Aktuelles vom Para Tischtennis
Para Tischtennis-Qualifikationsturnier: Trotz starker Leistungen kein weiteres Tokio-Ticket für deutsche Starter
Auch ohne direkte Qualifikation hat sich das deutsche Para Tischtennis-Team eine gute Ausgangsposition für die Wildcards erspielt
Beim Welt-Qualifikationsturnier im slowenischen Lasko hat es für das deutsche Team trotz beeindruckender Leistungen nicht für einen der begehrten Plätze für die Paralympischen Spiele gereicht. Dabei hatten es mit Tiziana Oliv, Jörg Didion und Jochen Wollmert gleich drei Athlet*innen ins Finale geschafft – doch dort unterlagen sie dann jeweils ihren Konkurrent*innen. Nur die Erstplatzierten der ausgetragenen Wettkampfklassen sicherten sich eines der letzten Tickets für Tokio.
Das entscheidende Turnier war für viele gleichzeitig auch der erste Wettkampf seit Sommer 2019 und gerade für die jungen Spieler*innen eine große Chance. Denn hier war es nicht relevant, welche Weltranglistenposition man innehat, oder wie viele Turnierpunkte man in der Qualifikationsphase gesammelt hatte – die Sieger*innen in Lasko haben ihren Startplatz in Tokio sicher.
Viel vorgenommen hatte sich Jochen Wollmert: Der Routinier der Wettkampfklasse 7 ist seit 1992 bei allen Paralympischen Spielen dabei gewesen und möchte unbedingt seine achten Paralympics erleben. Zunächst verlief das Turnier auch genau nach Wollmerts Vorstellungen: Er gewann beide Gruppenspiele mit 3:0, gab im Viertelfinale gegen den Schweden Jonas Hanson nur einen Satz ab und zog mit einem klaren Sieg gegen Henrik Brammer aus Dänemark ins Finale ein. Dort erwartete ihn mit Maksym Chudzicki aber ein stärkerer Gegner. Der in der Weltrangliste drei Plätze auf Rang 17 hinter Wollmert platzierte 22-jährige Pole zeigte sich seit dem letzten Turnier vor 15 Monaten stark verbessert und erwischte einen guten Start. Wollmert hielt dagegen, nichtsdestotrotz sicherte Chudzicki sich Satz eins mit 12:10. Der zweite Durchgang war ebenfalls hart umkämpft und auch dieses Mal hatte am Ende der junge Pole das glücklichere Händchen. Im dritten Satz lag Wollmert von Beginn an zurück und hatte schnell Satzbälle gegen sich. Wollmert kämpfte bis zum Schluss, musste Chudzicki am Ende aber doch gratulieren. „Ich hätte gerne die Chance zur Direktqualifikation genutzt“ ,so der Wuppertaler nach dem Match. „Vor allen Dingen hätte ich den zweiten Satz gewinnen müssen, aber es bleibt ja noch die Möglichkeit einer Wildcard“, hofft Wollmert.
Eine starke Vorstellung lieferte auch Jörg Didion. Der Hesse setzte sich in der WK5 in seiner Gruppe ebenfalls durch und bezwang im anschließenden Halbfinale den Weltranglisten-Zehnten Hamza Caliskan aus der Türkei mit 3:1. Doch auch hier lief es im Finale nicht wie erhofft: Jack Hunter-Spivey aus Großbritannien setzte Didion von Beginn an unter Druck und sicherte sich die ersten beiden Sätze mit 11:5 und 11:3. Im dritten Satz fand Didion mehr taktische Mittel und gestaltete diesen ausgeglichen – doch auch hier fehlte das nötige Quäntchen Glück: Mit 14:12 gewann die Nummer acht der Welt Hunter-Spivey auch diesen Satz und sicherte sich so den Startplatz bei den Paralympics.
