Aktuelles vom Para Eishockey im Deutschen Behindertensportverband
Para Eishockey B-WM 2019 Berlin: Jörg Wedde im Interview
Vom 17. Bis 22. November 2019 findet in Berlin die Para Eishockey B-WM statt. Wenige Wochen vorher hat der Erfahrenste der deutschen Nationalmannschaft, Jörg Wedde, einige Fragen zum Sport, seinem Leben und der Heim WM beantwortet.
Bitte stell dich kurz in ein paar Sätzen vor!
Jörg Wedde, 54 Jahre, und nach einem Unfall 1978 wurden mir beide Beine amputiert.
Seit wann spielst du Para Eishockey?
2002 bin ich auf diesen Sport aufmerksam geworden.
Seit wann bist du in der deutschen Nationalmannschaft?
Zur Nationalmannschaft wurde ich schon kurz nach meinem Karrierestart zu Sichtungslehrgängen und weiteren Trainingslagern eingeladen. Offensichtlich hatte ich zum Ehrgeiz und Fleiß auch Talent vorzuweisen.
Wieso ist es für den Para-Sport wichtig, mehr Öffentlichkeit zu bekommen?
Wie für jede Sportart ist es auch für uns wichtig, über eine breite Öffentlichkeitsarbeit die Vielfältigkeit zu präsentieren, um Interessenten aufzuzeigen, was alles möglich ist. Ich zum Beispiel bin zum Glück von jemandem angesprochen worden, und habe erst hinterher erfahren, dass ich diesen Sport in Hannover schon seit 1996 betreiben hätte können.
Was macht deiner Meinung nach den Para Sport aus?
Dass Para Sport eine besondere Ausprägung hat, würde ich so nicht sagen wollen. Sport jeglicher Art ist geeignet, um sich unter Menschen zu begeben. Para Sport ist daher nichts Besonderes. Er wird hauptsächlich von Menschen mit Behinderung betrieben, beim Para Eishockey im Breitensport aber auch ganz im Sinne der Inklusion. Bei uns zählt der Mensch im Schlitten und in geselliger Runde.
Was war der schönste Moment in deiner sportlichen Karriere?
In 17 Jahren kommen so viele Momente zusammen. Davon nun einen speziellen Moment zu benennen, würde dieser tollen Zeit nicht gerecht werden. Die Summe aller Ereignisse, auch die vermeintlich negativen, haben mich geprägt.
Und was war der Wichtigste?
Nimmt man nur die erzielten Erfolge, welche sich in Form von Medaillen und Auszeichnungen widerspiegeln, dann ist der Gewinn der Europameisterschaft 2005 und das damit gezogene Ticket für die Paralympics 2006 in Turin ein solch herausragender Moment.
Was sind deine nächsten Ziele?
Die kommende WM in Berlin wollen wir, wie 2013 in Nagano, mit einer Medaille abschließen und wieder in die A-Gruppe aufsteigen. Ob es diesmal Gold wird, schauen wir mal. Generell ist aber das Motto „Gesund bleiben und noch ein paar Jahre diesen Sport mit guten Freunden weltweit betreiben“ ein willkommenes Fernziel.
Was bedeutet es dir mit der Mannschaft auf dem Eis zustehen?
Teil einer starken Gemeinschaft sein zu dürfen, seine Motivation, Talent und Willen beizusteuern, um als Kollektiv immer wieder aufs Neue etwas Einzigartiges zu schaffen - das ist schon ein sehr erhabenes Gefühl.
Du bist in der besten Scorer-Liste der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft ganz weit oben. Auf welchem Platz befindest du dich aktuell? Und was bedeutet dir persönlich eine solche Wertung?
Ehrlich gesagt habe ich diese Tabelle seit vielen Jahren nicht mehr im Blick. Für mich zählten und zählen bei dieser Statistik die gegebenen Assists. Wenn man in dieser Spalte mehr Zähler hat als bei den Goals, dann hat man alles richtig gemacht. Was nicht heißen soll, dass ich ungern Tore schieße.
Wer ist euer größter Konkurrent bei der B-WM 2019? Wie siehst du die Chancen für euch?
Als Favoriten werden neben Russland die bisher unbekannten Chinesen gehandelt, dazu die Slowakei und wir. Also eine Konstellation, die auf eine spannende WM hoffen lässt. Dennoch: Jede teilnehmende Mannschaft sollte mit dem nötigen Respekt bespielt werden, schließlich reisen die ja nicht als Punktelieferant an, sondern haben auch Ziele, die sie beharrlich verfolgen werden.
Wie siehst du eure Chancen an den nächsten Paralympischen Spielen 2022 in Peking teilzunehmen?
Bei dieser WM müssen wir uns gut präsentieren und erfolgreich wieder aufsteigen. Dann ist es bis zu den Paralympics in Peking zwar noch ein weiter Weg, der aber machbar ist! Denn mit frischem Nachwuchs und tollen engagierten Mitstreitern auf und neben dem Eis können wir es schaffen.
Du bist Medizintechniker - lässt sich dein Alltag mit deinem Sport gut verbinden?
Beruf, Familie und (Breiten-)Sport unter einen Hut zu bekommen, ist schon eine ganz spezielle Disziplin, aber es ist machbar. Wenn man das unter dem Blickwinkel eines Leistungssportlers betrachtet, wird da schon sehr viel vom Umfeld abverlangt. Die Familie ist der wichtigste Bestandteil, der aber auch am meisten entbehrt. Zugeständnisse seitens der Arbeit, wie beispielsweise Freistellungen für Training oder Wettkampf, sind bei meinem Arbeitgeber nicht zu erwarten. Dafür muss man dann eben seinen „Jahresurlaub“ aufbringen.
Was machst du, wenn du nicht auf dem Eis zu finden bist?
„Häh, watt is dit denn für ne Frage?“ Nun ich habe eine Familie, einen Hund und aktuell einen Hausbau, da bleibt wenig Zeit für kurzweilige Dinge. Aber im Sommer bin ich gerne auf dem Liegebike unterwegs – und dann natürlich mit Familie, Hund oder Sportsfreunden auch mal ganz ohne Leistungsdruck.
Was ist deine Lieblingseissorte?
Freies Eis, möglichst ganzjährig!