Aktuelles vom Para Ski alpin im Deutschen Behindertensportverband
Heim-Weltcup am Feldberg: „Ein Leuchtturmprojekt für ganz Deutschland“

Am kommenden Dienstag wird auf dem Feldberg im Südschwarzwald eine ganz besondere Premiere gefeiert. Dann findet dort der erste Para Ski alpin-Weltcup auf deutschem Boden statt. Vor diesem außergewöhnlichen Heimspiel haben Para Ski alpin-Bundestrainer Justus Wolf, der Geschäftsführer der Feldbergbahnen GmbH, Julian Probst, und Veronika Fus, Sportwartin beim Skiverband Schwarzwald, im Interview Einblicke in die Planung und Organisation gegeben.
Der erste Para Ski alpin-Weltcup in Deutschland steht vor der Türe: Wo lagen bzw. liegen die konkreten Aufgabenbereiche im Vorfeld der Premiere?
Fus: Ich bin hauptsächlich verantwortlich für den Rennablauf sowie das gesamte Helferwesen rund um die Rennen. Ich stand und stehe also im regelmäßigen Austausch mit den zahlreichen Vereinen sowie den ehrenamtlichen Helfer*innen hier aus der Region, die diese Weltcup-Premiere überhaupt erst möglich machen.
Probst: Bei mir und meinem Team der Feldbergbahnen GmbH standen hauptsächlich die Vorbereitung der Piste sowie der Ablauf des Events im Vordergrund. Wir haben also dafür gesorgt, die technischen Grundlagen zu schaffen, um die Piste nach den Regularien des Weltverbands FIS aufzubereiten und das Event um das Rennen herum zu organisieren.
Wolf: In meinen Verantwortungsbereich fallen die Betreuung sowie die Unterbringung der einzelnen Teams. Am Ende laufen die Fäden bei mir zusammen, sodass es ein ständiges Miteinander ist. Wir haben zum Beispiel alle zwei Wochen Meetings innerhalb des Organisationskomitees abgehalten, um dort alles gemeinschaftlich abzustimmen. Denn die Organisation eines solchen Weltcups ist sehr vielschichtig und nur gemeinsam zu bewerkstelligen. Ohne Vero, Julian und die dahinterstehenden Organisationen wäre dieser Kraftakt in den vergangenen Wochen und Monaten nicht möglich gewesen.
Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass diese Weltcup-Premiere nun auf dem Feldberg stattfindet?
Wolf: Ich hatte einen Weltcup auf heimischem Boden schon länger ins Auge gefasst, aber in der Vergangenheit hat es aus verschiedensten Gründen nicht geklappt. Dieses Mal war es dann Vero, die mir im Herbst 2023 den Denkanstoß gegeben hat. Denn sie ist nicht nur Sportwartin des Skiverbands Schwarzwald, sondern gleichzeitig auch unsere Co-Trainerin im Nationalteam und hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass Julian und die Feldbergbahnen offen für Veranstaltungen im Para Sport-Bereich wären. Diesen Impuls habe ich dann genutzt und Julian einen Besuch abgestattet. Er war gleich genauso verrückt wie ich und hat gesagt: „Wenn, dann machen wir einen Weltcup!“ Nach zwei weiteren Treffen war dann recht schnell klar, dass wir das angehen wollen.
Probst: Ich muss sagen, ich wusste am Anfang gar nicht so recht, worauf ich mich da eingelassen habe. Aber dank der guten Zusammenarbeit und der guten Gespräche ist die ganze Idee dann immer weiter gewachsen. Jetzt am Ende stehen wir mit einer echt coolen Veranstaltung da – ein echtes Leuchtturmprojekt für ganz Deutschland. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es wirklich schade ist, dass es bis ins Jahr 2025 gedauert hat, um einen Weltcup im Para Ski alpin nach Deutschland zu holen. Umso schöner finde ich es, dass wir es sind, die dem Ganzen jetzt die verdiente Bühne und Aufmerksamkeit schenken dürfen.
Vor welche Aufgaben seid ihr bei der Organisation gestellt worden – gerade auch im Hinblick darauf, dass es ein Para Ski alpin-Weltcup ist?
