Aktuelles aus dem Bereich Sportentwicklung
Für eine Kultur der Offenheit und Toleranz
Beim 3. Forum „Gegen sexualisierte Gewalt im Sport“ in Münster informieren sich die Teilnehmer über Möglichkeiten der Prävention
(DOSB-PRESSE) „So sprichst Du nicht mit mir, fass mich nicht an, ich melde das dem Verein, und ich weiß, mein Verband steht hinter mir,“ schreit Frauke Schlichting und wehrt die Übergriffe von Brian Smith ab. Beide kommen vom Deutschen Ju Jutsu Verband und demonstrieren beim 3. Forum „Gegen sexualisierte Gewalt im Sport“, wie sich Mädchen und Frauen gegen Übergriffe wehren können und gleichzeitig, wie wichtig die Präventionsarbeit innerhalb der Sportorganisationen ist.
80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Deutschen Sportjugend (dsj) sowie Interessierte aus Sport und Wissenschaft verfolgten die Praxisdemonstration. Sie informierten sich am vorigen Freitag (23. November) über den aktuellen Stand sowie über Perspektiven für die Prävention sexualisierter Gewalt im Sport.
Der dsj-Vorsitzende Ingo Weiss sagte: „Ich bin stolz darauf, dass wir innerhalb von zwei bis drei Jahren soviel in dem Thema erreicht haben. Wir wollen, dass unsere Eltern ihre Kinder gern in den Sportverein bringen und sie dort gut aufgehoben wissen.“
Auch Bernd Neuendorf, Staatsekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, betonte die besondere Bedeutung des Sports für das gesellschaftliche Leben und die Wichtigkeit der Umsetzung von Prävention vor Ort. Er sagte: „Wir brauchen eine Kultur der Offenheit und Toleranz.“
Diplom-Soziologin Elisabeth Helming vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) trug die Ergebnisse der DJI- Untersuchung „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen“ von 2011 vor. Sie ging dabei auf die Perspektive der betroffenen Kinder und Jugendlichen ein und wies auf „Stolpersteine“ bei der Umsetzung von Prävention von sexualisierter Gewalt in Institutionen hin. Die Untersuchung habe beispielsweise ergeben, dass Täter auch selbstbewusste Kinder und Jugendliche angreifen. In der Hälfte der Fälle würden Kinder selbst aktiv und vertrauten sich Lehrkräften oder einer Fachkraft an. Deshalb müssten diese eine Grundkompetenz haben und die Gespräche zur Aufklärung in guter Qualität, klar, empathisch und nüchtern führen können. „Sie haben viele Leitlinien entwickelt, jetzt kommt es darauf an, wie Sie diese umsetzen“, sagte Elisabeth Helmig.
Die DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers stellte das Konzept „Sexualisierte Gewalt im Sport – Blickpunkt Erwachsene“ vor. Im Zuge dessen wurde die Aktion „Gewalt gegen Frauen – Nicht mit uns!“, mit der der DOSB gemeinsam mit Kampfsportverbänden und weiteren Aktionspartner/innen eine Plattform zur Prävention gegen Gewalt an Erwachsenen geschaffen hat, auch anhand einer Praxisdemonstration vorgestellt. Michaela Engelmeier-Heite, Vizepräsidentin des Deutschen Judo Bundes, appellierte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Bleiben Sie dran, es ist ungemein wichtig, dass man drüber diskutieren kann und dieses Thema immer wieder auf die Agenda setzt, damit es für die Kinder und Jugendlichen besser wird.“
In vier Arbeitsgruppen setzten sich die Vertreter/innen aus den Mitgliedsorganisationen intensiv mit spezifischen Themen auseinander. Während sich eine Gruppe unter der Leitung von Angelika Ribler (Sportjugend Hessen) mit den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Beratungsstellen beschäftigte, konnten andere das Thema „Sexualisierte Gewalt unter Erwachsenen“ bei Dimitria Bouzikou (Referentin für Supervision, Coaching und Gewaltprävention) vertiefen. Eine dritte Arbeitsgruppe befasste sich mit der Münchener Erklärung von 2010, in der der DOSB und seine Mitgliedsorganisationen verschiedene Selbstverpflichtungen zur Prävention sexualisierter Gewalt festgeschrieben haben. Hier wurde die Frage diskutiert, inwiefern diese Punkte umgesetzt werden konnten. In der vierten Arbeitsgruppe stellte Karin Schlüter von Pro Familia Osnabrück Hintergründe von sexualisierter Gewalt unter Jugendlichen dar sowie Möglichkeiten der Prävention.
Zum Abschluss der Veranstaltung resümierte der dsj-Vorsitzende Weiss: „Erneut konnten wir erleben, wie wichtig der Austausch und die Weiterentwicklung im Themenfeld der Prävention von sexualisierter Gewalt für unsere Mitgliedsorganisationen ist.“ Er schloss mit dem Appell an alle Teilnehmer/innen, sich auch weiterhin gemeinsam für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Sport einzusetzen.
Die Dokumentation des Forums findet sich demnächst online unter www.dsj.de/kinderschutz. Die Broschüre „Gegen sexualisierte Gewalt im Sport – Kommentierter Handlungsleitfaden für Sportvereine zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ kann unter www.dsj.de/publikationen bestellt werden und steht auf www.dsj.de/kinderschutz zum freien Download zur Verfügung. Sie wurde inhaltlich überarbeitet und ergänzt, da sich das Themenfeld der Prävention sexualisierter Gewalt im letzten Jahr, z.B. durch die Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes
stark weiterentwickelt hat.
Quelle: DOSB Presse Nr. 47, 20.November 2012