Aktuelles aus dem Behindertensport
Interview mit Dr. Ehrhart Körting
Ehrhart Körting, neuer Präsident des Behinderten-Sportverbandes Berlin sieht eine seiner Hauptaufgaben in der Integration von Migranten.
Am 7. Juni 2012 wurde das Präsidium des Behinderten-Sportverbandes Berlin (BSB) neu gewählt. An dessen Spitze steht nun der ehemalige Innen- und Sportsenator von Berlin, Dr. Ehrhart Körting. Er gab dem BSB-Info, dem Newsletter des BSB, nach seiner Wahl folgendes Interview.
BSB-Info: In den vergangenen Jahren besuchten Sie immer wieder in Ihrer Funktion als Innensenator von Berlin Veranstaltungen des Behindertensports. Was waren die ursprünglichen Beweggründe für Ihr Engagement im Behindertensport und was veranlasste Sie letztendlich dazu, als Präsident zu kandidieren?
Körting: Ich habe auch persönliche Bezüge zum Umgang mit Behinderten und habe dadurch viel gelernt. Ich würde dieses, die Selbstverständlichkeit im Umgang von Menschen mit Behinderungen und gleichzeitig die Sensibilität für besondere Anforderungen an möglichst viele weitergeben.
BSB-Info: Wo sehen Sie die Schwerpunkte in Ihrem neuen Aufgabengebiet?
Körting: Der Behindertensport ist inzwischen auch eine große Bewegung geworden. Das muss vernünftig organisiert sein. Vereinsführung und Verbandsführung ist auch immer eine große Herausforderung an die Organisation. Ich sage das bewusst zuerst, weil die tagtägliche Arbeit häufig "über die Schulter" angesehen wird. Natürlich braucht man auch Ziele, Visionen, aber man braucht ein solides Arbeitsfundament. Das ist also die Aufgabe 1. Die Aufgabe 2 für mich ist Behindertensport noch selbstverständlicher in unsere Gesellschaft zu integrieren. Und Aufgabe 3 ist für mich das Hereinholen von Menschen mit Migrationshintergrund aus dem türkischen, dem arabischen, dem bosnischen, dem russischen Bereich in den Behindertensport. Da gibt es noch viele "weiße Flecke" besonders bei Frauen und Mädchen.
BSB-Info: Nun übernehmen sie Ihre neue Aufgabe ja in einem für den BSB sehr ereignisreichem Jahr. Die Internationalen Deutschen Meisterschaften im Schwimmen (IDM) und in der Leichtathletik bringen die Weltelite dieser Sportarten innerhalb von 14 Tagen nach Berlin. Es bleibt danach kaum Zeit zum Ausruhen, denn nach den IDMs ist vor den Paralympics in London. Das ist aber noch nicht alles: So ganz nebenbei feiert der BSB auch noch sein 60-jähriges Jubiläum. Dann findet vor den Paralympics im August u. a. noch die IDM Segeln, die German Open im Rollstuhltennis und ein Wheelsoccer Cup statt. Wo können Sie da schon Ihre Schwerpunkte setzen, ist z.B. eine Reise nach London geplant um die Berliner zu unterstützen, und welche Bedeutung haben die Paralympics für Sie ganz persönlich?
Körting: Während der Paralympics wird das Jahrestreffen des Bundesverbandes in London stattfinden und ich werde Berlin dort als Landesverband vertreten. Die Paralympics haben aber noch eine andere Bedeutung: sie werben weltweit für die Integration des Behindertensports. Peking war für mich ein Aha-Erlebnis, auch was die Übertragung auf unseren Fernsehkanälen betrifft. London hat versprochen, das zu wiederholen. Das ist nicht nur gut für die Paralympics, sondern gut für die Teilhabe von Behinderten an unserer Gesellschaft.
BSB-Info: Wie kann die öffentliche Aufmerksamkeit für den Sport von Menschen mit Behinderung speziell hier in Berlin noch gesteigert werden?
Körting: Berlin ist vorbildlich bei der Förderung des Sports von Menschen mit Behinderungen. Berlin ist auch vorbildlich bei öffentlichkeitswirksamen Großveranstaltungen. Ich denke an die Internationalen Deutschen Meisterschaften und an viele andere Großveranstaltungen wie das Sportfest der Lebenshilfe, bei dem ich in den letzten Jahren Schirmherr war. Wenn wir das Niveau halten, sind wir gut. Ob man noch draufsatteln kann, werden wir sehen.
BSB-Info: Sind Sie selber auch sportlich aktiv?
Körting: Ich habe mir angewöhnt, einmal die Woche zu schwimmen. Meistens schwimme ich dann 1.000 Meter. Schwimmen ist für mich ein idealer Sport, wenn man älter wird, und wir alle werden älter werden.
BSB-Info: Welche Sportart bevorzugen Sie als Zuschauer?
Körting: Ich sehe gerne alle Sportwettkämpfe am Fernseher. Natürlich ab 8. Juni Fußball, aber dann kommen die Olympischen und Paralympischen Spiele in London, mit allen Sportarten. In diesem Jahr haben wir alle viele Möglichkeiten, beim Sport zuzuschauen.
BSB-Info: Welche Sportart aus dem Behindertensport ist Ihr Favorit?
Körting: Ich habe viele Sportarten im Behindertensport gesehen, Leichtathletik, Schwimmen, alpines Skifahren, Rollstuhltennis und viele andere mehr. Und ich habe alle bewundert. Mein Favorit ist nicht eine Sportart sondern die Sportlerin, der Sportler, wenn ich zusehe. Die Sportlerin, der Sportler, der sich freut, der traurig ist, wenn etwas misslingt, der aber immer dabei ist.
BSB-Info: Herr Körting, vielen Dank für dieses Gespräch.
Interview und Foto: Reinhard Tank