Aktuelles vom Rudern
Para Ruder*innen übertreffen bei der EM alle Erwartungen
Vor den Europameisterschaften im Para Rudern im ungarischen Szeged hatte Bundestrainer Marc Stallberg die erste Regatta der Saison eigentlich als reinen Aufbauwettkampf für Paris ohne jegliche Medaillenambitionen ausgerufen. Seine Athlet*innen präsentierten sich allerdings, auch ohne den zuletzt als Medaillen-Garant geltenden PR3 Mixed-Vierer, in beeindruckender Frühform. Drei der insgesamt vier gemeldeten Boote durften sich am Ende über eine Silbermedaille freuen.
Für dieses tolle Ergebnis gab es sogar ein Sonderlob vom Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes, Mario Woldt: „Das Para Rudern hat eine beachtliche Entwicklung genommen, und wenn wir daran denken, dass wir auch noch den PR3 Mixed-Vierer in der Hinterhand haben, dann sind die Aussichten für die Qualifikation und die Paralympics vielversprechend.“ Auch der Bundestrainer war im Nachgang voll des Lobes für sein Team: „Das ist ein super Gesamtergebnis, mit dem wir so in der Form nicht gerechnet haben.“
Für die wohl überraschendste Medaille sorgten Hermine Krumbein und Jan Helmich im PR3 Mixed-Zweier. Das Rennen der beiden stand nämlich eigentlich unter keinem guten Stern. Krumbein war angeschlagen zur EM gereist, sodass sie bis kurz vor dem Rennen um seinen Start bangen musste. Auf der Strecke lieferte das neuformierte Duo dann aber eine Superleistung ab. Auf den zweiten 1000 Metern zeigten sie viel Biss und arbeiteten sich von Platz vier nach vorne, überholten Frankreich und die Ukraine. Im Ziel war nur Großbritannien vor dem deutschen Boot. „Wir hatten gar nichts von diesem Rennen erwartet. Umso schöner ist dieses Ergebnis“, freute sich Jan Helmich. „Ich habe in den letzten Tagen mehr geschlafen als ich wach war, um heute so fit wie möglich zu starten“, sagte Hermine Krumbein, die von ihrem Trainer für ihre Leistung viel Respekt bekam: „Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Aber Hermine hat bewiesen, dass sie eine große Fighterin ist.“
Eine ebenfalls verblüffende wie überraschende Leistung boten Jasmina Bier und Paul Umbach im PR2-Mixed-Doppelzweier. Zumindest vor Israel zu bleiben, hatte Stallberg als Final-Devise für das ebenfalls neu gebildete Boot ausgegeben, für das Neuling Jasmina Bier erst am Dienstag in Szeged klassifiziert worden war. Bei der 1500-Meter-Marke lag der deutsche Doppelzweier noch auf Platz sechs, der Rückstand zu Platz drei war jedoch knapp. Auf der letzten Teilstrecke überschlugen sich die Ereignisse hinter dem klar vorausfahrenden Europameister Großbritannien. Während andere Boote dem Gegenwind Tribut zollen mussten und einbrachen, zogen Bier und Umbach selbst auf der schlechtesten Bahn ihre Marschroute durch und dekorierten sich mit EM-Silber. Sehr zur Freude Stallbergs: „Ein tolles Rennen. Bei 1500 Metern hat die Mannschaft Blut geleckt und einen super Endspurt hingelegt. Das lässt uns mit sehr viel Motivation in das nächste Trainingslager gehen. Ab Mittwoch bereiten wir uns in Ratzeburg auf den Qualifikations-Wettbewerb für die Paralympics vor.“
Diese findet vom 17. bis 22. Mai in Luzern in der Schweiz statt. Um das Ticket für Paris dort zu lösen, müssen Umbach und Bier wieder mindestens auf dem Silberrang landen. Wobei die Konkurrenz aus Sicht des Bundestrainers dabei nicht unbedingt kleiner werden wird: „Ich rechne wie hier wieder mit den Israelis und Franzosen, außerdem werden die Amerikaner und Brasilianer dazukommen. Wir haben also noch ein dickes Brett zu bohren.“ Die Chancen, auch den PR2 Mixed-Doppelzweier als letztes noch offenes Boot zu den Paralympics zu bringen, sind aber auf jeden Fall vorhanden.
Diening in guter Form
Im PR1-Einer der Frauen holte Manuela Diening hinter der Norwegerin Birgit Skarstein, der sie im Ziel nur eine Bootslänge Vorsprung ließ, zum zweiten Mal nach 2022 in München eine EM-Silbermedaille. Ihre gute Verfassung hatte die 32-Jährige bereits im Bahnverteilungsrennen gezeigt, als sie den zweiten Platz belegt hatte und sogar erstmals vor der Para-Ikone Skarstein ins Ziel gekommen war. Im Finale war Skarstein jedoch wieder gewohnt unantastbar und ließ sich vom Blitzstart der später nur viertplatzierten Israelin Moran Samuel nicht beeindrucken. Diening ließ es am Anfang erneut langsam angehen und lag nach den ersten 500 Metern auf dem sechsten und letzten Rang. Kurz nach der 1000-Meter-Marke hatte sie sich aber schon auf den Bronze-Rang vorgearbeitet und attackierte bei 1500 Metern auch die nun führende Skarstein. Weiter ging es nicht nach vorne, aber Dienings Einstieg in die paralympische Saison war dennoch äußerst vielversprechend.
Weniger gut lief es hingegen für Marcus Klemp im PR1-Einer der Männer. Der Rostocker war verletzt nach Ungarn gereist und kam dementsprechend nicht an sein gewohntes Leistungsniveau heran und wurde Sechster. „Neben der Quali wird es eine unserer Aufgaben sein, Marcus wieder fit und den PR3-Mixed-Vierer wieder für Paris in die Spur zu bekommen“, erklärt Stallberg.
Quellen: DRV und DBS
Der deutsche Kader für die Para Ruder-EM (Alter, Geburtsort, Verein):
Manuela Diening (32 / Hamm / RV Münster), Marcus Klemp (41 / Rostock / RC Rostock), Jasmina Bier (26 / Bremen / RG Hansa Hamburg), Paul Umbach (22 / Neuruppin / RC Nürtingen), Hermine Krumbein (20 / Braunschweig / RK Normannia Braunschweig)