Aktuelles vom Rollstuhlbasketball im Deutschen Behindertensportverband
Rollstuhlbasketball: Auch die Damen wollen nach Paris
Für die deutsche Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Damen geht es beim Repechage-Turnier im japanischen Osaka ab dem 17. April um die Qualifikation für die Paralympics 2024. Welche Herausforderungen gibt es, wer gehört zum Kader und wie stehen die Chancen für Deutschland? Fest steht: Die Entscheidung fällt am Samstag, 20. April.
„The last chance for Paris“ lautete der Slogan bei den Qualifikationsspielen für die Paralympics 2024 bei den Herren. Das deutsche Team hat im französischen Antibes durch einen Sieg über den Iran das Paris-Ticket gelöst, nun wollen die Rollstuhlbasketballerinnen in Osaka nachziehen. Obwohl der Austragungsort unterschiedlich ist, gilt derselbe Modus und Slogan für beide Turniere. Am Finaltag am 20. April werden die acht Teilnehmer ermitteln, welche vier Mannschaften sich für die Paralympics in Paris qualifizieren.
Nur mit einem Sieg gegen einen der folgenden Gegner – entweder Frankreich, Spanien, Kanada oder Japan – würde Deutschland sich das Ticket für Paris sichern. Dennoch misst Bundestrainer Dirk Passiwan den Gruppenspielen eine hohe Bedeutung bei. „Die andere Gruppe ist stärker. Unser Ziel ist es, Gruppenerster zu werden“, erklärt er vor Turnierbeginn. Der Vorteil des Gruppensiegers besteht darin, dass er gegen den Viertplatzierten der anderen Gruppe spielt. Dass die Qualifikation dann trotzdem kein Selbstläufer wird, hat das italienische Herren-Team schmerzhaft erlebt. Als ungeschlagener Gruppensieger verloren die Italiener gegen den sieglosen Vierten der anderen Gruppe, Kanada – es sind die Tücken des Turniermodus. Denn über die Qualifikation entscheidet ausschließlich das letzte Spiel am 20. April.
17. April um 5.45 Uhr (deutsche Zeit): Deutschland – Thailand
„Bei der vergangenen WM haben wir relativ hoch gegen Thailand gewonnen“, erinnert sich Passiwan. Beim 80:31-Sieg war Mareike Miller mit 43 Punkten von Thailands Spielerinnen nicht zu verteidigen. „Sie haben sich etwas verbessert, können gut fahren, sind allerdings relativ klein. In der Verteidigung bekommen sie Probleme, wenn wir mit Schnelligkeit kommen“, führt Passiwan aus. Mit Troy Sachs steht ein erfahrener Fachmann an der Seitenlinie, der als Spieler bei den Paralympics 1996 und 2008 Gold mit Australien gewann.
18. April um 8 Uhr: Deutschland – Algerien
Der amtierende Afrikameister ist „noch mehr Außenseiter als Thailand“, erklärt Passiwan. Bei der WM gewann Deutschland mit 97:20 gegen die Algerierinnen, die einen sehr hohen Altersdurchschnitt haben. „Wir wollen viel Druck in der Verteidigung machen“, lautet das Vorhaben des Bundestrainers.
19. April um 8 Uhr: Deutschland – Australien
Im letzten Gruppenspiel trifft die deutsche Mannschaft mit Australien auf einen Gegner, den Passiwan als „Weltklasseteam“ betitelt. Bei der WM im vergangenen Jahr erreichte Australien das Viertelfinale, in dem Deutschland mit 64:50 die Oberhand behielt. Währenddessen hat Führungsspielerin Amber Merritt ihre Karriere beendet. Allerdings hat Australien durch Bridie Kean und Kylie Gauci auch hochkarätigen Zuwachs erhalten. Beide gewannen Silber bei den Paralympics 2012 und waren zwischenzeitlich aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Außerdem müssen die deutschen Athletinnen Australiens 1-Punkte-Spielerin Hannah Dodd und Georgia Munro Cook auf der Rechnung haben. „Wir hoffen, dass es das Spiel um Platz eins ist“, sagt Passiwan.
