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Katharina Krüger will ihren Titel verteidigen

Die 27. German-Open im Rollstuhltennis erstmals als ITF2-Turnier

Katharina Krüger beim Aufschlag
Katharina Krüger © BSB/DTB

Kann Katharina Krüger ihren Titel vom Vorjahr bei den 27. GERMAN-OPEN - Internationale Deutsche Meisterschaften im Rollstuhltennis vom 19. - 23. August 2015 in Berlin beim SV Zehlendorfer Wespen 1911 e.V. verteidigen? Der gute Ruf der German-Open in Berlin hat sich ausgezahlt, sie wurden von der International Tennis Federation (ITF) zu einem ITF2-Turnier hochgestuft! Dieses Upgrade in die höhere Turnierkategorie bewirkt die Verlängerung des Turniers um einen Tag, das Teilnehmerfeld ist gewachsen, und die Spielerinnen und Spieler kämpfen um mehr Punkte für die Weltrangliste.

Entsprechend kann sich das Meldeergebnis der zum fünften Mal in Berlin stattfindenden German-Open im Rollstuhltennis sehen lassen. Unter den 70 gemeldeten Aktiven aus 18 Nationen gehen 17 Damen, 30 Herren und 23 Quad-Spieler an den Start. Darunter sind 30 Spielerinnen und Spieler aus den jeweiligen Top 50 der Welt, die um Weltranglistenpunkte und 18.000 US-Dollar Preisgeld kämpfen werden.

Bei den Herren führt der Weltranglisten-Zehnte Tom Egberingk aus den Niederlanden die Setzliste vor dem Franzosen Frederic Cattaneo (ITF 13) und Alfie Hewett (ITF 18) aus England an. Als Nummer 8 der Meldeliste sind dem amtierenden deutsche Meister Steffen Sommerfeld (ITF 29) einige Rundenerfolge zuzutrauen. Mit Sven Hiller geht ein weiterer deutscher Nationalspieler an den Start. Die deutschen Farben vertreten darüber hinaus Anthony Dittmar, Peter Seidl, Pedro Krümmel, Marc vom Ende und Jörg Wiesecke, die teilweise in der sogenannten Second Draw der Herren spielen. Der Niederländer Ricky Moliere (ITF 32) war 1996 Weltranglistenerster und startet mit entsprechend großer Spielerfahrung in Berlin.

Hoffnungen auf einen deutschen Titelgewinn sind wieder mit der Vorjahressiegerin Katharina Krüger (ITF 9) bei den Damen gegeben. Im sehr starken Damen-Feld führt Lucy Shuker (ITF 7) aus England die Setzliste an, wobei auch die Japanerin Kanako Domori (ITF 11), Louise Hunt (ITF 14) aus England und die letztjährige Finalistin Charlotte Famin (ITF 15) aus Frankreich zu beachten sein werden. Die junge Berlinerin Hannah-Louisa Schmidt nimmt nach den German Open 2013 und 2014 auch dieses Jahr wieder teil.

Die Quad-Klasse hat 2015 mit 23 Spielern ein großes und sehr gut besetztes Teilnehmerfeld. 15 Top 50-Spieler mit den top-gesetzten Japanern Mitsuteru Moroishu (ITF 6) und Shota Kawano (ITF 8) kämpfen mit den Berliner Zwillingen Marcus und Maximilian Laudan sowie Nick Nobbe um den Titel.

Die Vielzahl und Qualität der Meldungen mit Spielerinnen und Spielern aus 18 Nationen zeigt die Beliebtheit des größten deutschen Turniers im Rollstuhltennis, und bestätigt den Upgrade zum ITF2-Turnier. Viele spannende Matches sind während der fünf Turniertage auf der Anlage der Zehlendorfer Wespen zu erwarten, wo das Turnier im jährlichen Wechsel mit dem Lichterfelder BTTC Grün-Weiß stattfindet.

Spielbeginn ist täglich, je nach Wetterlage, voraussichtlich ab 09.00 Uhr. Zuschauer sind jederzeit herzlich willkommen, um der hochklassigen Veranstaltung einen würdigen Rahmen zu geben. Der Eintritt ist an allen Tagen frei.

Hier finden Sie alle Informationen zum Turnier.

