Aktuelles von den Paralympics in Rio 2016
„Ich habe richtig Lust, dass es jetzt losgeht“
Schwimmen: Vier Neulinge im deutschen Team wollen bei ihrer Premiere persönliche Bestzeiten erreichen – und genießen
Deutschlands Schwimmerinnen und Schwimmer sind bereit für die Wettkämpfe. „Unser Team scharrt schon mit den Hufen“, betont Bundestrainerin Ute Schinkitz und fügt an: „Wir haben im Vorfeld sehr viel investiert und alles getan. Daher sind wir optimistisch, dass wir gute Leistungen zeigen werden.“ 13 deutsche Athletinnen und Athleten starten bei den Paralympics in Rio de Janeiro. Es ist eine Mischung aus „alten Hasen“ wie Annke Conradi (sechste Teilnahme, 51, Schwimmclub Regensburg) oder Daniela Schulte (fünfte Teilnahme, 34, PSC Berlin) und vier Neulingen.
Janina Breuer (PSC Berlin), mit 17 Jahren die jüngste Teilnehmerin in der gesamten Deutschen Paralympischen Mannschaft, Denise Grahl (PSC Berlin), Emely Telle (PSC Berlin) und Hannes Schürmann (TSV Bayer Leverkusen) feiern am Zuckerhut ihre paralympische Premiere. „Ich bin schon hibbelig und habe richtig Lust, dass es jetzt losgeht“, sagt die sehbehinderte Emely Telle. Dabei sind die Chancen der zweifachen Vize-Weltmeisterin auf Edelmetall aufgrund einer Zusammenlegung der Startklassen S12 und S13 stark gesunken. „Dadurch habe ich deutlich mehr und deutlich stärkere Konkurrenz. Wenn alles normal läuft, werde ich es nicht aufs Podium schaffen. Eine Medaille wäre eine Riesenüberraschung“, erklärt die 19-Jährige. Dabei war Edelmetall in Rio nach ihrem erneuten WM-Silber 2015 der große Traum. Dann folgte jedoch die Zusammenlegung der Startklassen. „Damit musste ich erstmal klar kommen und war natürlich anfangs sehr enttäuscht. Doch inzwischen habe ich mich damit abgefunden.“ Emely Telle hat sich neue Ziele gesteckt, die sie trotz schwieriger Saison mit schwachem Abschneiden bei der EM und längerer Ausfallzeit im Mai erreichen möchte. „Eine Finalteilnahme über 100 Meter Brust und persönliche Bestzeit schwimmen – dann steige ich glücklich in den Flieger nach Hause.“
Glücklich, überhaupt dabei zu sein, ist Hannes Schürmann. Denn seine Nominierung erfolgte durchaus überraschend, nachdem er bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften in Berlin die Norm für Rio verpasst hatte. „Ich hatte nicht mehr damit gerechnet. Dann hat mich Bundestrainerin Ute Schinkitz am 1. August angerufen und mir mitgeteilt, dass ich doch dabei bin“, schildert der 18-Jährige sein Gefühlskino. Die Urlaubsplanung wurde über den Haufen geworfen, bei seiner neu angetretenen Ausbildungsstelle nahm er sich die notwendigen freien Tage – und jetzt sitzt Hannes Schürmann im Paralympischen Dorf in Rio de Janeiro. „Ich fühle mich sehr wohl hier und freue mich jetzt auf meine Wettkämpfe.“ Schürmann ist der Vielstarter im deutschen Team, hat insgesamt sechs Rennen. „Ich will das Beste herausholen, und persönliche Bestzeiten schwimmen“, sagt der Remscheider – und vor allem wolle er ganz locker bleiben und die Zeit genießen.
Denn eine solche Atmosphäre erlebt das deutsche Team nur alle vier Jahre. „Als ich das erste Mal in der Halle war – das war ein echter Wow-Moment, ein richtiges Highlight“, berichtet Emely Telle, der auch das Leben im Dorf gefällt. „Ich bin mit meinen Augen überall. Es sind so viele interessante Menschen hier und es ist cool, die anderen Sportstars zu sehen.“
Im Aquatics Stadium werden sich die deutschen Schwimmerinnen und Schwimmer mit diesen Stars im Wasser messen. „Zum Auftakt geht es für uns darum, in den Wettkampfmodus zu kommen und die Atmosphäre aufzusaugen. Wir wollen gute Zeiten schwimmen, um Schwung für die nächsten Tage mitzunehmen“, sagt Bundestrainerin Schinkitz. Es fehlten diesmal Medaillengaranten wie die zurückgetretene Kirsten Bruhn oder auch Daniela Schulte, die aufgrund einiger gesundheitlicher Probleme in den vergangenen Jahren nicht in Top-Form ist und als eine Art Wundertüte an den Start geht. „Wenn es uns gelingt, auf den Punkt unsere Leistung zu bringen, physisch und mental, dann werden wir auch um Medaillen mitschwimmen. Wir haben gut trainiert und sind daher auch optimistisch, wissen aber, dass einige Nationen aufgeholt haben. In vielen Klassen geht es sehr knapp zur Sache und das Niveau ist richtig hoch. Das ist für den Sport eine positive Entwicklung“, so Ute Schinkitz.