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Ski alpin: Weltmeister auf der Suche nach Perfektion
Es ist ein spannendes Projekt: Georg Kreiter ist Doppel-Weltmeister, gewann 2015 den Titel im Super G und in der Super-Kombination. Und dennoch hat sich der 31 Jahre alte Monoskifahrer entschieden, auf dem Weg zu den Paralympischen Spielen 2018 sein Skisitzgerät zu wechseln. Es ist ein schmaler Grat zwischen Geschwindigkeitsvorteilen und Anpassungsproblemen. Umso gespannter ist er kurz vor dem Saisonstart und den ersten Weltcups.
Es sind diese zahlreichen Kleinigkeiten, die aber eine große Wirkung haben können. Hier ein Schräubchen, dort ein Rädchen, eine Feder, etwas nachstellen, mehr Spiel oder weniger. Für jeden Athleten müssen die Feinjustierungen am Skisitzgerät anders eingestellt werden, für alle Schneeverhältnisse sind sie unterschiedlich. Und natürlich vor allem für die diversen Disziplinen im alpinen Skirennsport der sitzenden Klasse. Georg Kreiter hat inzwischen gelernt, die richtigen Stellschrauben zu drehen – jedenfalls glaubt er das. Der neue Wettkampfwinter kann kommen.
Fast eine Saison hat es gedauert, bis sich der deutsche Behindertensportler des Jahres 2015 an sein neues Monoskimodell eines französischen Herstellers gewöhnt hat. Die Franzosen hatten ihn gefragt, ob er ihr Skisitzgerät nicht einmal ausprobieren wolle, eine Saison lang. Er wollte. „Es gab allerdings viele Höhen und Tiefen im letzten Jahr“, erzählt der 31-Jährige, „die Gewöhnungsphase war schwieriger als gedacht“. Aber jetzt, meint er, sei diese Phase abgeschlossen. Kreiter ist nach den deutschen Meisterschaften und zwei Europacups im österreichischen Pitztal (10. bis 13. Dezember) bereit für den Weltcupauftakt am 15. Dezember im Kühtai (Österreich). Und natürlich für die Weltmeisterschaft vom 22. bis 31. Januar im italienischen Tarvisio.
Dort möchte er schließlich zwei Titel verteidigen, mindestens: Im Riesenslalom und in der Superkombination. Vor allem aber geht sein Blick noch weiter voraus nach Südkorea, zu den Paralympischen Spielen vom 9. bis 20. März in PyeongChang. Nachdem die Spiele in Sotschi für ihn zu einer Enttäuschung wurden – „ich bin mit dem Schnee und der Wärme nicht zurecht gekommen“ – hat er für sich selbst etwas gutzumachen.
2006 saß Georg Kreiter erstmals in einem Monoski, seit 2010 gehört er der Nationalmannschaft an
Der Umstieg auf das neue Gerät war deshalb auch der Suche nach weiterer Perfektion geschuldet. Es ist schließlich absoluter Spitzensport, da zählen Kleinigkeiten – auch das Material. „Wenn ich die Einstellungen gut hinkriege und die optimale Linie finde, dann kann ich mehr herausholen“, hat Kreiter beobachtet. Sein abschließender Weltcupsieg in Aspen im Frühjahr ließ die Zuversicht noch anwachsen, auf dem richtigen Weg zu sein. „Ich hoffe, dass es jetzt in der neuen Saison klappt, jedenfalls gehe ich nicht mehr zurück aufs alte Gerät“, sagt er. Die Entscheidung ist gefallen, sie wird jetzt durchgezogen.
Mit der gleichen Konsequenz hat der Oberbayer aus Wolfratshausen seine sportliche Karriere vorangetrieben. Seit einem Motorradunfall 2002 ist er ab dem fünften Brustwirbel gelähmt. Er kann nur Arme, Kopf, Nacken, die Brustmuskulatur und die Schultern bewegen. Das macht die Kontrolle des Monoskis nicht einfacher. „Ich muss ganz fest in der Sitzschale fixiert sein, je fester die Verbindung ist, desto besser werden meine Gewichtsverlagerungen und die Steuerbewegung auf den Ski übertragen“, erklärt Kreiter und fügt an: „Ich brauche eine gewisse Grundgeschwindigkeit, sonst falle ich um. Ich nutze hauptsächlich die Arme, um zu steuern“. 2006 saß er erstmals in einem Monoski und war danach verloren für anderen Sport. Schon seit 2010 gehört er der Nationalmannschaft an.
Nur deshalb ist der Leistungssport für ihn überhaupt möglich. Reisen und Trainingslager bezahlt der Deutsche Behindertensportverband (DBS). Die Ausrüstung muss der Athlet überwiegend selbst mitbringen, da kommen dann Sponsoren ins Spiel. Immerhin kostet so ein Hochleistungsgerät rund 10.000 Euro. Und man braucht Zeit. Bereits in der ersten Septemberwoche ging es mit der Nationalmannschaft zum ersten Lehrgang auf den Gletscher. Seitdem dauerte die Wintervorbereitung praktisch pausenlos an. Aber durch diese zeitlichen und finanziellen Anforderungen ist die deutsche alpine Mannschaft eher klein.
Außer Kreiter gehören noch die Monoskifahrer Thomas Nolte, Anna Schaffelhuber und Anna-Lena Forster sowie Andrea Rothfuss, der von Geburt an die linke Hand fehlt, zum Topteam des Deutschen Behindertensportverbandes, das finanziell für die Vorbereitung auf die Paralympics 2018 unterstützt wird. „Früher war unsere Nationalmannschaft größer“, sagt Kreiter, „aber es ist inzwischen doch alles noch professioneller geworden, der Zeitaufwand immens – und viele können das nicht leisten“. Der ausgebildete Mediengestalter Georg Kreiter aber kann das alles machen, da er im familiären Betrieb seines Bruders arbeitet. „Das ist für mich natürlich ein Glücksfall.“ So wie er auch einer ist – für die Deutsche Paralympische Mannschaft.
Quelle: Andreas Hardt (Medienmannschaft)