Aktuelles aus dem Bereich Sportentwicklung

HANDICAP MACHT SCHULE wird fortgesetzt

Die Zahl der Schulen soll 2016/2017 weiter steigen

Ein Schüler beim Blindenfußball
© Benny Ulmer

Das Projekt HANDICAP MACHT SCHULE wird auch im Schuljahr 2016/2017 fortgesetzt – und zwar in noch größerem Maße als bisher. Das wurde am Mittwoch (13. Juli) im Rahmen einer Pressekonferenz in Schorndorf-Weiler bekanntgegeben. HANDICAP MACHT SCHULE ist ein gemeinsames Projekt der SportRegion Stuttgart und des Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes (WBRS). Ziel ist es, Schülerinnen und Schülern das Thema Inklusion näherzubringen und ihnen an den Beispielen Blindenfußball und Rollstuhlbasketball zu zeigen, wie es ist, ein Handicap zu haben.   

Rund 6.000 Kinder in mehr als 120 Schulen mit mehr als 300 Klassen kamen in den vergangenen drei Jahren in Kontakt mit HANDICAP MACHT SCHULE. Diese Zahlen wurden am Mittwoch in Schorndorf-Weiler verkündet. Dort fand an der Reinhold-Maier-Schule die Abschlussveranstaltung der dritten Staffel von HANDICAP MACHT SCHULE statt. Dabei war das Projekt ursprünglich nur für das Schuljahr 2013/2014 konzipiert. Aufgrund der guten Resonanz wurde es aber auch in den folgenden beiden Schuljahren fortgesetzt – und die Erfolgsgeschichte geht weiter. Auch im Schuljahr 2016/2017 wird das Projekt angeboten und zwar in noch größerem Umfang als bisher. Möglich macht dies das Engagement des Vereins HERZENSSACHE. Dabei handelt es sich um die Kinderhilfsaktion von SWR, SR und Sparda-Bank. Der Verein kümmert sich um Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Dank dieser Unterstützung wird es 2016/2017 möglich sein, in noch mehr Schulen das Projekt anzubieten. Begeistert zeigte sich die Skifahrerin Andrea Rothfuss, die bei der Pressekonferenz anwesend war. „Ich finde, es sollte viel mehr solcher Projekte geben, da Barrieren sich am besten abbauen lassen, wenn man auch die andere Seite kennen gelernt hat“, sagt die Paralympics-Goldmedaillengewinnerin.   

Zu Wort kam Rothfuss auch beim Forum „Inklusion im Sport“. Dieses führte – ebenfalls am Mittwoch in Schorndorf-Weiler – die SportRegion Stuttgart gemeinsam mit dem WBRS durch. Rothfuss unterhielt sich in einer Diskussionsrunde gemeinsam mit WBRS-Präsident Karl Weinmann und Kristine Gramkow (Stellvertretende Direktorin Sportentwicklung Deutscher Behindertensportverband) über die Möglichkeiten der „Inklusion im Sportverein“. Zuvor hatte es bereits zwei Vorträge – „Mit Inklusion gewinnen!“ und „Inklusion im Schulsport“ – sowie eine Praxiseinheit gegeben. Beim Praxisteil demonstrierte Andreas Escher vom WBRS, der das Forum moderierte, am Beispiel Tischtennis, wie eine Übungseinheit inklusiv gestalten werden kann. Eschers Partner war dabei der erfolgreiche Tischtennisspieler Tim Laue aus Esslingen (WM-Teilnehmer 2014). Hinterher gab es viele lobende Worte, so dass im Sommer 2017 erneut ein solches Forum angeboten werden soll.

Interview mit Andrea Rothfuss

Portraitbild Andrea Rothfuss
Andrea Rothfuss

Frau Rothfuss, am 13. Juli fand in Schorndorf ein Inklusionstag statt. Was genau bedeutet für Sie der Begriff „Inklusion“? Für mich ist der Begriff eigentlich zweitrangig. Wichtig ist das Inklusion stattfindet. In meiner Kindheit kannte noch keiner den Begriff Inklusion und ich bin damals, aus heutiger Sicht, total inklusiv aufgewachsen.  

