstehen und damit umgehen können.“ Seit einem Verkehrsunfall trägt die ehemalige Polizistin eine Hüftprothese und hat mit einer Bewegungs- und Kraftschwäche im rechten Arm und im linken Bein zu kämpfen.
In der Summe kamen für Isabell Nowak und Siracusa OLD 222,735 Prozent zusammen, was am Ende sogar für Platz zwei reichte. Denn auch Highlander Delight’s, das Pferd von Titelverteidigerin Regine Mispelkamp, hatte nicht seinen besten Tag erwischt. Sie erzielten für ihre Kür 73,642 Prozent. „Er hatte auch tolle Momente in der Kür, aber man hat eben immer Höhen und Tiefen, das gehört auch dazu“, sagte die Pferdewirtschaftsmeisterin. Sie kam nach drei Prüfungen auf 222,716 Punkte, so dass sie mit weniger als zwei Hundertstel Abstand auf Position drei zurückfiel.
„Für uns war es ganz interessant zu sehen, auch wenn mal eine größere Kulisse da ist, wie die Pferde sich verhalten. Es gibt uns noch ein bisschen Zeit, weiterzuüben und das ein oder andere routinierter hinzubekommen. Aber generell haben wir hier sehr gute Leistungen gesehen, in denen sich auch die Ergebnisse der vorangegangenen Turniere widerspiegeln", sagte Silke Fütterer-Sommer.
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.
Text: Deutsche Reiterliche Vereinigung