Para Leichtathletik-Premiere beim TV Püttlingen

Gruppenbild der Teilnehmenden der Grundlagenausbildung Para Leichtathletik
Grundlagenausbildung Para Leichtathletik © TV Püttlingen

Erstmals in der Geschichte der saarländischen Leichtathletik-Übungsleiter*innenausbildung wurde die Grundlagenausbildung auf der Breitwies in Püttlingen ausgetragen. Besonderes Novum: die Para Leichtathletik - also Leichtathletiksport für Menschen mit Behinderungen – wurde in die Trainer*innenausbildung integriert. Das 4-tägige Grundlagenseminar endete mit durchweg sehr positiven Rückmeldungen.

„Es gab im letzten Jahr ein paar Änderungen in der Ausbildungsstruktur und -inhalten des Deutschen Leichtathletikverband (DLV). Wir haben die Möglichkeiten genutzt und ein neues inklusives Ausbildungskonzept erstellt, welches auch bei der Lehrreferentin des saarländischen Leichtathletikbundes (SLB) auf offene Ohren gestoßen ist. Hier muss ich unserem Referent*innenteam ein ganz großes Kompliment machen: Die Umsetzung an den beiden Wochenenden hier auf der Breitwies war inhaltlich und organisatorisch ausgezeichnet. Unser Konzept und unsere Umsetzung hat die Lehrreferentin so überzeugt, dass sie bereits für das nächste Jahr angefragt hat.“ erklärt Initiator Wolfgang Raubuch.

Dass der TV Püttlingen auch in der Para Leichtathletik über großes Know-How verfügt, haben nicht zuletzt die Erfolge und Paralympics-Teilnahmen von Claudia und mittlerweile auch ihrer jüngeren Schwester Nicole Nicoleitzik gezeigt. Evi Raubuch ist als ehemalige Co-Bundestrainerin auch auf internationaler Ebene bekannt und konnte neben Christine von Aswegen deutliche Einblicke in den Trainingsalltag geben.

„Für uns war es wichtig auf die Para Leichtathletik aufmerksam zu machen und die Angst vor Unbekanntem zu nehmen. Im Sport mit Behinderung ist einiges leichter, vieles aufwendiger, manches komplizierter und trotzdem macht es sehr viel Spaß. Die Erfolge geben uns da Recht.“ Erklärt Evi Raubuch.

Als Förderschullehrerin unterstreicht Christine von Aswegen die Bedeutung, die in der Konzeption der Psychologie und Pädagogik zu Teil wird: „Anhand der vermittelten neurobiologischen Grundlagen zur Persönlichkeitsentwicklung, zur motorischen Entwicklung und zur Bedeutung des Gedächtnisses und der Motivation für das Lernen wird ein Verständnis erzeugt, was den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Angst vor etwas Unbekannten nimmt. Möglichkeiten und Grenzen durch Beeinträchtigungen können wir so besser nachvollziehen und flexibel Lösungen im täglichen Umgang mit Behindertensportler*innen finden. Wir werden zu Problemlösern gemeinsam mit unseren Athletinnen und Athleten.“

Auch Stefan Strobel als Gymnasiallehrer, Paralympics-Zweiter im Rennrollstuhlmarathon von Athen 2004, mehrfacher Weltrekordler und Trainer weist auf die lösungsorientierte Denkweise hin: „Wenn du nur drei Bewegungen wie ich mit den Armen machen kannst, dann musst du dir eine individuelle Lösungsstrategie zurechtlegen, um von A nach B zu kommen. Zum Beispiel kann ich zur Beschleunigung nur meinen Triceps brachii nutzen. In anderen Startklassen können die Athlet*innen aber insbesondere ihren Biceps brachii zur Beschleunigung nutzen. Das führt erstens zu einer gänzlich anderen Position und Technik auf dem Rennrollstuhl und zum anderen zu wesentlich höheren Geschwindigkeiten. Anders gesagt: Ich würd auch gerne meine Schuhe mit zwei Händen binden - kann ich aber nicht. Aber ich habe für mich eine Einhandlösung gefunden, die mir das Schuhe binden trotzdem ermöglicht. Methoden und Techniken der „Nicht-Behinderten“ musst du immer hinterfragen, die Anforderungen deiner Disziplinen berücksichtigen und deine eigenen Fähigkeiten und Leistungsgrenzen beachten. Denken, ausprobieren, eventuell verwerfen und wieder von vorne – das sind unsere Arbeitsweisen.“

Stefan Strobel imponierte insbesondere mit der mechanischen Darbietung und der fortschreitenden Entwicklung im Bereich Rennrollstuhlfahren.

Den wissenschaftlichen Rahmen stellte wie bereits bei vergangenen Fortbildungen auf der Breitwies  Dr. phil. Monika Frenger sicher und konnte auch diesmal einen erheblichen Teil zur Konzeption beigetragen. Als aktive Ausdauersportlerin und Sportwissenschaftlerin am Sportwissenschaftlichen Institut des Saarlandes ist sie der Garant für aktuelles Wissen: „Ich freue mich jedes Mal aufs Neue, hierher zu kommen und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu diskutieren. Unser Ziel war es, neue Erkenntnisse für jeden greifbar zu machen und in den Erfahrungsaustausch mit den auf vielen Gebieten engagierten Vereinsmitgliedern zu kommen und ich finde, das ist uns gelungen! Besonders das Thema Führung zeigt sich durch die inklusiven Inhalte in ganz neuem Licht. Von den Behindertensportler*innen und ihren Trainer*innen können sich viele in Sachen Vorbildfunktion eine Scheibe abschneiden.“

Nächstes Jahr wird es eine Wiederholung geben und bis dahin findet Ihr alle Infos auch auf der Homepage des TV 1890 Püttlingen.