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Boccia International Polen

Sechs deutsche Spieler starteten beim „Boccia International Polen“ in Posen, dass vom 09.10.-12.10.2014 stattfand. Je drei Spieler entsandte das ICP München sowie die Sportfreunde Diakonie Bad Kreuznach. Mit den sechs Sportler und Sportlerinnen reisten zudem Assistenten und Trainer mit nach Polen, die von den Vereinen finanziert wurden. Das Turnier war der Vorläufer für das einzige World Open Turnier Europas , bei dem es 2015 Weltranglistenpunkte geben und ebenfalls in Posen ausgetragen wird.

Die Münchner Aktiven waren Regina Gratz, Manuel Wolfsteiner und Friederike Beck. In der Klasse BC1, der am stärksten behinderten Aktivwerfer, gab es lediglich fünf Starter, die „Jeder gegen Jeden“ spielten. Für Regina Gratz war es das erste internationale Turnier. Lehrgeld musste sie bei zwei Niederlagen mit 0:8 und 0:13 zahlen, doch gelang ihr nach einem 3:3 gegen Skwarylo aus Polen auch ein erfreulicher Sieg im Tie Break. Das knappe 5:6 gegen die Siegerin Caroline Robinson war ebenfalls respektabel. Sie belegte damit Rang 4.

Manuel Wolfsteiner ist der erfahrenste Münchner und startete als Werfer in der Klasse BC2. Erfreulich gewann er seine Gruppe durch Siege über Lara Tkalec/Slowenien mit 6:4 und Dmitry Kozmin/Russland mit 3:1. Leider war im Viertelfinale gegen Nathalie Finkst/Slowenien mit 1:5 Endstation, zwei Mal gelang es ihm nicht aus 4 bzw. 5 Restbällen Kapital zu schlagen. In der letzten Runde rückte er durch berechtigtes Risiko seiner Gegnerin noch ein Mal auf die Pelle.

Die junge Friederike Beck, einzige Spielerin, die nicht im Nationalkader ist, startete ebenfalls das erste Mal bei einem internationalen Turnier. Die Rampenspielerin, Klasse BC3, spielte nach ihren Möglichkeiten, musste sich aber ihren erfahrenen Kontrahenten aus England (2:7), Polen (0:5) sowie der späteren Zweiten Wilhelmsen aus Norwegen mit 1:9 geschlagen geben.

In der Einzel Konkurrenz der Rampenspieler traten dann noch die 3 Bad Kreuznacher Nationalspieler an. Thomas Knoth hatte mit Vasiljew aus Russland gleich gegen einen harten Brocken zu spielen. Der kam nämlich mit der Empfehlung der Bronze Medaille bei den World Open in Montreal. Knoth begann bravourös mit einer 3:0 Runde und siegte über 3:1 und 3:2 schlussendlich mit 4:2. Unfaire psychologische Kriegsführung des Assistenten von Englands Lewis Fisher brachten den durch Mentaltraining gestärkten Deutschen Meister und seine Assistentin Stefanie Burgard nicht aus dem Konzept. 4:1 lautete der nächste Sieg. Norwegens Spielerin Kock Tone fertigte er 6:0 ab. Im Halbfinale hatte er leider die einzig schwächere Runde des gesamten Turniers, die der Russe konsequent mit vier Punkten ausnutzte. Die Niederlage auf Augenhöhe lautete 1:5.

