Aktuelles vom Para Snowboard
Para Snowboard: WM- und Paralympics-Qualifikation im Fokus
Am Donnerstag startet das deutsche Para Snowboard-Team im niederländischen Landgraaf in den Wettkampf-Winter. Zwei Athleten und eine Athletin werden am 28. und 29. November 2024 dabei sein, die sich primär für die Weltmeisterschaft im März in Kanada qualifizieren wollen – und schon die Paralympics 2026 in Italien im Kopf haben.
„Kalt“ sei es gewesen, sagt Para Snowboard Nationaltrainer Sebastian Schwerdt, als er im Trainingslager vom Kaunertaler Gletscher in Österreich anruft. Minus 30 Grad und 80 km/h Wind, da beginnen normale Menschen schon beim Lesen zu bibbern. „Das gehört zum Wintersport dazu“, sagt Schwerdt: „Wir waren von 8 Uhr bis 15.30 Uhr heute auf der Piste. Das ist auch nichts Besonderes, aber hoffentlich wird’s morgen wärmer.“ Immerhin: Bei der ersten Weltcup-Station in der niederländischen SnowWorld in Landgraaf dürfte es nicht allzu kalt sein – und Schwerdt hat einen „guten Eindruck“ von seinem Team.
Deutschlands Para Snowboard-Pionier Christian Schmiedt war nicht dabei im Trainingslager, reist aber direkt nach Landgraaf an, wo Europa- und Weltcup zum Auftakt parallel stattfinden. Mit zwei Siegen im kanadischen Whitehorse und zwei dritten Plätzen beim Heim-Weltcup in Grasgehren steigerte sich der Neunte der Paralympics in Peking 2022 im vergangenen Jahr und ist auch aktuell „gut drauf“, wenn man Schwerdt glaubt: „Das Ziel ist die WM-Qualifikation, um sich dann auch für die Paralympics in Position zu bringen. Das sollte für alle drei machbar sein.“ Die Bedingung: Zwei Platzierungen unter den Top 16 oder einmal unter die besten Acht im Weltcup.
Die Drei, das sind neben Schmiedt auch Natalie Nußbaum und Gael Suhner. Nußbaum kam im vergangenen Jahr über ein Snowboard-Camp erst zum Wintersport und schaffte es im Europacup direkt auf Platz zwei. Sollte sie jetzt wieder in Landgraaf auf dem Podium landen, würde sie in den Weltcup aufsteigen, sagt Schwerdt: „Sie hat sich Urlaub genommen, war jetzt drei Wochen im Trainingslager und hat auch große Fortschritte gemacht im Herbsttraining.“
Gael Suhner ist 17 Jahre jung und Schüler, wie Nußbaum kam auch er über das Camp zur Nationalmannschaft. Schon im vergangenen Jahr sollte er als „vielversprechendes“ Talent sein Weltcup-Debüt geben, doch ein Genickbruch im Training verhinderte das. Jetzt, zehn Monate später, sei er „gut darüber weg“, sagt der Trainer: „Von der Verletzung merkt man nichts mehr, das ist ja oft auch eine mentale Sache, dass der Kopf sagt: ‚Mach mal lieber langsam.‘“
Saison-Highlights sind der Heim-Weltcup in Grasgehren und die WM in Kanada
Die Stimmung im Team sei „sehr positiv“. Da hilft es natürlich auch, dass sich mit Christian Schmiedt und Johannes Bessell, der in Landgraaf noch nicht dabei ist, zwei „alte Hasen“ zu den Neuen gesellen. Nach Landgraaf stehen im Januar Weltcup-Stopps im finnischen Pyha, in Lenk in der Schweiz und im österreichischen Kühtai an. Anschließend folgen die Saison-Highlights: Zunächst vom 18. bis 20. Februar der Heim-Weltcup in Grasgehren (Bayern), bevor es im März zur WM im kanadischen Big White geht. Nur in Finnland wird das deutsche Team vermutlich aus Budget-Gründen nicht dabei sein können, alles andere steht fest im Rennkalender.
Geht es nach Cheftrainer Sebastian Schwerdt, der früher selbst im olympischen Weltcup gefahren ist, profitiert das deutsche Team im Vergleich zur finanziell besser aufgestellten Konkurrenz von der inklusiven Trainingskultur in seinem Verein SV Camp2Race: „Von Anfängerkursen bis zur Betreuung der Weltcup-Mannschaft kümmern wir uns und wollen die nichtvorhandene Struktur durch den Verein aufleben lassen.“ Da Schwerdt und sein Team auch für die olympische Junioren-Nationalmannschaft verantwortlich sind, wird gemeinsam trainiert: „Ich mache keinen Unterschied. Gerade für Chris und Natalie ist es ein großer Mehrwert, weil sie sich im Training mit Snowboardern ohne Behinderung messen müssen. Ich bin mir sicher, dass das im vergangenen Jahr die Erfolge von Chris ausgemacht hat. Das darf sich die Trainingsgemeinschaft durchaus auf die Fahne schreiben“, sagt Schwerdt über seinen erfolgreichsten Athleten.
Und von diesem „ausgeklügelten System“ profitiere auch der Nachwuchs im Para Snowboard, wie Schwerdt verrät: „Wir haben aktuell vier Sportler in der Pipeline, die zu Trainings kommen und die wir langsam heranführen an den Europa- und Weltcup. Das ist auch das Schöne am Para Sport.“ Vor Schwerdt und seinem Team liegt ein spannender Winter - und die Paralympics 2026 rücken immer mehr in den Fokus.
Text: Nico Feißt / DBS