20. April im entscheidenden Finalspiel gegen Spanien/Frankreich/Kanada/Japan
Während Kanada und Spanien als Favoriten gelten, ist Frankreich der Außenseiter. Japan kann für eine Überraschung sorgen und erreichte bei der vergangenen WM immerhin das Viertelfinale. Es bleibt spannend, auf wen Deutschland zum Abschluss treffen wird.
Wie liefen die Testspiele gegen Großbritannien?
Nach vier Siegen in fünf Spielen gegen Spanien testete Deutschland Anfang April gegen das Topteam aus Großbritannien. Im ersten Duell verlor Deutschland mit 42:47, wobei die Trefferquote laut Passiwan „noch ausbaufähig“ war, die Leistung in der Verteidigung ihn allerdings zufrieden stimmte. Im zweiten Aufeinandertreffen gewann die deutsche Auswahl sogar mit 64:60, woraufhin der Bundestrainer voll des Lobes war. Im letzten Spiel schien die Luft raus zu sein und Großbritannien setzte sich deutlich mit 59:39 durch.
Nichtsdestotrotz waren die Testspiele gegen Großbritannien ein optimaler Härtetest. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Großbritannien die einzige Nation der Welt ist, die eine professionelle Frauen-Liga hat. Sie können daher schneller auf das Nationalmannschaftsspiel „umschalten“ als die deutschen Spielerinnen und „sind den Damenball auch aus der Liga gewöhnt“, bestätigt Passiwan.
Die britischen Spielerinnen haben in ihren Clubs eine größere Rolle, während die Damen in Deutschland mit den Herren spielen. Wie beispielsweise Catharina Weiß beim deutschen Topclub RSV Lahn-Dill. „Catha kriegt in der Liga vielleicht drei Würfe im Jahr“, erzählt Passiwan und fügt hinzu, dass sie im Nationalteam viel mehr Verantwortung habe. Vor allem bei den 2- oder 3-Punkte-Spielerinnen würde sich der Unterschied laut Passiwan bemerkbar machen. „Bei den Herren punkten sie nicht so viel, aber in der Nationalmannschaft müssen sie das tun.“ Deshalb begrüße er es, wenn eine Spielerin von der ersten Liga in die zweite Liga wechselt, um mehr Spielzeit zu erhalten. „Svenja Meyer hat beim Bundesligisten in Wiesbaden in fast jedem Spiel 38 Minuten auf der Bank gesessen“, erzählt der Bundestrainer. Sie ging einen Schritt zurück zum Zweitligisten Bayreuth und ist dort gefragte Leistungsträgerin.
Großbritannien war ein Härtetest. Die Gegner beim Repechage-Turnier mögen zunächst einfacher sein, aber spätestens gegen Australien wird eine Top-Leistung erforderlich sein. Der volle Fokus gilt dann dem 20. April. An diesem Tag entscheidet sich im japanischen Osaka, ob auch Deutschlands Rollstuhlbasketballerinnen sich den Traum von den Paralympics erfüllen und ebenso wie die bereits qualifizierten Sitzvolleyball-Herren, die Rollstuhlbasketball-Herren sowie das Rollstuhlrugby-Team die Reise nach Paris antreten dürfen.
Weitere Informationen und Ergebnisse gibt es auf der Turnier-Webseite.
Text: Nikolas Pfannenmüller, Ergänzungen DBS
Das deutsche Aufgebot für das Qualifikations-Turnier:
Lisa Bergenthal (24 / Köln / Doneck Dolphins Trier), Svenja Erni (20 / Laupheim / Doneck Dolphins Trier), Vanessa Erskine (29 / Massachusetts (USA) / Hannover United), Amanda Fanariotis (32 / Tübingen / RSKV Tübingen), Marie Kier (24 / Herrenberg / RSB Thuringia Bulls), Maya Lindholm (33 / Hamburg / BG Baskets Hamburg), Svenja Mayer (32 / Amberg / RSV Bayreuth), Mareike Miller (33 / Friedberg / Doneck Dolphins Trier), Nathalie Paßiwan (33 / Doneck Dolphins Trier), Anne Patzwald (34 / Gruben / Unipol Sai Briantea), Lilly Sellak (21 / RSV Bayreuth), Catharina Weiß (23 / Stuttgart / RSV Lahn-Dill)