Andreas Welzel ist bekanntlich immer für Überraschungen gut. Er bereitete vor allem seinem Vereins-und Bundestrainer Jürgen Erdmann-Feix ein Wechselbad der Gefühle. Die Punktestände im 1.Spiel gegen Patrick Kelly aus Irland waren 2:0, 2:6, 5:6, 5:8. Das 7:2 gegen Niparko aus Polen klingt gut, hätte aber deutlich höher ausfallen müssen. Er wusste, dass seine Chance zum Weiterkommen im Ballverhältnis lag. In drei Runden hatte er das Maximum an Restbällen, also jeweils fünf. Aus den 15 Chancen konnte er lediglich vier Punkte schöpfen. Gegen den Kroaten Kovacic spielte er nach 2:2 am Ende eine starke 4:0 Runde zum 6:2. Seine Gegner schlugen sich gegenseitig und er zog nach gleichem Spiel und Ballverhältnis dank des gewonnenen direkten Vergleichs als Gruppenerster ins Halbfinale ein. Dort scheiterte er und seine neue Assistentin Justina Glaser an der überraschend starken Norwegerin Wilhelmsen. Im vereinsinternen Match um Bronze gelang ihm wieder ein starkes Spiel und er konnte Thomas Knoth den Pokal für den 3.Platz wegschnappen.

Auf ihren internationalen Einsatz brannte Petra Benharkat. Leider erwischte sie wie im letzten Jahr das Los, mit Aleksander Legostaev, dem späteren Turniersieger, in der Gruppe zu spielen. Trotz gutem Spiel konnte sie die 1:5 Niederlage nicht verhindern. Das war zwar das beste Turnierergebnis gegen den Russen, aber Gruppenerste konnte sie nicht mehr werden. Gegen die kroatische Nr.1 Arambasic gelang ihr mit ihrem vertrauten Assistenten Gabor Morvai ein überzeugender 5:1 Sieg.

Am 2.Tag standen dann für die Rampenspieler 5 Spiele im Paarwettbewerb an. Das bedeutete allein ca. 7-8 Stunden konzentrierte Spielzeit, ein heftiges Turnierprogramm. Ein Experiment war die Paarbildung von Petra Benharkat und Friederike Beck aus München, die noch nie zusammen spielten. Von Vorteil war, dass die Münchner Trainerin Dorota Berger als ehemalige Physiotherapeutin der Nationalmannschaft beide gut kennt und nach Trainerabsprachen bereits Abstimmungen, z.B. Anwurf/Nachwurflängen trainiert wurden. Die beiden Spielerinnen harmonierten gut und mit einer blendend spielenden Petra Benharkat gelang ihnen nach einem 7:0 Sieg gegen Norwegen, mit einem Sieg im Tie Break (nach 3:3) gegen Kroatien der Überraschungscoup Gruppenzweiter zu werden. Die Niederlage gegen Russland fürs Weiterkommen bedeutungslos.

Andreas Welzel und Thomas Knoth hingegen sind ein eingespieltes Paar. Gegen die stark verbesserten Gastgeber Polen mussten sie mehr kämpfen als erwartet, aber siegten am Ende mit 3:1. Team England wartete wieder mit Diskussionen auf, konnte dank starker Leistung der deutschen Boccia Spieler aber nicht an deren 4:1 Sieg rütteln.

So kam es zum deutschinternen Halbfinale. Hier ging dem Frauenpaar etwas die Luft aus. Das Ergebnis lautete 7:2. England war dann für die Spielerinnen ebenfalls zu stark (0:5), doch war Platz 4 für Petra Benharkat und „Fritzi“ Beck mehr als erwartet.

Knoth und Welzel sagten Russland im Endspiel einen großen Kampf an. 0:1, 1:1 hieß es vor Runde 3. Doch dann gab es eine missratene Runde gegen das unbequeme halblange Anspiel der Russen. Am Ende konnte unter Zeitdruck ein Ball nicht mehr gespielt werden und es stand 1:5. Nach einer Trainerauszeit bäumten sich die Kreuznacher bis zum letzten Ball auf, hatten 5 Bälle in unmittelbarer Nähe des Jacks, davon ein Kletterball von Thomas Knoth auf dem weißen Zielball, doch sie bekamen den einen gegnerischen nahen Ball nicht weg, so dass es nur zur Resultatsverbesserung reichte, 2:5. Ein leistungsstarker 2.Platz stimmte am Ende aber doch zufrieden.

Quelle: Jürgen Erdmann-Feix