Was ist für Sie die größte Herausforderung vor der die Gesellschaft beim Miteinander von Menschen mit und ohne Handicap steht?

Manchmal habe ich das Gefühl, dass es früher besser funktioniert hat. Man hat die Dinge im Kleinen und persönlich geregelt. Heute erwarten alle die ultimative Lösung, die es aber gar nicht geben kann, weil jeder anders ist und andere Ansprüche hat.  

Beim Inklusionstag ging es auch um das Projekt HANDICAP MACHT SCHULE. Wie haben Sie davon erfahren und was gefällt Ihnen an diesem Projekt?

Über den Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband habe ich von diesem tollen Projekt erfahren. Ich finde, es sollte viel mehr solcher Projekte geben, da Barrieren sich am besten abbauen lassen, wenn man auch die andere Seite kennen gelernt hat.  
 
Jetzt könnte man sagen, dass Inklusion ja vor allem dann funktioniert, wenn gehandicapte mit nichtgehandicapten Kindern gemeinsam Sport machen. Bei HANDICAP MACHT SCHULE werden aber „nur“ nicht-gehandicapte Kinder unterrichtet. Ist das Projekt da überhaupt sinnvoll?

Es geht ja in erster Linie darum, eigene Erfahrungen zu sammeln und nicht um den gegenseitigen Austausch. Eben „learning by doing“. Von daher ist das Projekt auf jeden Fall sinnvoll.  

Sie selbst haben bereits an drei Paralympischen Winterspielen teilgenommen und dabei insgesamt acht Medaillen im alpinen Rennsport gewonnen. Können Sie beschreiben, was die Faszination Paralympics ausmacht?

Es ist der größte Wettkampf und das höchste Ziel das man als Sportler erreichen kann. Richtig genießen und mitfiebern kann ich die Paralympics aber nur als Zuschauer, denn wenn ich mein Rennen habe, bin ich fokusiert und will meine Bestleistung bringen.  

Bei den Spielen 2014 in Sotchi waren sie die Fahnenträgerin des deutschen Teams. Was hat Ihnen das bedeutet?

Ich glaube es ist noch einmal eine ganz besondere Ehre, Fahnenträger zu sein, denn hierbei ist man dann der Sportler, der die gesamte Nation repräsentiert, die Personifizierung der Nation sozusagen. Und eigentlich hätte sich das jeder Sportler verdient, der bei den Paralympics starten darf. 

2018 finden die Paralympics in Pyeongchang statt. Freuen Sie sich schon auf die Spiele in Südkorea?

Das werden dann schon meine vierten Spiele sein, die Vorfreude ist natürlich groß. Allerdings ist es auch noch ein ganzes Stück Arbeit bis dahin.  

Neben Sport planen Sie auch Ihre berufliche Zukunft – was schwebt Ihnen da vor?

Da ich erst vor einem halben Jahr nach Stuttgart gezogen bin und mich im Februar beim Skitraining dann auch noch verletzt habe, gibt es für mich gerade noch aller Hand zu tun. Da ich jetzt aber umso deutlicher Bescheid weiß, dass ich nicht immer aktiv Sport betreiben kann und wie wichtig auch die Gesundheit ist, will ich auch in Zukunft in diesen Bereichen tätig sein. 

Andrea Rothfuss  ist eine deutsche Wintersportlerin. Die 26 - Jährige hat bereits an drei Paralympischen Winterspielen teilgenommen und dabei insgesamt acht Medaillen im alpinen Rennsport gewonnen. Bei den Spielen 2014 in Sotchi war sie Fahnenträgerin des deutschen Teams und landete zweimal auf dem zweiten Platz (Riesenslalom und Super Kom bination), im Slalom holte sie die Goldmedaille. Im Jahr 2009 gewann sie die Wahl zur „Behindertensportlerin des Jahres“.  

Quelle: HANDICAP MACHT SCHULE