„Unbeschreiblich“: Nele Moos gewinnt Bronze im Weitsprung
Es ist die nächste große Überraschung für das deutsche Team bei der Para Leichtathletik-WM in Paris (Frankreich): Nele Moos springt zu Bronze in der Klasse T38 und kann ihr Glück kaum fassen. Friederike Brose und Sebastian Dietz sichern sich Qualifikations-Slots für die Paralympics 2024, die ebenfalls in Frankreichs Hauptstadt stattfinden.
Als sie von allen geherzt worden war, kam Trainer Erik Schneider noch mal zu Nele Moos, der frischgebackenen WM-Bronzemedaillengewinnerin. Gerade als sie Partypläne schmieden wollte, sagte ihr Coach vom TSV Bayer 04 Leverkusen: „Die 400 Meter haben wir ja auch noch.“ Und die 21-Jährige antwortete: „Aber ich habe jetzt eine Medaille. Dann laufe ich mit der, dann macht es ding-ding-ding“ - und wedelte lachend mit den Armen.
In der Stunde zuvor glich die Tribüne vor der Weitsprung-Grube einer deutschen Jubeltraube: Moos war nach dem ersten ungültigen Versuch schon im zweiten mit 4,48 Metern auf Rang drei gesprungen und wusste, wie sie das Publikum für sich gewinnen konnte: „Dadurch, dass die Französin bei den ersten drei Versuchen vor mir dran war, hat sie die Stimmung schon ganz gut gepusht und das habe ich einfach mitgenommen. Ich wusste, dass viele für mich angereist sind, worüber ich sehr dankbar bin. Ich dachte, ich nehme die gute Stimmung mit und genieße einfach, dass man angefeuert wird – das hat man sonst bei unseren Wettkämpfen ja eher nicht so.“
Direkt hinter ihr: Die erst 16-jährige Friederike Brose vom BPRSV aus Cottbus, die 4,41 Meter sprang. Moos verbesserte sich im vierten Versuch noch auf die persönliche Bestweite von 4,65 Meter und sicherte sich Bronze. Als Brose im letzten Versuch bei 4,26 Meter landete, war die Medaille für Moos sicher – und sie konnte die Freudentränen nicht mehr zurückhalten: „Es ist unbeschreiblich. Ich hatte nicht die Erwartung, mit einer Medaille nach Hause zu kommen, deshalb bin ich sehr happy.“
Broses vierter Platz knapp unter ihrer Bestleistung kam ebenfalls überraschend und sicherte dem deutschen Team einen weiteren Startplatz für Paris 2024. „Ich fühle mich super gut, meine Anspannung fällt langsam ab. Der vierte Platz ist mega“, sagte die jüngste deutsche WM-Teilnehmerin, die von Yuliya Schoch trainiert wird und ergänzte ungläubig: „Oh mein Gott, ich habe es geschafft: Die erste WM ist so gut verlaufen, ich bin total zufrieden mit mir. Ich hatte so ein gutes Gefühl, es war so ein geiler Wettkampf und ich habe mich einfach wohlgefühlt.“
Die Partypläne wurden dann trotz bester Laune im deutschen Team auf den Abschlussabend verschoben. Nicht nur, weil Moos noch die 400 Meter – bei den Paralympics in Tokio mit Platz neun ihre beste Platzierung – laufen wird, sondern auch aus Ratlosigkeit. „Was macht man denn so als Bronzemedaillengewinnerin?“, fragte die WM-Bronzemedaillengewinnerin, die vor vier Jahren wie Brose das Küken im Team war, während sie den schwarz-rot-goldenen Stoff sortierte: „Ich weiß ja nicht mal, wie man so eine Fahne hält. Vielleicht ein bisschen Schokolade? Irgendwas gönne ich mir einfach heute.“
Weitere Top-Platzierungen: Dietz Vierter, Menje Fünfte, Bensusan Sechste
Zuvor hatte Moos Trainingskollegin Irmgard Bensusan, die in Dubai 2019 Doppel-Weltmeisterin über 100 und 200 Meter geworden war, Platz sechs über 100 Meter in 13,12 Sekunden belegt. „Ich bin super stolz auf mich, es waren gute 80 Meter von mir und ein super Start, aber dann sind sie leider an mir vorbeigesprintet. Für die Saison, die ich hatte, ist es trotzdem eine sehr gute Zeit.“ Für die 200 Meter hofft sie mindestens auf Rang vier – das Ziel: „Entweder Slot oder Bronze.“
Am Vormittag hatte Kugelstoßer Sebastian Dietz in einem hochklassigen Wettkampf, in dem Yassine Guenichi aus Tunesien mit Weltrekord siegte, die Kugel mit 14,44 Metern auf Rang vier gestoßen. „Der Wettkampf hatte schwere Vorzeichen. Das hatte ich mir nicht so vorgestellt“, sagte der Rio-Paralympicssieger: „Aber Respekt vor den Leistungen der ersten Drei. Ich muss gucken, dass ich weiter hart arbeite. Gut ist, dass ich noch einen Slot holen konnte. Vom Kopf her war es unglaublich schwierig heute. Ich muss jetzt den Kopf freibekommen und dann im nächsten Jahr gewappnet sein.“
Merle Menje wurde wie schon in den beiden Rennen zuvor über 5000 und 800 Meter auch über 1500 Meter Fünfte und verpasste den erhofften Slot knapp. Dabei hatte sie über weite Strecken des Rennens nach einem starken Manöver auf Rang drei gelegen, am Ende fehlte der 18-jährigen Abiturientin nach anstrengenden Wochen aber die Kraft im Sprint: „An sich war es ein mega cooles Rennen und hat Spaß gemacht. Ich konnte taktisch gut mitfahren. Am Ende hat es nicht gereicht, was mega ärgerlich ist, aber bis 150 Meter vor dem Ziel war es echt super. Ich habe noch nicht so viele Trainingsjahre wie die anderen da vorne, das wird hoffentlich nach und nach kommen, wenn ich mich mehr auf den Sport konzentrieren kann.“
Nach dem vierten Wettkampftag mit deutscher Beteiligung hat das deutsche Team durch Yannis Fischer und Léon Schäfer zwei Mal Gold, durch Niko Kappel und Francés Herrmann zwei Mal Silber und durch Nele Moos, Felix Streng und Nicole Nicoleitzik drei Mal Bronze gewonnen. Qualifikations-Slots für das deutsche Team sicherten zudem Johannes Floors über 100 Meter, Kugelstoßer Sebastian Dietz und Weitspringerin Friederike Brose.
Am Freitag starten am Vormittag Kugelstoßer Mathias Schulze sowie Marcel Böttger mit Guide Alexander Kosenkow über 100 und Nicole Nicoleitzik im Vorlauf über 200 Meter. Am Abend steht dann das Weitsprung-Finale mit Markus Rehm und Noah Bodelier, das 1500-Meter-Finale für Franziska Dziallas sowie ein mögliches Halbfinale für Böttger und Kosenkow an. Max Marzillier über 400 Meter und Katrin Müller Rottgardt mit Guide Noel Fiener über 100 Meter treten im Vorlauf an.
Text: Nico Feißt / DBS
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