Tiziana Oliv war aus deutscher Sicht die positive Überraschung des Turniers. Die 17-Jährige aus Kassel taucht in der Weltrangliste noch nicht auf und schockte in ihrem ersten Match die Weltranglisten-Achte der WK7, Smilla Sand aus Schweden, als sie einen 0:2 Rückstand noch drehte. Auch gegen Dora Molnar aus Ungarn zeigte Oliv eine starke Leistung und musste sich nur knapp geschlagen geben. Somit traf die Schülerin als Gruppenzweite im Halbfinale nun auf die an Position eins gesetzte Argentinierin Giselle Munoz. Auch diese war sichtlich beeindruckt, nachdem der erste Satz an Oliv ging und war im nächsten Durchgang gänzlich von der Rolle. In Satz drei fing die Nummer sieben der Welt sich etwas und konnte diesen noch drehen, doch Oliv ließ sich diese Chance nicht mehr nehmen: Mit 11:6 entschied sie den vierten Durchgang für sich und zog ins Finale ein. Dort traf sie auf die Norwegerin Nora Korneliussen, die im zweiten Halbfinale Molnar klar ausgeschaltet hatte – auch eine kleine Überraschung. Im Duell der Underdogs hatte die Deutsche dann leider das Nachsehen. Mit 1:3 holte sich Korneliussen in einem engen Spiel das Tokio-Ticket.
Nach starken Auftritten in der Gruppenphase wurde Marlene Reeg in der WK10 von der späteren Siegerin Merve Demir aus der Türkei im Halbfinale gestoppt. Ebenso erging es Florian Hartig (WK11), er verlor gegen Kim Chang Gi aus Korea. Bis ins Viertelfinale kam Joshua Wagner in der WK8, der dort aber dem Polen Marcin Skrynecki unterlag. Yannik Rüddenklau musste sich im Viertelfinale nach einer 2:0-Führung gegen den Ungarn Deszo Bereczki schließlich doch noch geschlagen geben.
Die anderen deutschen Spieler*innen mussten ihre Hoffnungen auf einen Platz in Tokio schon früh aufgeben.
“Wenn man die in Lasko gezeigten Leistungen betrachtet, verlief das Welt-Qualifikationsturnier aus deutscher Sicht hervorragend. Die meist jungen Spieler*innen hatten in der langen Wettkampfpause ein klares Ziel und in deren Fortschritten war die gute Trainingsarbeit der Bundestrainerin Jugend, Ela Madejska, und ihres Teams klar erkennbar“, zog Bundestrainer Volker Ziegler ein positives Fazit der Veranstaltung und hebt insbesondere die guten Vorstellungen des deutschen Nachwuchses hervor: „14 der 15 Spieler*innen haben entsprechend ihrer Setzung gespielt oder positiv überrascht. Die anderen Nationen haben dies sehr wohl registriert und uns teilweise zu unserem Nachwuchs gratuliert. Es ist aber für unsere jungen Spieler*innen natürlich noch ein langer Weg nach oben.“
Ein kleines weinendes Auge bleibt dennoch auch bei Ziegler: „Natürlich hätten wir gerne auch noch die Finals gewonnen und zu den bereits acht Qualifizierten weitere Plätze direkt geholt. Jetzt bleibt die Hoffnung auf Wildcards, für die wir uns mit den Ergebnissen in Lasko eine gute Ausgangsposition geschaffen haben“, hofft Ziegler auf die am 26. Juni zu vergebenden Wildcards.
Neben Janina Sommer, Jochen Wollmert, Jörg Didion darf sich auch Jan Gürtler, der in Lasko krankheitsbedingt nicht antreten konnte, in der WK3 noch Chancen auf eine dieser Wildcards ausrechnen.
Die acht bereits für Tokio qualifizierten deutschen Athlet*innen auf einen Blick:
Thomas Brüchle (WK3)
Thomas Schmidberger (WK3)
Sandra Mikolaschek (WK4)
Valentin Baus (WK5)
Stephanie Grebe (WK6)
Thomas Rau (WK6)
Björn Schnake (WK7)
Juliane Wolf (WK8)
Hier gibt es alle Ergebnisse des Welt-Qualifikationsturniers.
Quelle: Sonja Scholten