Wolf: In den ersten Jahren meiner Tätigkeit beim DBS wäre ein solches Event sicherlich nicht möglich gewesen. Aber dadurch, dass ich jetzt schon sehr lange dabei bin, habe ich mittlerweile ein sehr gutes Verständnis für sämtliche Regularien und viele Kontakte. Somit wusste ich von Anfang an, was am Feldberg möglich ist und konnte viele Dinge auch über den kurzen Dienstweg lösen. Mein großes Bauchweh-Thema war tatsächlich die Unterbringung der Sportler*innen und ihrer Teams. Glücklicherweise haben wir dank tatkräftiger Mithilfe der Hochschwarzwald-Tourismus GmbH vier Hotels finden können, die unser Kontingent aufnehmen können und gleichzeitig die nötigen Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen. Denn die Rollstuhlmobilitätist hier im Schwarzwald noch nicht so gegeben wie an anderen Orten, da hier noch viele alte, traditionelle Häuser stehen. Ohne diese Hilfe hätte es bestimmt nochmal ein Jahr gedauert, bis ich entsprechende Hotels gefunden hätte.
Probst: Für uns war das Thema Barrierefreiheit natürlich auch ein großes. Schon allein durch den generellen demografischen Wandel in unserer Gesellschaft ist davon auszugehen, dass es in Zukunft noch wichtiger sein wird, barrierefreie Bahnen zu haben. In der Schweiz gibt es beispielsweise ein Gesetz, nach dem alle Bahnen bis zu diesem Jahr barrierefrei gestaltet sein müssen. Ein solches Gesetz gibt es in Deutschland nicht. Und dann ist es umso besser, dass durch solche Events der Fokus darauf gelegt wird, um den Anschluss nicht zu verlieren. Dadurch kamen jetzt schon einige Dinge ans Licht, bei denen man einfach sagen muss: „So geht’s nicht.“ Auf der FIS-Strecke gibt es zum Beispiel öffentliche Toiletten, die aber ausschließlich über Treppen erreichbar sind. Dort haben wir jetzt mobile Toiletten aufgestellt. Damit man überhaupt an die Piste kommt, muss man auch eine Treppe hinauf – deshalb werden die Athlet*innen oben am Feldbergpass rausgelassen, um von dort aus auf die Wettkampfpiste zu gelangen.
Fus: Eine weitere Besonderheit ist sicherlich die Absicherung der Piste. Hier werden wir ein bis zwei Fangzäune mehr aufstellen müssen als bei gewöhnlichen Ski-Rennen, da es schon nochmal eine andere Wucht hat, wenn jemand mit einem Monoskigerät in die Streckenbegrenzung kracht.
Ein Problem ist bestimmt auch die Schneesicherheit sowie die Kritik an der künstlichen Beschneiung. Gab es dafür im Vorfeld Gegenwind?
Fus: Das ist sicher kein exklusives, sondern eher ein generelles Problem. Viele Leute denken bei Kunstschnee erstmal an etwas Schlechtes. Dabei ist es eigentlich nur Wasser, das der Natur in Form von Schnee zurückgegeben wird.
Wolf: Außerdem glaube ich, dass wir in diesem Punkt einen sehr hohen Standard ansetzen und allen voran darauf bedacht sind, das Ganze nachhaltig zu gestalten. In den kommenden zwei Wochen werden insgesamt vier Events auf dem Feldberg stattfinden, die allesamt von diesem Schnee profitieren. Wir schaffen damit also nicht nur Synergien zwischen dem Sport von Menschen mit und ohne Behinderung, sondern gehen auch äußerst verantwortungsbewusst mit Ressourcen um.
Wie viele Aktive werden bei den Rennen am Feldberg am Start sein?
Wolf: Beim Weltcup selbst werden rund 60 Sportler*innen aus insgesamt 16 Nationen antreten. Mit den ganzen Betreuern kommen wir in etwa auf eine Zahl von 130 Personen. Wir vom deutschen Team werden mit sechs Sportler*innen und einem Guide an den Start gehen.
Fus: Dazu kommen dann noch etwa 25 freiwillige Helfer*innen, die aber alle vorrangig hier in der Schwarzwald-Region beheimatet sind.
Also ein großes Spektakel, das eine große Aufmerksamkeit verdient hat. Mit was für einem Zuschauerandrang rechnet ihr an der Strecke?
