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40 Jahre Engagement für die Inklusion
Jutta Schlochtermeyers Leidenschaft bleibt der Behindertensport in Niedersachsen

Sie ist eine beharrliche Pionierin für den Behindertensport in Niedersachsen und nicht zuletzt für das Bewegen von geistig gehandicapten Menschen. „Es ist mir ganz wichtig, die Gesellschaft weiter für dieses Thema zu sensibilisieren. Dazu ist leider jede Menge Überzeugungs- und Öffentlichkeitsarbeit nötig“, sagt Jutta Schlochtermeyer. Die 67-jährige Osnabrückerin ergänzt: „Aber ich bin ja inzwischen Kummer gewohnt. Er spornt mich eher an.“
Seit 1982 ist Jutta Schlochtermeyer als Übungsleiterin und seit neun Jahren als Inklusionsbeauftragte und Vizepräsidentin des Behinderten Sportverbandes Niedersachsen (BSN) aktiv. In den vergangenen vier Jahren war sie zudem als stellvertretende Vorsitzende des Stadtsportbundes Osnabrück für das Handlungsfeld Sportentwicklung zuständig. Als Vorstandsmitglied und Inklusionsbeauftragte kümmert sie sich weiter intensiv um die Teilhabe behinderter Menschen am Sport.
Entsprechend traurig ist Schlochtermeyer, dass alle Wettkämpfe, Sportfeste und Meisterschaften des BSN bis zum 30. August abgesagt sind. Auch der 14. Sportivationstags, den der BSN, zu nicht Corona Zeiten, mit dem Stadtsportbund für die Schulen und mehr als 700 Kinder und Jugendliche mit und ohne Handicap veranstaltet. Diese Veranstaltung sei immer „ein absolutes Highlight“ für die Kinder, die oft monatelang auf die Sportabzeichen-Abnahme an diesem Tag hintrainieren.
Die ehemalige Kunstturnerin und Lehrerin war 1981 aus dem Regelschulbetrieb aus- und bei der Heilpädagogischen Hilfe (HHO) in Sutthausen als Sportlehrerin eingestiegen. „Zu dieser Zeit gab es hier noch keine Sportangebote für Menschen mit geistiger Behinderung“, weiß Schlochtermeyer. Das änderte sich bald: Sie organisierte für die HHO ein Sportfest für 500 Beschäftigte von Werkstätten. „Seitdem ist die Zielgruppe der Menschen mit einer geistigen Behinderung auch Thema im BSN. Dieser hatte seinen Ursprung im Versehrtensport und kümmerte sich zunächst um die körperlich Beeinträchtigten.“ Bald engagierte der Verband die Osnabrückerin als Übungsleiterin und Referentin.
Der gerade vom örtlichen Landessportbund (LSB) mit Expertise des BSN, des Gehörlosensportverbandes und der Special Olympics erarbeitete „Masterplan Inklusion“ und dessen Umsetzung im organisierten Sport, liegt Schlochtermeyer besonders am Herzen. Die dort formulierten elf Handlungsfeldern und 31 konkreten Ziele sollen auf dem nächsten Landessporttag verabschiedet werden.
Zu diesen Zielen zählen z.B. die vorrangige Finanzierung inklusiver Projekte samt Weiterbildungsangeboten oder der barrierefreie Sportstättenbau zur flächendeckenden Teilhabe von Aktiven und Zuschauern mit Behinderung. „Wir haben die Chance, endlich einen ganz großen Schritt im inklusiven Sport zu machen“, sagt Schlochtermeyer. Auch die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung an Entwicklungsprozessen sei ein Vorhaben. „Das alles gebietet allein schon der Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention.“
Wenn es nach der Verabschiedung des „Masterplan Inklusion“ im November darum geht, die Ziele in allen niedersächsischen Kreisen und Regionen umzusetzen, wird Schlochtermeyer mit ganz viel Herzblut vorangehen. Dann soll das auf große Beine gestellt werden, wofür sie sich seit 40 Jahren im Höchstmaß engagiert. Dass auf dem Weg dorthin Herausforderungen und Stolpersteine zu bewältigen sind, ist allen Beteiligten bewusst“, betont sie.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 13.07.2020. Autor: Christian Detloff