Prävention sexualisierter Gewalt - Wir über uns

Der Deutsche Behindertensportverband und Nationales Paralympisches Komitee (DBS) e.V. und die Deutsche Behindertensportjugend (DBSJ) haben gemeinsam ein Positionspapier zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt und Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Sport erarbeitet. Dies wurde vom Hauptvorstand am 01. September 2012 in London beschlossen.

Es beinhaltet Präventions- und Schutzmaßnahmen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung, die gemeinsam mit den Landes- und Fachverbänden umgesetzt werden sollen.
Im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit oder mit drohender Behinderung sowie chronischer Erkrankung toleriert der DBS keine Gewalt und Diskriminierung in jeder Form. Eine Kultur der Aufmerksamkeit und des Handelns Verantwortlicher muss daher dazu beitragen, Betroffene zum Reden zu ermutigen, potentielle Täter abzuschrecken und ein Klima zu schaffen, das Kinder, Jugendliche und Erwachsene – mit und ohne Behinderung – im Sport vor sexualisierter Gewalt schützt.

Die Deutsche Sportjugend / der Deutsche Olympische Sportbund haben unter Mitarbeit des DBS zwei Broschüren zum Thema "Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt im Sport" entwickelt. Der "Handlungsleitfaden für Sportvereine zum Schutz von Kindern und Jugendlichen" sowie die "Orientierungshilfe für rechtliche Fragen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen" können unter www.dsj.de bezogen werden. Darüber hinaus engagiert sich der DBS/die DBSJ fortlaufend in Foren, Workshops und AG´s zur Prävention von sexualisierter Gewalt.

Auszug aus dem Positionspapier des DBS:

„Der DBS strebt in seinen Verbands- und Vereinsstrukturen die Schaffung eines geschützten Raumes an, in dem Menschen mit Behinderung durch Bewegung, Spiel und Sport ihre persönlichen und sozialen Kompetenzen fördern können und der Schutz der (sexuellen) Integrität von allen gewahrt wird.

Der DBS toleriert im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit oder mit drohender Behinderung sowie chronischer Erkrankung keine Gewalt und Diskriminierung in jeder Form von Seiten der Trainer(innen), Übungsleiter(innen), Vereinsverantwortlichen oder anderer Personen im Umfeld der Verbände und Vereine. Dies schließt die Gewalt unter Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ausdrücklich mit ein.

Der DBS wird Maßnahmen zur Vermeidung und Aufklärung von Vorfällen entwickeln, unter anderem auch der Ausbau von Angeboten zur Stärkung der Selbstbehauptungskompetenzen und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung sowie insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung.“

Begrifflichkeit:

Unter dem Begriff sexualisierte Gewalt fassen wir alle Handlungen zusammen, die der Machtausübungen mit dem Mittel der Sexualität dienen.

In der engen Definition geht es um sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung (sexueller Missbrauch), also um erzwungene sexuelle Handlungen, die im Strafgesetzbuch (StGB) (§177) definiert sind.

In der weiten Definition zählen dazu, z.B.:

  • Sexistische Witze
  • Beschimpfungen und Bedrohungen in der Schule, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im Wohnheim usw.
  • Voyeristische & exibitionistische Handlungen
  • Zeigen pornographischer Bilder und Videos
  • Zwangsprostitution
  • Unerwünschte Berührungen intimer Körperbereiche

Im Folgenden wird mit dem Begriff sexualisierter Gewalt der gesamter Problemkomplex (weite Definition) angesprochen, sofern nicht explizit auf sexuellen Missbrauch hingewiesen wird.

Fakten:

  • 50% der Mädchen und 50-60% der Jungen sind Opfer von sexuellem Missbrauch von Bezugspersonen aus dem außerfamiliären Nahbereich(z.B. Nachbarn, Freunde der Familie, ältere Jugendliche, Trainer, Babysitter) und von Fremden (Wetzels, 1999)
  • 30 % der Täter und Täterinnen kommen bei Mädchen und 10-20% bei Jungen aus der Familie (z.B. Väter/Mütter, Stiefväter/Stiefmütter, Großväter/Großmütter, Onkel/Tante, Geschwister) (Bange & Deegener, 1996)
  • Nach UN-Angaben sind Mädchen und Frauen mit Behinderung etwa doppelt so häufig von sexualisierter Gewalt betroffen wie Mädchen und Frauen ohne Behinderung. (The World Disability Report, 1999)
  • Mehr als jede zweite bis dritte Frau, die in Einrichtungen lebt, hat schon einmal Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gemacht. Frauen mit psychischer Behinderung sind diejenigen, die am stärksten von Gewalt betroffen waren (BMFSFJ, 2012)
  • Kinder müssen in der Regel 8 Mal (!) über sexualisierte Gewalt berichten, bevor ihnen geglaubt und 12 Mal (!), bevor ihnen geholfen wird (Kinderschutzbund, 2010)

Weiterführende Literatur:

Bange, D. & Deegener, G. (1996). Sexueller Missbrauch an Kindern. Ausmaß – Hintergründe – Folgen. Weinheim: Psychologie Verlags Union.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2012). Projekt: SELBST. Stärkung des Selbstbewusstseins für behinderte Mädchen & Frauen (§ 44 SGB IX).

Deutsche Sporthochschule Köln (2016). "Safe Sport" Schutz von Kindern und Jugendlichen im organisierten Sport in Deutschland: Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Analyse von Häufigkeiten, Formen, Präventions- und Interventionsmaßnahmen bei sexualisierter Gewalt

Wetzels, P. (1999). Verbreitung und familiäre Hintergründe sexuellen Kindes Missbrauchs in Deutschland. In S. Hoefling, D. Drewes & I. Epple-Waigel (Hrsg.), Auftrag Prävention – Offensive gegen sexuellen Kindesmissbrauchs (S.104-134). München: Atwerp-Verlag.