 

Katharina Krüger: „Rollstuhltennis ist eine eigenständige Sportart“

Porträtfoto Katharina Krüger
Katharina Krüger © BSB/DTB

Wenn sich vom 19. bis zum 13. August die Rollstuhltennis-Welt in Berlin zu den German Open trifft, dann ist auch Katharina Krüger mit dabei. In ihrer Heimatstadt will die Siegerin der letzten beiden Jahre nun den Hattrick schaffen. Im Interview spricht die 25-Jährige unter anderem darüber, was Rollstuhltennis ausmacht und erinnert sich an ihre eigenen Anfänge.

DTB: Die German Open werden in diesem Jahr auf der Anlage Ihres Heimatvereins in Berlin, den Zehlendorfer Wespen, ausgetragen und sind der Höhepunkt  im deutschen Rollstuhltennis-Turnierkalender. Welche Chance rechnen Sie sich auf einen Sieg aus?

Katharina Krüger: Als Titelverteidigerin ist man natürlich immer in der Favoritenrolle. Für mich ist es aber grundsätzlich ein Highlight, mich auf dem Tennisplatz mit anderen Athleten zu messen. Dass die German Open in dem Club stattfinden, in dem ich das Tennisspielen gelernt habe, ist schon sehr besonders. Ich will mir im Vorfeld aber nicht zu viele Gedanken über einen Sieg machen, ich werde einfach mein Bestes geben und dann sehen wir weiter…

DTB: Wie ist die Zuschauerresonanz bei einem solch großen internationalen Rollstuhlevent?

Katharina Krüger: Die German Open sind eines meiner Lieblingsturniere und das nicht nur, weil sie in meiner Heimatstadt ausgetragen werden und ich hier schon einige Male gewonnen habe. Auch die Zuschauerresonanz ist hier ganz besonders positiv, das ist außergewöhnlich. Zum Teil liegt das sicher daran, dass die Mitglieder der Zehlendorfer Wespen keine Berührungsängste mit uns „Rollis“ haben – wir gehören im Vereinsleben dort einfach mit dazu.

DTB: Was würden Sie jemandem sagen, der noch nie Rollstuhltennis live gesehen hat und der mit dem Gedanken spielt, nach Berlin zum Turnier zu kommen?

Katharina Krüger: Man muss sich davon frei machen, das Rollstuhltennis mit dem „Fußgängertennis“ zu vergleichen und ganz vorurteilsfrei an die Sache herangehen. Rollstuhltennis ist natürlich eine Form von Tennis, aber eben auch eine eigenständige Sportart. Wichtigste Unterschiede zum Fußgängertennis sind das zweimalige Auftippen des Balles und dass man mit Schläger und Rollstuhl gleich zwei Sportgeräte beherrschen muss. Ich empfinde Rollstuhltennis als sehr dynamisch und schön anzuschauen.

DTB: Trotz ihres jungen Alters sind Sie bereits seit Jahren auf der ITF Wheelchair Tour unterwegs. Wie hat sich der Sport entwickelt?

Katharina Krüger: In den knapp zehn Jahren, in denen ich jetzt dabei bin, ist der Sport wesentlich athletischer und trainingsintensiver geworden. Der Fokus liegt mehr auf dem Sportlichen. Das Material und die Bauart der Rollstühle hat sich auch verändert, um mehr Wendigkeit zu produzieren.

DTB: Der deutsche Rollstuhltennissport hat zurzeit mit Ihnen und Sabine Ellerbrock zwei Topspielerinnen. Dahinter ist jedoch eine Lücke, es gibt nicht viele Nachwuchstalente. Woran liegt das aus Ihrer Sicht? Warum hat z.B. Rollstuhlbasketball einen so riesigen Zulauf?

Katharina Krüger: Ich denke, dass gerade Rollstuhlbasketball sehr stark Menschen anspricht, die ihre Behinderung durch einen Unfall erhalten haben. Viele suchen durch den Sport den Kontakt zu anderen Personen mit ähnlichem „Schicksal“. Diese Art von Gemeinschaft kann eben vor allem eine Mannschaftssportart bieten. Dazu ist Rollstuhlbasketball weniger kostenintensiv als Rollstuhltennis, man denke an das Material und auch die Turnierreisen. Letztlich ist Tennis auch bei uns im Rollstuhl ein Einzelsport. Wenn man mal einen schlechten Tag hat, muss man sich alleine durchbeißen und auch einmal die Überlegenheit des Gegners anerkennen. Das kann nicht jeder.

