Leichtathleten mit Ausbeute „mehr als zufrieden“
Die erfolgreichste deutsche Mannschaft zieht mit 25 Medaillen glücklich Bilanz
Neun Mal Gold, neun Mal Silber, sieben Mal Bronze: Das deutsche Leichtathletik-Team hat sich bei den Paralympics im brasilianischen Rio de Janeiro selbst reichlich beschenkt und war mit 25 Medaillen erfolgreicher als in Peking 2008 (21) oder London 2012 (18). Mehr Goldmedaillen hatte es zuletzt vor 20 Jahren gegeben: 1996 kehrten die Leichtathleten mit zehn Siegen aus Atlanta zurück.
Im Sportarten-Medaillenranking macht das Platz vier hinter China, den USA und Großbritannien – Nationen, in denen die Sportförderung noch ausgeprägter ist als hierzulande. Zum Vergleich: In London war Deutschland noch auf Rang zwölf mit fünf Mal Gold, drei Mal Silber und zehn Mal Bronze. Überraschend für Bundestrainer Willi Gernemann ist die Tatsache, dass seine Mannschaft sogar Gastgeber Brasilien als Fünfter hinter sich lassen konnte. „Davon habe ich vielleicht geträumt, aber nie damit gerechnet. Ich bin mehr als zufrieden. Meine geheimste Kalkulation waren 24 Medaillen, jetzt sind es 25 und es hätten sogar noch mehr goldene sein können“, sagt Gernemann und verweist auf teils hauchdünne Entscheidungen wie beim 400-Meter-Lauf von David Behre, der Gold um drei Hundertstel verpasste oder bei Irmgard Bensusan über 100 Meter, als nur zwei Hundertstel zum Sieg fehlten.
„Mit 95 Prozent der Leistungen bin ich zufrieden, einige Nachwuchssportler haben persönliche Bestleistungen aufgestellt, das war gut. Und man darf nicht vergessen, dass wir ohne die Absagen von Ilke Wyludda oder Marie Hawkeshood weitere Medaillen hätten gewinnen können“, sagt Gernemann, der lediglich auf ein besseres Abschneiden der Rennrollstuhlsportler gehofft hatte.
Noch vor den Radsportlern (8 Gold/3 Silber/4 Bronze) stellt die Leichtathletik den größten Anteil an den 57 deutschen Medaillen bei den Sommerspielen und hat damit rund die Hälfte aller Medaillen des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) gewonnen. „Noch beeindruckender wird das, wenn man beachtet, dass bei uns die mit Abstand größte Konkurrenz herrscht. Rund 60 Nationen haben Medaillen gewonnen, das gibt es sonst in keiner Sportart“, sagt Gernemann.
Als emotionales Highlight der Spiele nennt er die 4x100-Meter-Staffel mit Markus Rehm, David Behre, Felix Streng und Johannes Floors, die als Zweiter ins Ziel sprintete, dann aber nach der Disqualifikation der USA doch Gold gewann: „Das war ein Auf und Ab. Die Freude war am Anfang noch gedämpft und wich dann aber großem Jubel auf allen Seiten.“
Den Erfolg führt der Bundestrainer auf gleich mehrere Bausteine zurück. „Ohne das Funktionsteam, ohne die Physiotherapeuten, ohne die Ärzte, ohne die Techniker wäre all das gar nie möglich gewesen. Diese Serviceleistungen sieht keiner. Das muss hier klar hervorgehoben werden“, sagte Gernemann. Felix Streng hat zum Beispiel trotz muskulärer Probleme in den Anfangstagen Gold und zwei Mal Bronze gewonnen, Johannes Floors zu persönlicher Bestzeit über 200 Meter sprinten, obwohl er sich kurz zuvor beim Gold-Jubel mit der Staffel verletzt hatte.
„Und dann sind Leistungen auch nur dank einer optimalen Vorbereitung durch die Heimtrainer realisierbar. Die machen alle einen guten Job“, sagt Gernemann, dessen Team sich aus mehreren Block- und Disziplintrainern zusammensetzt: „Die Konzeption, nah an den Athleten und Trainern zu sein, ist voll aufgegangen.“
Der Zyklus bis zu den nächsten Paralympics 2020 in Tokio dürfte für die Leichtathleten übrigens so kurz werden wie bisher noch nie – schließlich stehen gleich zwei Highlights an: Vom 14. bis 23. Juli 2017 findet in London die Weltmeisterschaft statt, vom 20. bis 26. August 2018 die Heim-Europameisterschaft in Berlin.
Alle deutschen Leichtathletik-Medaillen von Rio im Überblick
Gold (9): Franziska Liebhardt, Birgit Kober, Niko Kappel, Sebastian Dietz, Daniel Scheil (alle Kugelstoßen), Vanessa Low, Heinrich Popow, Markus Rehm (alle Weitsprung), Markus Rehm, David Behre, Felix Streng, Johannes Floors (4x100-Meter-Staffel)
Silber (9): Irmgard Bensusan (100 Meter, 200 Meter, 400 Meter), Martina Willing (Speerwurf), Franziska Liebhardt (Weitsprung), David Behre (400 Meter), Marianne Buggenhagen (Diskuswurf), Vanessa Low (100 Meter), Claudia Nicoleitzik (100 Meter)
Bronze (7): Felix Streng (Weitsprung, 100 Meter), Frances Herrmann (Speerwurf), Thomas Ulbricht (100 Meter), Katrin M, David Behre (400 Meter)er, 200 Meter, 400 Meter), ter), Katrin Metz, Daniel Scheil (alle Kugelstoßen), Heinrich Popow, Markus üller-Rottgardt und Sebastian Fricke (100 Meter), David Behre (200 Meter), Claudia Nicoleitzik (200 Meter)