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"Ich würde jedem wünschen, so etwas einmal erleben zu dürfen" - Interview mit Guide Maria Paulig
Maria Paulig begann ihre sportliche Karriere zunächst in der Leichtathletik, bevor sie mit 17 Jahren zum Triathlon wechselte. 2023 wurde sie Guide der sehbehinderten Anja Renner im Para Triathlon und begleitet sie im Wasser, auf dem Rad und beim Laufen. Zusammen gewannen sie bereits im ersten Jahr den Para Cup in Paris und ein Jahr später Bronze bei den Paralympics. Jetzt treten sie am 18. Oktober bei der Para Triathlon-WM in Wollongong (Australien) an.
DBS: Was ist deine Aufgabe als Guide?
Paulig: In erster Linie ist meine Aufgabe als Guide beim Para Triathlon, das Rennen mit der seheingeschränkten Athletin zu bestreiten und sozusagen das zweite Paar Augen zu sein. Beim Schwimmen navigiere ich uns über die Strecke, gebe ein Signal, wann z.B, Anja an einer Boje wenden oder abbiegen muss und behalte den Überblick über die anderen Paare. Da wir das Radfahren auf einem Tandem absolvieren, sitze ich als Guide vorne und übernehme das Lenken, Schalten oder Bremsen. Beim Laufen helfe ich der Athletin über den Kurs indem ich – mit ihr über ein Art von Band oder Ring verbunden – beispielsweise eine Bodenwelle ansage, Wasser reiche oder im Blick halte, wo die Konkurrenz gerade istAbgesehen vom Rennen unterstütze ich aber auch bei allem rund um den Wettkampf, beispielsweise bei der Anreise oder wenn wir die Wechselzone für den Wettkampf aufbauen.
DBS: Wie funktioniert die Kommunikation beim Schwimmen, wenn verbale Signale schwierig sind?
Paulig: Beim Schwimmen kommunizieren wir verbal eigentlich gar nicht, sondern nur über Körperkontakt. Wir sind über eine Art „Surf-Leine“ verbunden, dass heißt die Athletin spürt den Zug, wenn ich mich in eine bestimmte Richtung bewege. Manchmal gebe ich ihr auch ein Signal an der Schulter oder am Kopf, je nachdem, wo ich sie am besten erwische, um zu zeigen wo wir abbiegen müssen.
DBS: Wie bist du Guide geworden und wie kam der Kontakt zu Anja Renner zustande?
Paulig: Vor etwa zweieinhalb Jahren hat mich ein ehemaliger Trainer angeschrieben und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Guide für Anja zu werden. Er wusste, dass Anja einen neuen Guide sucht und dachte, dass es menschlich und sportlich gut zwischen uns passen würde. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nicht wirklich eine Vorstellung davon, wie es ist, Guide zu sein und kannte mich auch im Para Triathlon noch nicht aus. Ich war aber neugierig und wollte mich drauf einlassen, deshalb habe ich einfach mit Anja telefoniert, wir haben ein Trainingstreffen ausgemacht und es hat mir total viel Spaß gemacht.
DBS: Musstest du dafür die Rolle als Guide erstmal „lernen“ oder konntest du ohne Probleme starten?
Paulig: Bei uns im Para Triathlon ist die größte Umstellung das Tandemfahren, würde ich sagen. Das haben wir bei unseren ersten Treffen dann auch direkt ausprobiert, weil Anja wichtig war, herauszufinden, ob das Fahren auf dem Tandem funktioniert. Das ist die Grundvoraussetzung für den Para Triathlon in der Kategorie der Sehbeeinträchtigten. Ansonsten ist es viel „learning by doing“. Es gibt keine konkrete Schulung dafür, die sagt, was man genau beherrschen muss. Wichtig ist nur, dass man offen ist und sich traut, man wächst in die Aufgabe hinein. Dann ist es auch total bereichernd, wenn man das Rennen zusammen bestreitet und als Team gemeinsam Herausforderungen löst.
DBS: Ihr wart schnell sehr erfolgreich. Gut ein Jahr ist es her, dass ihr die Bronzemedaille bei den Paralympics in Paris gewonnen habt. Wie war die Erfahrung für dich?
Paulig: Es war für mich als Sportlerin eines der schönsten Erlebnisse, in Paris überhaupt dabei gewesen zu sein – und dann sogar noch eine Medaille mit nach Hause gebracht zu haben. Das war einfach verrückt. Ich würde jedem wünschen, so etwas einmal erleben zu dürfen. Das Paralympische Dorf, das Rennen, die Kulisse… Es war unbeschreiblich und hätte schöner nicht sein können. Wenn ich daran denke, wie wir auf dem Podium standen, kriege ich noch immer Gänsehaut. Ein Teil von den Paralympics gewesen zu sein, macht mich unglaublich stolz und das werden Anja und ich auch nie vergessen.
DBS: Und zum Schluss ein kleiner Ausblick auf die Zukunft. Was sind da eure Ziele?
Paulig: Als nächstes steht die Para Triathlon-WM in Wollongong in Australien an, das wichtigste Rennen in diesem Jahr für uns (einen Vorbericht zur Para Triathlon-WM gibt es hier). Wir streben dort einen Platz auf dem Podium an. Anja möchte auf jeden Fall noch die Paralympics in Los Angeles in Angriff nehmen. Auf diesem Weg würde ich sie super gerne weiter unterstützen.
