Aktuelles vom Rollstuhlbasketball im Deutschen Behindertensportverband
Deutscher Gameplan überrascht „wilde“ Franzosen
Die deutsche Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft hat bei den Europameisterschaften in Madrid auch das zweite Spiel gewonnen: Beim 69:55 gegen Frankreich war die Partie schon zur Pause entschieden. Die deutschen Rollstuhlbasketball-Damen haben das Auftaktspiel der Europameisterschaft im spanischen Madrid 35:63 gegen die Top-Favoritinnen aus den Niederlanden verloren.
Eineinhalb Jahre hatte sich die französische Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft international nicht gezeigt, es existierte kein Videomaterial - und dann zeigte das Team, das im Hinblick auf die Paralympics 2024 in Paris zusammengestellt wurde, gegen die Spanier zum EM-Start eine starke Leistung und verlor am Ende nur 61:64. „Das war uns ein Warnschuss“, sagte Jens Eike Albrecht von den RSB Thuringia Bulls, „dass wir richtig Gas geben müssen.“
„Die Spanier hatten die Problematik, der auch wir uns stellen mussten, dass sie die Franzosen nicht kennen. Da waren die Spanier nicht vorbereitet“, sagte Co-Trainer Martin Kluck über das spanische Team, das die Deutschen bei den Paralympics im Viertelfinale bezwungen hatte: „Wir hatten wenigstens den einen Tag, die eine Nacht und den einen Morgen, um die Franzosen besser vorzubereiten und das hat uns gut getan.“ Denn während Klucks Co-Trainer-Kollege Paul Bowes die Franzosen in der Halle beobachtete, tüftelte Kluck mit Bundestrainer Nicolai Zeltinger und Video-Analyst Björn Lohmann im Hotelzimmer schon am Gameplan. Als Bowes dann aus der Halle kam, teilte er seine Eindrücke mit den anderen. „Geschlafen haben wir dann relativ wenig, um 1.30 Uhr haben wir gesagt: Jetzt ist gut und wir machen morgen früh weiter“, sagte Kluck und konnte dann sehen, wie ihre Taktik im Spiel voll aufging.
Direkt vom Hochball weg kam der Ball zu Tommy Böhme, der nach elf Sekunden seinen ersten Dreier verwandelte und die Richtung für das Spiel vorgab. Bis zum 6:6 nach knapp drei Minuten waren die Franzosen noch dran, vier Minuten später ballte Albrecht die Faust und schrie laut „Yes!“, weil die Deutschen mit einem 10:0-Lauf auf 16:6 davongezogen waren und er acht Punkte davon erzielt hatte. „Wir wussten, dass es ein ganz hartes Spiel wird, dass die Franzosen wild und physisch spielen. Darauf waren wir eingestellt und die Freiräume konnten wir dann gut nutzen - der Gameplan hat sehr gut funktioniert“, lobte der Topscorer, der am Ende auf 16 Punkte kam, sein Trainerteam. „Wir haben gerade defensiv die Franzosen vor große Probleme gestellt. Wir haben es geschafft, zu bestimmen, welche Würfe sie bekommen und welche nicht. Das war das große Ziel und das hat uns dann getragen in der ersten Halbzeit“, sagte Kluck und freute sich über ein deutliches 42:19 zur Pause, nachdem es nach zehn Minuten 20:11 gestanden hatte.
Die zweite Hälfte ging dann mit 15:13 und 21:14 an die Franzosen, der Sieg geriet dabei nie in Gefahr, aber Kluck sagte: „Die Franzosen sind noch physischer rausgekommen und wir haben uns etwas unterkriegen lassen. Mit der zweiten Halbzeit müssen wir unzufrieden sein, aber dennoch war es ein ganz wichtiger Sieg, den wir da eingefahren haben.“ Wie beim Auftakterfolg gegen Außenseiter Litauen trafen vier Spieler doppelt: Neben Albrecht erzielten Böhme und Matthias Güntner je 15 Punkte sowie Jan Haller zwölf.
