Aktuelles vom Judo
Wenn Neulinge auf Paralympics-Sieger treffen
Der Olympiastützpunkt Heidelberg war im Para Judo-Fieber: Rund 50 Athletinnen und Athleten aus neun Nationen haben sich bei den internationalen deutschen Meisterschaften im Para Judo packende Duelle geliefert. Der besondere Charme: Nachwuchstalente durften sich mit Paralympics-Medaillengewinnern messen. Der Deutsche Behindertensportverband präsentiert die Ergebnisse und besonderen Leistungen gemeinsam mit der Heinz-Kettler-Stiftung.
Hochklassig besetzt war vor allem die Gewichtsklasse bis 73 Kilogramm der sehbehinderten Athleten. Lokalmatador Nikolai Kornhaß kämpfte sich bis ins Finale, in dem er sich nach einem offenen Schlagabtausch gegen den französischen Top-Athleten Nathan Petit knapp geschlagen geben musste. Dabei schwebte noch ein Fragezeichen über Kornhaß` Teilnahme. Der Grund ist ein erfreulicher: Die Frau des Bronzemedaillengewinners der Paralympics 2016 ist schwanger und die beiden erwarten in diesen Tagen ihr Baby. Zwei andere Deutsche schnappten sich den Titel: Lennart Sass in der Klasse bis 73 Kilogramm der blinden Athleten (J1) sowie Daniel Goral in der Klasse bis 90 Kilogramm der sehbehinderten Athleten (J2).
Ein interessantes Duell gab es bei den sehbehinderten Athletinnen in der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm. Dort standen sich Paralympics-Siegerin Carmen Brussig, die inzwischen für die Schweiz antritt, sowie Isabell Thal auf der Matte gegenüber. Thal startete im vergangenen Jahr in Lillehammer noch bei der Para Ski alpin-WM in Lillehammer, nun erlebte sie ihre Premiere bei den internationalen deutschen Meisterschaften im Para Judo. Gegen Carmen Brussig hatte sie erwartungsgemäß keine Chance, sammelte aber wichtige Erfahrungen und bringt sowohl Potenzial als auch Motivation mit.
Neben Isabell Thal waren in Heidelberg viele junge Athletinnen und Athleten aus dem In- und Ausland aktiv. „Das ist erfreulich und wichtig zugleich. Wir haben unsere Bemühungen in der jüngeren Vergangenheit intensiviert, um mehr Menschen mit Sehbehinderung für Para Judo zu begeistern. Unsere Hoffnung ist, dass es immer mehr Früchte tragen wird“, berichtet Sebastian Junk, stellvertretender Abteilungsleiter im Para Judo und früherer Paralympics-Medaillengewinner. „Wir wollen die Zusammenarbeit mit Blindenschulen weiter ausbauen und noch mehr Schnuppertage für Para Judo anbieten. Zudem möchten wir gerne das in 2022 in Kooperation mit dem Deutschen Judo-Bund erstmals ausgerichtete Sichtungsturnier für junge Judoka mit Sehbehinderung etablieren. Das sind wichtige Investitionen, um uns zukünftig noch besser aufzustellen“, betont Junk, der auch Referent im DJB für Para Judo ist.
Die internationalen deutschen Meisterschaften am OSP Heidelberg bezeichnet Junk als „gute, gelungene Veranstaltung mit spannenden Kämpfen“ – auch wenn in diesem Jahr weniger Teilnehmende als gewohnt dabei waren. „Wir hätten uns schon noch mehr Konkurrenz gewünscht. Leider hatten wir diesmal weniger Athletinnen und Athleten aus dem Ausland dabei – einerseits wegen anderer Veranstaltungen im internationalen Wettkampfkalender, andererseits war die italienische Mannschaft vom Streik des Flugpersonals betroffen und es haben keine ukrainischen und russischen Sportlerinnen und Sportler teilgenommen“, sagt Junk.
Bei der Veranstaltung wurde der langjährige Abteilungsleiter Para Judo, Günter Geist, für seine Verdienste und sein Engagement mit der Goldenen Ehrennadel des Deutschen Judo-Bundes ausgezeichnet, ebenso die beiden Paralympics-Medaillengewinner Nikolai Kornhaß und Matthias Krieger.
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.