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„Was man im Rollstuhl alles machen kann!“
Rollstuhlfahrer und Fußgänger, Übungsleiter und Lehrkräfte, Jung und Alt, Neugierige und Erfahrene - so bunt gemischt waren die Hintergründe der Besucherinnen und Besucher beim BRSNW Tag des Rollstuhlsports auf dem Gelände der Sportschule Wedau. Ebenso vielfältig waren die bereitstehenden Schnupperangebote, welche eifrig ausprobiert wurden.
Es herrscht ein fröhliches Durcheinander. „Wo geht es denn hier zu der Eröffnung?“, lautete eine beliebte Frage als am Vormittag die ersten Gäste auf dem Gelände der Sportschule Wedau eingetroffen sind. Bedingt durch einige Parallelveranstaltungen dauert die Orientierungsphase ein wenig an. Dennoch war die Halle bereits gut gefüllt, als Landessportwart Thomas Börger gemeinsam mit der Veranstaltungsorganisatorin Claudia Geist fröhlich die Runde begrüßte.
Dabei schauten die beiden Vertreter des BRSNW in erwartungsvolle und neugierig wirkende Gesichter. Gespannt lauschten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der kurzweiligen Begrüßung. Im Anschluss daran verteilten sie sich noch recht zögerlich auf die nachfolgenden Workshops. Von nun an hatten die Referentinnen und Referenten aus Vereinen und Sportgruppen das Kommando.
Beim Rollstuhlbasketball war es mit der Zurückhaltung schnell vorbei. Referent Axel Görgens motivierte die Teilnehmenden routiniert. Fortan entwickelte sich ein munteres Treiben. Rollstuhlfahrerinnen aus sämtlichen Altersklassen kreisten in der Halle umher und übten erste Passversuche ein.
Richtig zur Sache ging es auch beim Rollstuhlrugby. Günther Schulze-Stodtbrock von der BSG Bochum übernahm die Leitung der Einheit. Auch hier war das Eis schnell gebrochen und zur Freude des Referenten hat es „ sogar das ein oder andere mal geknallt“, berichtete Schulze-Stodtbrock mit einem Schmunzeln. Unter leicht erschwerten Bedingungen, denn es stand deutlich weniger Fläche als beim Rugby üblich zur Verfügung, ergab sich aus der Sicht des Übungsleiters dennoch ein „angenehmes Chaos“.
„Für Badminton benötigen wir demnächst dann doch etwas mehr Platz“, sagte Petra Opitz und lacht als sie das Durcheinander in ihrer Halle betrachtete. Sie ist eine der Referentinnen für das Rückschlagspiel und führte ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Luftballons anstelle von Federbällen in ihre Sportart ein. Die Luftballons ermöglichen den Neueinsteigern etwas mehr Zeit bei der noch ungewohnten Koordination des Zusammenspiels von Rollstuhl und Badmintonschläger.
Eine weite Anreise hat Malin (14, Jahre) auf sich genommen. Gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder Noel und Vater Michael ist sie extra aus Thüle bei Paderborn gekommen. „Es ist hier schon ein bisschen so, wie ich mir das vorgestellt habe“, sagt die Ostwestfälin. Sie probiert im Leichtathletik-Stadion Bogenschießen unter Anleitung der BSG Duisburg-Buchholz aus. Zuvor hatte sie eine Runde mit dem Handbike gedreht und dabei noch ein bisschen Sonne getankt. „Es ist schon schön, was man im Rollstuhl so alles machen kann. Vielleicht kann ich bald in einem Verein eine der Sportarten betreiben“, erklärt Malin bestärkt durch die Eindrücke des Tages und spannt konzentriert den nächsten Pfeil in den Bogen.
Wer sich nach der Action beim Basketball, Wheel-Soccer oder dem E-Rollihockey nach etwas Ruhe und Entspannung gesehnt hat, war beim Yoga genau richtig. Referentin Heike Mathias führte ihre Teilnehmenden in „Kundalini Yoga“ ein. In dieser Disziplin kann eine Vielzahl der Übungen im Rollstuhl sitzend ausgeführt werden. „Ich selber sah mich für einen Zeitraum mit einer Erkrankung konfrontiert. Daraufhin habe ich an einer Fortbildung im Yoga für Menschen mit körperlicher Behinderung teilgenommen“, erklärte die Referentin einer inklusiven Yoga-Gruppe aus Köln.
Ebenfalls Ruhe und Konzentration hat das Sportschießen am Stand des B.S.V. Rheinhausen-Bergheim erfordert. Es ist neben Boule, Cross-Boccia, Kegeln, Tischtennis und einem Rolli-Parcours eines der offenen Angebote, die über den ganzen Tag getestet werden konnten. Martin Bialasik hat die Gelegenheit genutzt und seinen Rollstuhl auf der Rollstuhlwaage vermessen und testen lassen. Das erfreuliche Ergebnis: Alles ist bestens eingestellt. „Das freut mich sehr, denn dies gibt mir die Sicherheit, bei meinem Sanitätshaus in guten Händen zu sein. Das war in der Vergangenheit nicht immer so“, sagte der Mühlheimer erleichtert und freut sich darauf, beruhigten Gewissens im Anschluss Tanzen ausprobieren zu können.
Die Rollstuhl-Tanzworkshops leiteten Thomas und Eva Hassa. Als ein Duo auf zwei Füßen beschreiben sich die beiden selbst. Dabei sitzt Eva Hassa im Rollstuhl und ihr Mann und Tanzpartner Thomas steht ihr gegenüber. Gekonnt machen die beiden deutlich, wie man sich das vermeintliche Handicap Rollstuhl zu Nutzen machen kann. Bernadette und ihr Mann Ulrich aus Moers waren angetan, dass vom Walzer bis hin zum Tango offenbar keine Grenzen im Rollstuhltanz gesetzt sind. Wenngleich für die beiden feststeht „wir müssen noch üben, üben, üben.“ Das ist ganz normal erklärte Thomas Hassa, für den die Zeit seines Workshops rasend schnell verging. Seine Frau pflichtet ihm bei „Rollstuhltanzen ist Tanzen und das braucht Übung“.
Üben können Bernadette und Thomas, wie auch alle anderen Teilnehmenden möglicherweise in der Zukunft in einem Verein oder einer Gruppe. Genau dies war die Idee hinter dem Tag des Rollstuhlsports: Möglichkeiten aufzeigen, den Horizont erweitern und die Vielfalt der Rollstuhlsports erleben. Entsprechend zufrieden waren die Veranstalter. Hinsichtlich der Abläufe und der Weitläufigkeit mancher Angebote gibt es durchaus noch Verbesserungsbedarf. Davon wird aber nicht die Erkenntnis getrübt, dass ein solches Schnupperangebot wichtig und hilfreich für alle Menschen ist. Am Ende des Tages bleibt der Eindruck „Was man im Rollstuhl alles machen kann“. Vielleicht bis zum nächsten Tag des Rollstuhlsports.
Quell: BRSNW