Damit kann das deutsche Team mit dem Selbstbewusstsein von zwei Siegen in das Duell am Montag mit den bislang ebenfalls ungeschlagenen Polen gehen. „Wir dürfen sie nicht unterschätzen“, sagte Albrecht, „das war ein guter Einstieg ins Turnier mit zwei Siegen, aber jetzt müssen wir noch eine Schippe drauflegen.“
Paralympics-Champion zu stark für deutsche Damen
Die deutsche Damenmannschaft hielt zunächst auch gut mit gegen die Niederländerinnen, die 2018 den WM-Titel holten, 2019 Europameisterinnen wurden und sich seit diesem Jahr auch Paralympics-Siegerinnen nennen dürfen. Nach 7:13 Minuten brachte Annabel Breuer ihr Team sogar in Führung, nachdem Katharina Lang die ersten sechs Punkte erzielt hatte. Amanda Fanariotis, eine von drei EM-Debütantinnen heute, glich noch zum 10:10 aus (9.). Doch dann zogen die Niederländerinnen auf 10:16 davon, zur Halbzeit stand es 20:30. Im dritten Viertel erzielte das Paßiwan-Team nur einen Punkt weniger (12:13), sodass das Schlussviertel mit 32:43 startete.
"Drei Viertel mit den Paralympicssiegerinnen mitgehalten"
„Wir haben ein neues Team, konnten nur eine Woche trainieren und hatten hier auch einige Probleme und deshalb war es für uns ein guter Start ins Turnier“, sagte Paßiwan, der dann mit ansehen musste, wie die letzten zehn Minuten mit 3:20 Punkten klar zugunsten der Niederländerinnen ausfiel: „Wir hätten es gerne ein bisschen enger gehabt, aber wir haben drei Viertel mit den Paralympicssiegerinnen mitgehalten und im Großen und Ganzen wissen wir, woran wir arbeiten wollen.“ Katharina Lang kam mit 15 Punkten und 16 Rebounds auf ein Double-Double, doch generell ließ das Team in der Offensive zu viel liegen, wie Paßiwan sagt. „Wir müssen uns die Chancen einfacher rausspielen, wir haben 22 Offensivrebounds abgegeben und brauchen mehr Inside Game. In der Defensive wollen wir weiter aggressiv sein - daran werden wir arbeiten.“
Die nächste Möglichkeit gibt es bereits am Montagvormittag um 10 Uhr gegen die Gastgeberinnen aus Spanien, die zum Auftakt 80:11 gegen die Türkei gewinnen konnten. „Darauf müssen wir uns konzentrieren, es ist ein wichtiges Spiel für uns, weil wir in der Gruppe Platz zwei oder drei belegen müssen, um im Halbfinale den Niederlanden aus dem Weg zu gehen“, sagte Paßiwan: „Deshalb wollen wir morgen früh wieder angreifen und ein gutes Spiel machen.“
Die deutschen EM-Aufgebote:
Damen: Katharina Lang (15, RBB München Iguanas), Annabel Breuer (7, RSV Lahn-Dill), Lena Knippelmeyer (4, BBC Münsterland), Amanda Fanariotis (4, RSKV Tübingen), Lisa Bergenthal (2, RBC Köln 99ers), Maya Lindholm (2, BG Baskets Hamburg), Anne Patzwald (1, BG Baskets Hamburg), Catharina Weiß (RSV Lahn-Dill), Svenja Mayer (Rhine River Rhinos), Vanessa Erskine (Hannover United), Svenja Erni (BBU ’01), Valeska Finger (Doneck Dolphins Trier).
Herren: Jens Eike Albrecht (16, RSB Thuringia Bulls), Thomas Böhme (15, RSV Lahn-Dill), Matthias Güntner (15, Rhine River Rhinos), Jan Haller (12, Hannover United), Aliaksandr Halouski (9, RSB Thuringia Bulls), Christopher Huber (2, -), Phillip Schorp (BBC Münsterland), Tobias Hell (Hannover United), Joe Bestwick (RBC Köln 99ers), Alexander Budde (n.e., Hannover United), Jan Sadler (n.e., Hannover United), Oliver Jantz (n.e., Hannover United).