Aktuelles aus dem Behindertensport

Inklusion muss von zwei Seiten funktionieren

Etwas zurückhaltend nähern sich zwei Schülerinnen der dreifachen Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn. Sie kennen die langjährige Schwimmerin aus dem Kinofilm „Gold – Du kannst mehr als du denkst“ und möchten ein Autogramm von der Ausnahmesportlerin. Und Kirsten Bruhn, die seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt, lächelt mit den Schülerinnen nicht nur in die Kamera, sondern signiert am Stand des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) sogar einen Schuh mit ihrem Namen. Begegnungen wie diese hat es viele beim „Tag ohne Grenzen“ rund um den Hamburger Rathausplatz. 

Begonnen hat der „Tag ohne Grenzen“ am 5. Juni bei bestem Wetter inklusiv mit einem Rollstuhlbasketball-Turnier der Hamburger Schulen begonnen. DJ Victor Faria hat die Stimmung zusätzlich zu den Jubelgesängen der Schüler und Schülerinnen angeheizt. Weitere sportbezogene Mitmachaktionen wie der Rollstuhl-Parcour, der Handbikesimulator und der Rollstuhl-Skating Workshop sorgten für gute Stimmung und sensibilisierten die Besucherinnen und Besucher für das Leben von Menschen mit Behinderung. Doch die Begeisterung der vielen Interessierten hörte nicht bei der sportlichen Betätigung auf.

Mit der Inklusionsfackel über den Rathausplatz 

Ein Highlight war die Etappenankunft der Inklusionsfackel des Netzwerk Inklusion Deutschland e.V. auf dem Rathausplatz, auf dem eine riesige Zeltlandschaft mit Basketballfeld, Skatepark und Zuschauertribünen aufgebaut wurde. Zwischen dem 11. April und 11. Juli 2015 besucht die Fackel alle Landeshauptstädte und verbreitet die wichtige Botschaft: Mehr Akzeptanz und Toleranz gegenüber Vielfalt!

Auch Paralympics-Sieger Heinrich Popow lobt die lockere Atmosphäre der Veranstaltung und betont: „Die Wettkampfbedingungen bei der Inklusiven-Weitsprung-Challenge haben perfekt zum Motto Inklusion und Vielfalt gepasst.“ Im Fokus standen dabei der Spaß am Sport und das Miteinander mit den Zuschauern und Athleten. Auf die Frage, was Inklusion für ihn bedeutet und welche Rolle der Sport dabei spielt, antwortete Popow: „Inklusion durch Sport soll die Teilhabe am Leben ermöglichen. Ich selbst habe eine gleichberechtigte Teilhabe durch den Sport erfahren. Anfangs wurde ich im Sportunterricht in der Schule immer als Letzter gewählt“, berichtet der 31-jährige Leverkusener und fügt an: „Dann habe ich angefangen, im Verein Fußball zu spielen und wurde irgendwann als Erster gewählt. Es ging dabei nie um meine Behinderung.“

 

Auch am DBS-Stand ging es nicht nur um das Thema Behinderung, sondern vor allem um die gefeierten Erfolge der Paraathleten und Paraathletinnen sowie um die Aufklärung über sportliche Disziplinen und Sportgeräte. Funkelnde Augen bekam die Skifahrerin Andrea Rothfuss, als sie den interessierten Zuhörern von Ihrem Paralympics-Sieg im Slalom in Sotschi 2014 erzählte und stolz ihre Goldmedaille präsentierte. „Dieser Moment hat sich für immer in meinem Gedächtnis eingebrannt“, so die 25-jährige Studentin. Die Zuschauer waren nicht nur vom Gewicht der Medaille (531 Gramm) beeindruckt, sondern lauschten auch gespannt der Erzählung über den Einmarsch als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier.

Während sich der Monoski-Fahrer Björn Behnke beim Flaschentauchen im Tauchbecken amüsierte, hat seine zwölfjährige Schwester am DBS-Stand über dessen Sportgerät, den Monoski, aufgeklärt und alle Fragen der Besucherinnen und Besucher voller Stolz beantwortet. So hat das selbstverständliche Miteinander in der Familie Behnke deutlich vor Augen geführt, wie weit Inklusion reichen kann.

Organisiert wurde der Tag ohne Grenzen vom Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS). Die Initiative zu der Veranstaltung ergriffen die Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, der Spitzenverband DGUV (Deutsche esetzliche Unfallversicherung) und der Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Deutsche Behindertensportverband, Special Olympics Deutschland und der Stadtmöblierer JCDecaux unterstützten die Veranstaltung. DRS-Vorsitzender Ulf Mehrens äußerte, dass Inklusion von zwei Seiten funktionieren muss –  und das schafft die Veranstaltung durch die gemeinsame Teilnahme von Menschen mit und ohne Behinderung. „Sie erleben diesen Tag zusammen und nur so können Barrieren abgebaut werden“, sagt Mehrens. Wenn die Möglichkeit besteht, soll der Tag ohne Grenzen in zwei Jahren zum wiederholten Male stattfinden.

Quelle Bilder: vier Bilder vom DBS und drei Bilder von MSSP Michael Schwartz Sportphoto / DGUV