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Heinrich Popow: "Das Integrative Sportfest ist einmalig"

Felix Streng
Felix Streng © DBS

Ein Weltrekord, drei Weltjahresbestleistungen, ein Europa- und ein deutscher Rekord: Nach dem achten Integrativen Leichtathletik-Sportfest in Leverkusen mussten wieder reihenweise Bestenlisten überarbeitet werden – weil die Bedingungen perfekt waren.

Ein historische Marke sorgte dabei für besonders großen Jubel: Paralympicssieger Niko Kappel vom VfL Sindelfingen stieß als erster Kleinwüchsiger die Kugel über 14 Meter und begeisterte das Publikum mit einem neuen Weltrekord von 14,02 Metern und bedankte sich bei den Zuschauern: „Ein tolles Meeting ermöglicht tolle Leistungen.“

Auf der Bahn sorgte das angekündigte Duell zwischen Johannes Floors und Felix Streng für Gänsehautmomente, das auch im August bei der Para Leichtathletik-Europameisterschaft in Berlin auf dem Plan steht. Schon im Vorlauf über 100 Meter verbesserte der einseitig unterschenkelamputierte Streng den deutschen Rekord in seiner Klasse auf 10,77 Sekunden, im Finale ließ er 10,67 Sekunden folgen – damit fehlen ihm zum Weltrekord nur noch fünf Hundertstelsekunden.

Floors hatte im Vorlauf noch das Nachsehen, im Finale sprintete er aber 10,79 Sekunden, was in seiner Klasse der beidseitig unterschenkelamputierten Weltjahresbestleistung bedeutete. Über 200 Meter hatten die beiden die Bahnen nebeneinander und als sie aus der Kurve kamen, waren sie Kopf-an-Kopf. Am Ende blieb Floors den Hauch von einer Zehntelsekunde vorne mit 21,32 Sekunden – Weltjahresbestleistung. Und zwischen ungläubigen Blicken und Schulterklopfern freute sich Streng mit 21,42 Sekunden über einen Europarekord, ärgerte sich aber gleichzeitig, dass sein Vereinskollege vor ihm blieb: „Ich gönne ihm das, aber gerade nervt es mich auch. Es war so ein geiles Rennen.“

Da die Rekorde in Floors Klasse annulliert worden sind, hat er gute Chancen auf eine Weltrekordanerkennung, sollte seine Marke bis Ende des Jahres bestehen bleiben. Das galt auch für Richard Whitehead. Der zweimalige Paralympicssieger über 200 Meter startet nun über die doppelte Distanz und kam bei 49,85 Sekunden ins Ziel, was ebenfalls Weltjahresbestleistung bedeutete. Der beidseitig oberschenkelamputierte Brite, der seit Jahren zum Integrativen Sportfest kommt, sagte: „Die Veranstaltung ist immer fest in meinem Plan. Es gefällt mir, dass hier so viele Kinder sind – und dass sich paralympische mit olympischen Spitzenathleten messen.“

Starke Leistungen gab es noch haufenweise, so erfüllte Diskuswerferin Carolin Knust mit 42,45 Metern die Norm für die Deutschen Meisterschaften in Nürnberg und weinte danach Freudentränen. Irmgard Bensusan blieb in 13,04 Sekunden trotz Gegenwind nur zwei Hundertstelsekunden über ihrem deutschen Rekord über 100 Meter. Und der Japaner Atsushi Yamamoto ließ im Weitsprung der Oberschenkelamputierten den dänischen Weltmeister Daniel Wagner Jörgensen mit 6,14 Metern und Paralympics-Sieger Heinrich Popow mit 6,08 Metern hinter sich.

Popow, der vom ersten bis zum letzten Integrativen Sportfest immer dabei war und nach der Heim-EM seine Karriere beenden wird, fand danach emotionale Worte: „Es war wie immer perfekt hier. Ich habe erlebt, wie das Meeting immer professioneller wurde, aber trotzdem haben wir diese familiäre Atmosphäre, wegen der auch Topstars wie Whitehead hierher kommen. Das Sportfest ist einmalig.“ Den internationalen Charakter unterstrich auch, dass alleine aus Japan neun Athleten kamen, aus Wales reisten 13 Nachwuchsathleten mit dem Bus an und spornten das Bayer-Perspektivteam zu etlichen Bestleistungen an.

Wie es mit dem Sportfest weitergeht, ist indes noch offen. Am kommenden Samstag sind Popow, Streng und auch Markus Rehm, der am Samstag in Paris 8,34 Meter weit sprang, bei den Bayer Classics am Start – neben den olympischen Top-Athleten des Vereins wie Aleixo Platini-Menga, Mateusz Przybylko und Gina Lückenkemper. 2019 sollen die beiden Meetings verschmelzen und möglicherweise zwei Tage dauern. Nur eines verspricht Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann: „Den integrativen Charakter werden wir bewahren, das ist in der DNA unseres Vereins.“


Quelle: Nico Feißt / TSV Bayer 04 Leverkusen