Probst: Es wäre schön, wenn einige Leute kämen. Mittlerweile kann ich mir vorstellen, dass es gut angenommen wird, wenngleich ich auch sagen muss, dass ich zu Anfang nicht davon ausgegangen bin, dass viele kommen werden. Ob es am Ende 50, 100 oder 300 Zuschauer werden, ist schwer zu sagen. Wir standen auch bereits mit einigen Schulen im Austausch mit dem Ziel, dass sie das Thema Para Sport doch vielleicht mal im Unterricht behandeln. Wir freuen uns über jeden, der den Weg zu uns findet. Allerdings haben wir nur einen Grill, das könnte natürlich zu einem Engpass führen (lacht).
Fus: Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir den Weltcup unter der Woche abhalten. Am Wochenende würde das natürlich nochmal anders aussehen. Aber die allgemeine Stimmung rund um das Event ist sehr gut, weshalb ich auch glaube, dass es gut angenommen wird.
All diejenigen, die nicht vor Ort sein können, haben im ZDF-Livestream die Chance, den Weltcup mitzuverfolgen. Wie wichtig ist diese Form der Aufmerksamkeit?
Wolf: Das ist essenziell wichtig, denn der ganze Weltcup zielt schon darauf ab, Aufmerksamkeit zu generieren und auch potenzielle Nachwuchssportler*innen anzusprechen. Den Behindertensport plagen seit Jahren Nachwuchssorgen. Wir betreiben immer wieder einen riesigen Aufwand, um junge Sportler*innen mit einem Handicap in den Leistungssport zu bringen. Ein solcher Weltcup kann dazu beitragen, dass sich die jungen Leute für die unfassbaren sportlichen Leistungen der Para Athlet*innen begeistern können. Dabei ist es mir ehrlich gesagt egal, ob sie am Ende bei uns im Para Ski alpin landen. Mir geht es in erster Linie um den Para Sport an sich. Denn ich finde, dieser ist eine enorme Bereicherung für die Gesellschaft und trägt auch einfach zur Gesundheit und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderung bei.
Abschließend die Frage an alle: Was sind Wünsche und Hoffnungen mit Blick auf die Weltcup-Premiere?
Fus: Als Sportwartin des Skiverbandes Schwarzwald wünsche ich mir ganz einfach mehr Akzeptanz für unseren Sport. Es ist eine großartige Möglichkeit, zu zeigen, was möglich ist – und das kommt nicht nur dem Sport zugute, sondern auch den Feldbergbahnen. Der Feldberg ist das einzige größere Skigebiet hier in der Region, auf dem wir Rennen fahren können. Gerade auch im Hinblick auf die Nachwuchsförderung ist das ein ganz wichtiger Aspekt.
Probst: Diesen Punkt bezüglich mehr Akzeptanz kann ich nur unterstreichen. Ich bin in den letzten Wochen auch immer wieder gefragt worden, warum wir überhaupt einen Weltcup im Para Ski alpin ausrichten. Die Antwort darauf ist ganz einfach: ich bin davon überzeugt, dass der Skisport so ziemlich der einzige Sport ist, den man mit der ganzen Familie gemeinsam betreiben kann – und bei dem am Ende des Tages alle glücklich nach Hause gehen. Der Para Sport unterstreicht die Inklusivität des Sports: nicht nur unterschiedliche Altersgruppen können gemeinsam Spaß haben, selbst mit einer körperlichen Behinderung funktioniert das – das beweist, wie unglaublich inklusiv der Skisport ist. Und wenn die Region es ernsthaft angeht, funktioniert das sogar im Schwarzwald – und diese Botschaft möchte ich vermitteln.
Wolf: Meine Wunschliste ist recht lang: Zum einen wünsche ich mir, dass sich der Aufwand für die Feldbergbahnen und den Skiverband Schwarzwald lohnt und sie davon profitieren. Dann wünsche ich mir, dass die Veranstaltung auch in unseren Strukturen für Nachhaltigkeit sorgt und sich daraus möglicherweise einige Projekte entwickeln. Genauso hoffe ich, dass sich dieses Event als fester Bestandteil in unserem Terminkalender etabliert und keine einmalige Sache bleibt.
Interview: Moritz Jonas / DBS
Hier geht's zum Interview mit Lokalmatadorin Anna-Lena Forster.
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