Stark aufgetrumpft: Ein Welt- und zwei Europarekorde
Para Leichtathletik: Kugelstoßer Niko Kappel schnappt sich den Weltrekord jetzt auch offiziell – Ali Lacin glänzt mit zwei Europarekorden im Weitsprung und über 100 Meter
Seit Wochen schon präsentiert sich Kugelstoßer Niko Kappel in bestechender Form, jetzt hat er sich den Weltrekord mit einer Weite von 14,30 Metern auch offiziell geschnappt. Zwar hatte der 25-Jährige vom VfL Sindelfingen vor zwei Wochen noch zehn Zentimeter weiter gestoßen, allerdings wurde der Weltrekord aufgrund der kurzfristigen Ansetzung des Wettkampfs nicht anerkannt. Ebenfalls auf sich aufmerksam machte Ali Lacin vom PSC Berlin, der im Weitsprung und über 100 Meter gleich mit zwei Europarekorden glänzte.
Hätten die Spiele in Tokio planmäßig in diesem Jahr stattgefunden, hätte Niko Kappel sicherlich zu den Goldkandidaten gezählt. Der kleinwüchsige Kugelstoßer hat auch in der Corona-Zeit hart gearbeitet und befindet bereits auf Paralympics-Niveau mit reihenweise Stößen über die 14-Meter-Marke. Bei einem Wettkampf in Bad Boll landete die Kugel bei 14,30 Metern – und diesmal waren alle Vorkehrungen rechtzeitig getroffen, damit der Weltrekord auch offiziell anerkannt wird. „Ich bin mega glücklich, dass ich es jetzt geschafft habe. Es lief wieder alles unglaublich gut, mein Knie hat super mitgemacht und ich habe mich einfach gut gefühlt. So kann es weitergehen“, freute sich der Paralympics-Sieger von 2016.
Um elf Zentimeter übertraf Kappel damit den bisher gültigen Weltrekord des Briten Kyron Duke. Dass er Potenzial hat für noch größere Weiten, bewies der 25-Jährige bereits vor zwei Wochen beim Wettkampf in Stuttgart, wo er sogar 14,40 Meter schaffte. Vor allem beeindruckt seine derzeitige Konstanz – das unterstreicht seine stetige Entwicklung und gibt Mut und Zuversicht auch für die ins Jahr 2021 verschobenen Paralympics in Tokio. Doch zunächst darf man gespannt sein, was in dieser Saison noch möglich ist – und ob Niko Kappel seinen eigenen Weltrekord sogar noch verbessern kann. Die nächste Chance gibt es bereits am kommenden Wochenende bei einem Wettkampf in St. Wendel im Saarland.
Für ein weiteres Ausrufezeichen der deutschen Para Leichtathleten sorgte Ali Lacin beim 27. Midsommar Sportfest des SSC Berlin. Der 32-Jährige setzte im Weitsprung direkt im ersten Versuch einen Paukenschlag und landete trotz Gegenwind erst bei 6,29 Metern, zwei Zentimeter weiter als der Brite Luke Sinnott. Damit ist Lacin Europarekordhalter in der Startklasse T61 der beidseitig Oberschenkelamputierten. Und das war nur der erste Streich: Denn der Berliner absolvierte während des laufenden Weitsprungwettbewerbs noch die 100 Meter und sprintete in 12,73 Sekunden ins Ziel. Es war eine Verbesserung seiner eigenen Bestmarke aus dem Vorjahr um 17 Hundertstel.
„Es lief überraschend gut und hat richtig Spaß gemacht. Mit dieser Leistung hätte ich nicht gerechnet nach der Corona-Phase. Doch ich habe in der Zeit trotzdem gut gearbeitet und intensiv Kraft trainiert, das hat sich beim Wettkampf ausgezahlt“, resümiert Lacin, der reihenweise über sechs Meter sprang und zudem noch über 200 Meter mit 25,12 Sekunden seine zweitbeste Zeit insgesamt lief. Das bedeutete gleichzeitig die Tokio-Norm für 2021 und ist ein weiteres Indiz für seine starke Form. Es war ein rundum gelungenes Wochenende für die deutschen Para Leichtathleten, allen voran für Niko Kappel und Ali Lacin.