DTB: Wenn man es dann trotzdem wagen will – wie und wo kann man denn Rollstuhltennis für sich einmal ausprobieren?

Katharina Krüger: Wer Rollstuhltennis ganz zwanglos austesten möchte, der sollte einfach mal mit Freunden oder der Familie auf den Platz. Man braucht dafür auch nicht unbedingt einen speziellen Stuhl, das ist alles relativ unproblematisch. Häufig haben Tennisclubs die Sorge, dass die Rollstühle den Platz beschädigen könnten – das ist aber normalerweise nicht der Fall und sollte kein Hinderungsgrund sein. Beim Deutschen Rollstuhl-Sportverband (Anm. d. Red.:www.drs.org) gibt es einen Überblick, wo welche Rollstuhlsportarten angeboten werden. Dort findet man dann den Verein in seiner Nähe.

DTB: Wie sind Sie selbst denn eigentlich zum Tennis gekommen? Wann haben Sie zum ersten Mal einen Schläger in der Hand gehabt?

Katharina Krüger: Durch meine Eltern, die total tennisverrückt sind und mich schon früh mit in den Verein genommen haben. Dadurch, dass ich meine Behinderung schon von Geburt an habe, war ich auch als Kind ungern weiter weg von meinen Eltern und immer mit dabei. Es gibt tatsächlich Kindervideos, in denen man im Hintergrund das Plopp-Plopp-Geräusch der Bälle hört und ich im Vordergrund mit meinen Spielsachen sitze. Mit sieben Jahren habe ich gesagt: „So, ich will jetzt auch!“ Meine Eltern haben sich dann informiert, ob das geht und hier bin ich nun!

DTB: Im kommenden Jahr stehen die Paralympics auf dem Programm. Wie sind Ihre Chancen auf eine Teilnahme?

Katharina Krüger: Noch bis Mai 2016 läuft die internationale Qualifikationsphase. Bis dahin bleibt mir nur, nicht zu viel darüber nachzudenken; zu wissen, ich habe mit meiner jetzigen Ranglistenposition gute Chancen; weiter alles zu geben und zu hoffen, dass ich mich nicht ernsthaft verletzte. Dann wird man sehen!

DTB: Wo liegen die Schwierigkeiten eines Rollstuhltennisprofis, wie ist das Interesse der Sponsoren und der Medien in diesem Bereich?

Katharina Krüger: Rollstuhltennis hat leider keine große Lobby. Es ist wie gesagt sehr kostspielig und in den letzten Jahren ist es für uns Athleten eher schwerer geworden, als leichter. Ich sage das ohne Wertung: Viele andere Ländern haben Deutschland mittlerweile überholt und eine bessere Förderung. Ich persönlich habe das Glück, von den Zehlendorfer Wespen, vom Deutschen Behindertensportverband und von meinen Eltern unterstützt zu werden. Dafür bin ich sehr dankbar, aber dennoch reicht es nicht und ich muss immer wieder aus finanziellen Gründen Wettbewerbe auslassen, die sportlich notwendig wären. Dabei verzichte ich für meine Rollstuhltennis-Karriere schon auf viele Dinge. Beispielsweise habe ich noch kein eigenes Auto, was für meine Selbstständigkeit und Mobilität eigentlich sehr wichtig wäre. Es ist also noch viel zu tun.

DTB: Verraten Sie uns etwas über den Privatmenschen Katharina Krüger! Was machen Sie außerhalb des Platzes?

Katharina Krüger: Ich lese unglaublich gerne! Dazu mag ich gerne gutes Essen und – auch wenn ich es nicht gut kann – koche ich gerne. Ich habe gerade meinen Bachelor in Rehabilitationspädagogik abgeschlossen und starte bald mit dem Masterstudiengang. Glücklicherweise hat meine Universität eine Kooperation mit dem Olympiastützpunkt in Berlin, das hilft bei der Koordination mit den Turnierreisen. Ich finde den ganzen Reha-Bereich sehr vielfältig und interessant. Später möchte ich gerne mit Betroffenen arbeiten und ihnen helfen, ihre Schicksalsschläge zu verarbeiten.

© Deutscher Tennis Bund (DTB); Ergänzungen DBS