Die «Grande Dame» des Behindertensports wird 65

Marianne Buggenhagen beim Diskuswurf
Marianne Buggenhagen © Ralf Kuckuck/DBS

An ihrem 65. Geburtstag ist die «Grande Dame» des Behindertensports auf großer Fahrt. «Ich gehe mit meinem Mann Jörg auf's Schiff», sagt Marianne Buggenhagen. Ihre Kreuzfahrt führt nicht irgendwohin: Buggenhagen kehrt an den Ort zurück, an dem sie 1992 zum ersten Mal an den Paralympics teilnahm. «An meinem Geburtstag am 26. Mai bin ich in Barcelona. Das ist besonders schön, an die Stadt habe ich tolle Erinnerungen», sagt sie der Deutschen Presse-Agentur. 1992 startete sie in der katalanischen Metropole richtig durch, gewann viermal Gold.

Weitere zehn Paralympics-Medaillen und zahlreiche Ehrungen später blickt Buggenhagen auf eine der erfolgreichsten Karrieren des deutschen Behindertensports zurück, die nach den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro endete. «Den Spitznamen "Grande Dame" kann ihr keiner nehmen», sagt Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS). «Sie ist ein mutmachendes Vorbild für viele Nachwuchssportlerinnen.»

Die in Ueckermünde geborene Sportlerin hat das Bundesverdienstkreuz und das Silberne Lorbeerblatt erhalten. Vom Verband der Deutschen Staatsbürgerinnen wurde sie zur Frau des Jahres erkoren, 1994 gewann sie eine ARD-Wahl zu Deutschlands Sportlerin des Jahres - vor Franziska van Almsick und Steffi Graf.

Der Sport ist für Buggenhagen jedoch viel mehr als Titel und Ehrungen. «Fast alles» habe er ihr bedeutet. «Wenn ich den Sport nicht gehabt hätte, wäre ich im Pflegeheim gelandet oder asozial geworden», schreibt sie in ihrer Autobiografie («Ich bin von Kopf bis Fuß auf Leben eingestellt»).

Ihre Augen leuchten, als sie von den Anfängen ihrer Karriere in der DDR erzählt. Von «Eisenschweinen», wie sie die 40-Kilo-Rollstühle damals nannte. Und von den ersten Trainingswochen beim Rollstuhl-Basketball, die ihr nach dem Bandscheibenvorfall, der ihre Querschnittslähmung auslöste, dabei halfen, besser mit dem schweren Alltagsbegleiter umzugehen. «Schon nach acht Wochen Training habe ich gemerkt, dass ich selbstständiger geworden war», sagt sie. «Ich konnte mir die Hose im Rollstuhl anziehen. Ich hatte kraftmäßig zugelegt.»

Der Sport habe zudem ihr Selbstvertrauen gesteigert. «Früher wurde ich manchmal als Krüppel bezeichnet. Und jetzt hatte ich was geleistet», erklärt sie. Ihre Begeisterung für den Sport will sie weitergeben: «Ich sage jedem: Treib' Sport. Und wenn du die Möglichkeit hast, treib' Leistungssport.»

Buggenhagen trainiert immer noch rund zehn Stunden die Woche. In ihrem Wohnort Bernau bei Berlin setzt sie sich für Barrierefreiheit ein, zudem betreut sie zwei Schulen, die ihren Namen tragen. «Wenn ich die Kinder in meinen Schulen sehe, geht mir das Herz auf», sagt Buggenhagen. Die Schüler haben einen Anteil daran, dass die vielseitige Athletin, die im Diskuswerfen, Kugelstoßen, Speerwerfen und im Mehrkampf Paralympics-Medaillen gewann, bis ins Alter von 63 Jahren Leistungssport betrieb. «Ich wollte ihnen möglichst lange ein Vorbild sein», erklärt sie.

Bei so vielen Aufgaben bleiben manche Hobbys auf der Strecke. Eigentlich wollte Buggenhagen nach dem Karriereende ihren Angelschein machen. «Dazu komme ich bisher aber nicht», sagt sie. Schlimm findet Buggenhagen das nicht. «Ich will auch mal hochseeangeln», sagt sie und ergänzt mit einem Augenzwinkern: «Aber man sollte auch immer noch Wünsche und Träume haben, sonst bräuchte man ja nicht mehr auf der Welt zu sein.»


Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg, www.dpa.de